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Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Titel: Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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ausgebreitet wurde. Nicht der geringste Hinweis darauf, dass die unbefleckte Empfängnis sie so glücklich gemacht hatte, wie der Name des Ordens suggerierte. War wohl gerade kein Maler zur Stelle gewesen.
    Das obligate Kreuz entdeckte ich in einer Nische neben der Tür. An der Garderobe hing ein Mantel aus leichtem Stoff, zwei Schirme steckten in den dafür vorgesehenen Halterungen und zuunterst reihten sich ordentlich drei Paar ausnahmslos schwarzer und klobiger Schuhe. Entweder befand sich der gesamte Orden gerade auf einer Wallfahrt oder war von einer Austrittswelle überrollt worden.
    Von der Diele führten drei ebenfalls nur karg beleuchtete Korridore in verschiedenen Richtungen ins Apartment hinein. Kein Geräusch war zu hören, nur im Treppenhaus knarrten in bedächtigen Abständen Stufen, begleitet von einem besorgniserregenden Röcheln. Schwester Schildkröte hatte die Verfolgung aufgenommen.
    Mein Orientierungssinn sagte mir, dass sich das Fenster, von dem aus die Mutter Oberin uns beobachtet hatte, zu meiner Rechten befand. Zusammen mit José eilte ich den schier endlosen Korridor entlang, dabei stießen wir eine Tür nach der anderen auf, doch die Zimmer waren alle leer. Manchmal waren im diffusen Licht, das durch die verbarrikadierten Fensterläden hereindrang, mit weißen Laken bedeckte Möbel auszumachen oder achtlos an die Wände geschobene Kartons. Keiner der Räume schien jedoch in letzter Zeit bewohnt worden zu sein, es roch abgestanden darin und jeder Luftzug schreckte filzige Flusenknäuel aus den Ecken.
    Das offen stehende Fenster befand sich am Ende des Korridors, der Boden davor war übersät mit dunklen Keksbröseln. Angesichts ihres Alters konnte die Mutter Oberin nicht weit gekommen sein.
    Ich blickte auf die Gasse hinunter, als mir in der Wohnung direkt gegenüber eine Bewegung hinter den geschlossenen Fensterläden auffiel. Eine leichte Veränderung der Lichtverhältnisse vielmehr, die durch die schräg gestellten Lamellen ersichtlich wurde, als wäre jemand vom Fenster zurückgewichen. Doch mir blieb keine Zeit, mich näher damit zu befassen, denn die Ordensschwester hatte endlich die Wohnung erreicht, der Boden knarzte und ihr atemloses Keuchen drang von der Diele zu uns herüber.
    »Wenn ich euch erwische …«, rief sie mit brüchiger Stimme.
    »Lass uns weitersuchen«, forderte mich José leise auf, konnte sich ein Grinsen aber nicht verkneifen.
    Der Korridor bog rechtwinklig nach links ab und führte tiefer in die Wohnung hinein, leere Zimmer säumten auch diesen Teil des Ganges. Nach einer weiteren Abbiegung verbreiterte sich der Flur zu einer Art Vorraum, dahinter drang aus einer spaltbreit geöffneten Tür Licht. Vorsichtig lugte ich hinein und kniff geblendet die Augen zusammen. Die Küche. Der einzige Ort bisher, an dem die Läden nicht geschlossen waren.
    »Ziemlich großzügig«, raunte José, nachdem er den menschenleeren Raum betreten hatte.
    Tatsächlich verfügte die Küche über einen beachtlichen Grundriss. Ein massiver, sicher vier Meter langer Tisch mit bunt zusammengewürfelten Stühlen bildete das Zentrum, während der Gasherd aus Emaille, ein mit Rostflecken und eingebrannten Stellen übersätes, vorsintflutliches Ungetüm, beinahe die gesamte Seitenwand einnahm. Die schäbigen Regale und Vorratsschränke standen ganz krumm, die schwarz-gelben Bodenplatten waren teilweise zerbrochen oder fehlten komplett.
    »Bei Vollbesetzung des Ordens war eine riesige Küche sicher von Vorteil«, erwiderte ich ebenfalls im Flüsterton. »Das ist aber wohl schon länger her.«
    »Mitgliederschwund. Kein Nachwuchs und die alten Schwestern sterben sukzessive weg. Ein schwerwiegendes Problem, das beinahe jeden Orden betrifft.« José deutete auf zwei Kaffeetassen – bislang das einzige Anzeichen von Leben in dieser Wohnung –, die auf einem rostigen Klapptisch mit hellblauer Oberfläche am Fenster standen, dazwischen lag eine offene Packung Oreo, Schokoladekekse mit Cremefüllung. Wir hatten die Nonnen offensichtlich bei einem Kränzchen gestört.
    »Deswegen war die Alte so scharf auf eine Spende! Die Wohnung steht sozusagen leer, doch allein die Miete muss ein Vermögen kosten, selbst in Madrid.«
    »Ich bitte dich, es heißt Ordensschwester und nicht ›Alte‹!«
    Ich legte den Finger an die Lippen und horchte in den Gang hinaus. Mir war, als hätte ich eben ein Knarren gehört, doch als ich jetzt mit angehaltenem Atem lauschte, waren nur die schlurfenden Schritte der uns

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