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Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Titel: Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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Besuch beim Zahnarzt. Anscheinend sah man in gewissen Einkommenskreisen lieber geliftet aus als alt. Ging es nur um Botox, reichte sogar die Zeitspanne zwischen Büroschluss und Kinoabend aus, um sich hurtig ein paar Jährchen aus dem Gesicht zu spritzen.
    Aber welche Frau erstand ein Kind und belog dazu ihren eigenen Gatten? In unserem Gespräch hatte ich leider nicht herausgefunden, weshalb sie sich derart verbog. War sie nur um ihr luxuriöses Leben besorgt? Zwar fürchtete sie, verlassen zu werden, doch die Liebe – von unbedarfteren Paaren als den Winters meist als wichtigstes Argument für eine Eheschließung angeführt –, oder vielmehr deren Verlust, konnte nicht der ausschlaggebende Grund sein. Irene Winter hatte ihren Mann kein einziges Mal anerkennend erwähnt, geschweige denn warmherzig. Mir erschien ihr Verhalten ihm gegenüber eher unterwürfig, gleichzeitig aber auch konspirativ – sie hatte gemeinsam mit ihrer Tochter Geheimnisse vor ihm.
    Nachdem bestehende Risse plötzlich aufgeklafft waren und ich Einsicht in die verkorksten Familienverhältnisse der Winters bekommen hatte, hatte ich mir vorgenommen, mein Möglichstes zu tun, um wenigstens den leiblichen Vater Noemis ausfindig zu machen. Das Mädchen brauchte dringend einen Halt im Leben.
    In dem Moment, in dem ich mich nach dem einfahrenden Tram umwandte, erfasste mich eine jähe Begeisterung. Mir wurde bewusst, wie viel Spaß mir meine Arbeit immer noch bereitete. Wider Willen musste ich grinsen. Noch am Vortag hätte ich meinen Job am liebsten hingeschmissen, keine vierundzwanzig Stunden später hatte ich nicht nur einen größeren Auftrag in der Tasche, sondern durfte sogar im Ausland ermitteln. Ich war definitiv zurück im Geschäft.
    Zwar stand ich noch ganz am Anfang meiner Nachforschungen und hatte kaum Anhaltspunkte, doch allein dieses kribbelnde Gefühl zu Beginn eines Falls war mit nichts auf der Welt zu vergleichen. In diesem Moment hätte man mir das bestdotierte Amt in dieser Galaxie anbieten können – ich hätte um keinen Preis tauschen wollen. Das mit dem Jobwechsel musste ich mir echt noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
    Die Straßenbahn der Linie 3 bremste ab und die hinterste Türe öffnete sich direkt vor mir. Jetzt, da sich Zürich nach jahrelangem Abstrampeln endlich dem Ziel näherte, als richtige Weltstadt wahrgenommen zu werden und entsprechend von ausländischen Arbeitskräften überrannt wurde, waren Drängeleien in den öffentlichen Transportmitteln genauso zur Tagesordnung geworden wie in London oder New York. Der einzige Unterschied dabei war, dass sich die lokale Bevölkerung noch nicht gänzlich auf die veränderte Situation eingestellt hatte.
    Während in Städten wie Tokio die Benutzung der U-Bahn mithilfe von Markierungen und Einsatzhelfern rigoros reglementiert war und man die nötigen Fahrten diszipliniert, ja beinahe apathisch über sich ergehen ließ, nahm man andernorts – in Mumbai zum Beispiel – in Kauf, dass im alltäglichen Chaos Menschen aus den total überfüllten Vorortzügen gedrängt wurden und auf den Schienen den Tod fanden.
    In Zürich hatte man sich noch für keine klare Strategie entschieden. Was bedeutete, dass die Fahrgäste – wie meist, wenn es keine vorgeschriebenen Regeln gab – auf gute Kinderstube und gesunden Menschenverstand zurückgreifen mussten. Leider war beides ziemlich ungleichmäßig verteilt und schien gewissen Individuen sogar komplett zu fehlen. So rottete man sich gern eng im Bereich der vordersten und hintersten Eingänge zusammen, und derweil dort die Türscheiben von den dagegengequetschten Gesichtern völlig verschmiert wurden, hätte man in der Mitte der Straßenbahn locker noch Sitzplätze gefunden.
    Auch gab es immer den einen, der sich dumpfbackig glotzend direkt vor dem Ausstieg aufbaute, sodass niemand rein- oder rauskam. Für andere wiederum war Warten nicht Teil ihres Lebenskonzepts, sie drängelten sich grob an den Aussteigenden vorbei ins Tram und benutzten dazu ihre Aktenmappe als Schutzschild oder bahnten sich ohne Rücksicht auf Verluste den Weg mit dem Regenschirm. Dann gab es noch diejenigen, denen das eigentlich simple Prinzip ›Anstehen, bis man dran ist‹ partout nicht in den Schädel wollte. Diese Passagiere fielen gern seitlich und überraschend ein und wies man sie zurecht, setzten sie diesen starren Tunnelblick auf, der für Situationen bestimmt war, in denen man eindeutig nicht im Recht war.
    Gegen solche Widrigkeiten kämpfte

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