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Fan Man

Fan Man

Titel: Fan Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Kotzwinkle
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Ebene, sollte lieber mal meine Haarbüschel bürsten. Durch die Tür, durch ne andre Tür, und in die glänzende makellose gekachelte Latrine, Mann, und da is ein Spiegel und da bin ich, Mann, oh, nein, Mann.
    Fliegende Haare, Bart voller Zweige und Teichgewächse, meine Krawatte hängt schief und kommt zum Ärmel meiner Jacke raus, die bis zu den Ellbogen eingelaufen ist. Meine Hosenaufschläge sitzen auf den Knien, Mann, und das Ganze ist mit Central-Park-Schlamm und -Schleim bedeckt. Die Wirkung, Mann, ist alptraumhaft. Wie kann ich in diesem Zustand geschäftlich verhandeln? Ich seh aus, als wär ich gerade den Fahrstuhlschacht runtergefallen. Es gibt nur eine Lösung, Mann. Zurück in den Korridor und weitergehn, Mann. Pfeil an der Wand und ein Schild:
     
    Programmdirektion
     
    Deshalb, Mann, muß ich mich, bevor ich um diese Ecke bieg, auf Hände und Knie werfen, so ists richtig, Mann, und jetzt krabbel ich diesen Korridor lang, auf den Schreibtisch von der Sekretärin zu. Sie sieht mich, Mann, sie steht auf, schaut erstaunt, und ich kriech weiter, Mann, zerr Schirm und Beutel hinter mir her.
    Kriech weiter, Mann, auf den Schreibtisch zu. Sie kommt mir entgegen, ihr Gesicht voller Sorge. »Alles in Ordnung?«
    »… Fahrstuhl … Schacht … runtergefallen …«
    »Oh, mein Gott!«
    »Stockwerk … über uns … Tür öffnet sich … Unfall … reingetreten … hab ne Verabredung … Mr. Reynolds … könnten Sie …«
    »Ich rufe den Arzt … einen Krankenwagen …«
    »Ja, bitte … ich bin vielleicht … ernsthaft … Fraktur des großen Zehs … aber vorher, bitte … ich muß Mr. Reynolds sprechen … höchst dringend … meine Verabredung …«
    »Wie ist Ihr Name, Sir?«
    »Badorties, Maestro Badorties, hauptamtlicher Leiter der Fourth-Street-Musikakademie … bin zehn vielleicht fünfzehn Meter tief gefallen, landete in einer Wasserpfütze, die sich auf dem Dach des Fahrstuhls angesammelt hat … knapp entkommen …«
    »Mr. Reynolds … da ist ein Mr. Badorties draußen … er ist in den Fahrstuhlschacht gefallen … er ist mit Ihnen verabredet. «
    Sofort darauf das Geräusch von hastigen Schritten, Mann, und der Programmdirektor stürzt aus seinem Büro, Mann, auf meine zugrunde gerichtete Figur zu.
    »Was ist geschehen … mein Gott, Miss Hodgekiss, der Mann ist schwerverletzt … rufen Sie den Arzt … und rufen Sie den Hausmeister an. Der verdammte Fahrstuhl macht schon seit ner Woche Schwierigkeiten. Gestern ist ein Bote drin steckengeblieben.«
    »Ja, Sir.«
    »Mr. Reynolds … in meinem Beutel …«
    »Ja, was ist denn?«
    Der Programmdirektor beugt sich über mich, ganz besorgt, Mann, hilft mir meinen quatschnassen Beutel öffnen, in dem ich ein einziges trocknes Notenblatt finden kann.
    »Das ist die Musik, Mr. Reynolds … die wir auf der Veranstaltung machen.«
    »Veranstaltung?«
    »Hat meine Sekretärin … ich war für heute nachmittag verabredet …«
    »Ich erinnere mich nicht …«
    »Auf der Lower East Side, Mr. Reynolds, in den Slums, entlaufne halbwüchsige Mädels singen Kirchenmusik … das Konzert ist schon übermorgen … ich scheine mir den Kopf verrenkt zu haben … Liebeskonzert im Tompkins Square Park …«
    »Entlaufene Halbwüchsige?«
    »Fünfzehnjährige Mädchen … Bruch der Kniescheibe, sehn Sie, wie sie vorsteht … singen Kirchenmusik, Mann … eine Million Notenblätter wie das da wurden in der ganzen Stadt verteilt, wir erwarten ne Menge Leute …«
    »Konzert?«
    »Datum und Uhrzeit stehn auf dem Blatt … mögliche Lazeration der großen Fibula …«
    »Ich glaube, wir lassen Sie lieber ins Krankenhaus bringen, Mister …«
    »Badorties, Maestro Badorties von der Fourth-Street-Akademie … Kontusionen des … junge Mädchen, die von zuhaus weggelaufen sind, leben und singen in der Akademie, die sie mit gebrochenen Armen willkommen heißt. Wenn Sie mir auf die Beine helfen könnten …«
    »Ja, natürlich … können Sie gehen …?«
    »Ich werd mich auf meinen Schirm stützen … ein ungeheuer wichtiges Konzert … ich versicher Ihnen, es hat Nachrichtenwert … können Sie mir zum Fahrstuhl helfen … ich werd direkt zu meinem Hausarzt fahren … drüben im Bellevue-Krankenhaus …«

16
Weit draußen, Mann
    Wieder auf der Straße, Mann, mit Beutel und Schirm, und ich war bei der NBC, Mann. Ich hab das Fernsehen übers Liebeskonzert informiert. Jetzt kommts auf die Götter an, Mann, die müssens bringen. Guck mal, Mann, es is Mittagspause und alle

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