Family Affairs - Verbotenes Verlangen
Kribbeln in ihren unteren Regionen bescherte. Verwirrt nahm sie das Ohr weg und blinzelte. Dieses Lachen, dieses heisere Raunen tief aus der Kehle, kam ihr außerordentlich bekannt vor. Sofort stieg das Bild des schönen Fremden von der Vernissage wieder vor ihrem geistigen Auge auf, und sie ärgerte sich fürchterlich über ihre Unfähigkeit, ihn zu vergessen.
Er war wie ein Geist, der sie überall hin verfolgte. Mehr als einmal hatte sie sich eingebildet, dass sein markantes Gesicht als Spiegelbild von diversen Schaufensterscheiben zurückgeworfen wurde, sobald ihr jemand über den Weg lief, der auch nur entfernte Ähnlichkeit mit ihm besaß. Bis sich der vermeintliche Casanova als ein x-beliebiger Passant herausstellte.
Ob es ihr in den Kram passte oder nicht, er hatte sie nachhaltig beeindruckt. Sie träumte fast jede Nacht von ihm, fühlte eine Sehnsucht, die in ihrer Intensität so lächerlich und unerfüllbar war, dass sie sich wohl in absehbarer Zeit einen Psychiater zulegen musste, sollte sie nicht endlich Vernunft annehmen. Trotzdem fragte sie sich, wer er war. Er hatte ihre Vermutung, er wäre der Besitzer des Landsitzes, weder verneint noch bestätigt. Andererseits gehörte die Statue dort ihm, was wohl eindeutig darauf hinwies, dass er irgendwie mit Seymour Manor zu tun hatte. Sie hatte jedoch ihrer Neugier zum Trotz bewusst darauf verzichtet, Informationen über ihn einzuholen. Chloe war sich sicher, dass das Internet einiges an persönlichen Details über den Besitzer von Seymour Manor ausgespuckt hätte, doch seine Weigerung, ihr seinen Namen zu verraten, hatte sie derart in ihrem Stolz verletzt, dass sie sich schlichtweg weigerte, sich weiter mit einem Mann zu beschäftigen, der sie offensichtlich nicht mehr wiedersehen wollte.
Chloes Handfläche landete mit einem kräftigen Schlag auf dem Klingelknopf, um ihre dummen und absolut nutzlosen Gedanken zu beenden. Geduldig wartete sie darauf, dass ihr geöffnet wurde, und es dauerte tatsächlich nur wenige Augenblicke, bis sie nach fast eineinhalb Monaten ihrer Mutter wieder gegenüberstand. Wie immer, wenn ihr Leannes äußerliche Perfektion vor Augen geführt wurde, fühlte sie sich wie erschlagen vom Anblick der perlengleich schimmernden Haut und dem irisierenden Leuchten ihrer meerblauen Augen. Es wunderte sie kein bisschen, dass sich die britischen Fernsehsender nach wie vor um sie rissen und sie, trotz des Überschreitens der magischen Vierzig , einen Film nach dem anderen drehte.
Ashley Dubois, wie sie sich öffentlich nannte, war eine ausnehmend exotische Erscheinung mit olivfarbenem Teint, nachtschwarzem Haar und ungewöhnlich leuchtenden Saphiraugen. Sie erinnerte ein wenig an die indischen Bollywood-Schönheiten, die eine Zeit lang so populär gewesen waren, oder an die junge Elizabeth Taylor. Der Vergleich reichte jedenfalls aus, damit sich Chloe in ihrer Gegenwart immer sehr farblos und langweilig vorkam. Zu ihrem Leidwesen schlug sie mehr nach ihrem irischen Vater, den sie lediglich von einer verblichenen Fotografie her kannte. Sie wusste nicht viel von ihm, nur das, was ihre Mutter ihr an spärlichen Informationen hatte zukommen lassen.
Teddy MacAvoy. Das war sein Name. Der junge Ire war Leannes erste große Liebe gewesen, doch nach wenigen Wochen des Zusammenseins hatte der leidenschaftliche Seemann auf einem Frachter angeheuert und war auf Nimmerwiedersehen davongefahren. Ihre Mutter war zu diesem Zeitpunkt gerade achtzehn Jahre alt und ohne einen Penny, dafür aber mit einem Kind im Bauch, zurückgeblieben. Er hingegen, tauchte nicht mehr auf. Chloe war es stets schwergefallen, zu akzeptieren, dass sie ihm wohl niemals leibhaftig gegenüberstehen würde, weil sie gern einen Vater gehabt hätte, der die Gleichgültigkeit ihrer Mutter kompensierte. Mit den Jahren lernte sie jedoch, dankbar dafür zu sein, dass Leanne sie damals trotz der schwierigen Lage nicht in einem Heim unterbrachte. Sie hatte die Rolle der Mutter übernommen, so mies sie diese auch ausfüllte.
Chloe straffte die Schultern und hob den Kopf.
„Hallo, Mutter“, grüßte sie hölzern.
„Baby, endlich!“, rief Leanne ungewohnt überschwänglich aus und wedelte geschäftig mit den Armen. „Ich kann es kaum erwarten, dir Ryan vorzustellen. Er vergeht fast vor Neugier und will dich unbedingt kennenlernen.“
Darauf würde ich keine Wetten abschließen …
Sie spähte über Leannes Schulter hinweg in den Flur hinein, in der Hoffnung, einen Blick auf den
Weitere Kostenlose Bücher