Fanal des Blutes
verzeichnet ist. Janet vermutet, daß jemand schwunghaften Handel damit treibt, und hat mich gebeten, einige Nachforschungen anzustellen.«
»Und deshalb hat sie dir den Arm eingegipst und dir ein Krankenzimmer zugewiesen«, schlußfolgerte Lilith. »Habt ihr jemand Bestimmten in Verdacht?«
»Conen«, sagte er. »Professor Doktor Jonathan Conen.«
»Der Leiter der Klinik?«
»Ja.« Paul nickte. »Alles deutet auf ihn hin. Nur er hat Zugang zu allen Unterlagen. Nur er könnte so etwas in Szene setzen und zugleich vertuschen. Für ihn wäre es relativ leicht, die Konserven beiseite zu schaffen und über Mittelsmänner woanders wieder zu verkaufen.«
Daß dies das wahre Motiv des Mediziners war, glaubte Lilith zwar nicht, aber warum sollte sie Paul ihre Zweifel auf die Nase binden?
»Was weißt du von Conen?« hakte sie nach.
»Nicht viel. Er hat vor einem halben Jahr seine Frau und die beiden Töchter verlassen und lebt seitdem auf einer Farm am Stadtrand. Kein Mensch weiß, was ihn eigentlich dorthin getrieben hat, denn früher war er ein ausgesprochener Stadtmensch und bei jedem kulturellen oder gesellschaftlichen Ereignis von Maitland präsent. Seit der Trennung von seiner Familie kapselt er sich völlig ab.«
Lilith beglückwünschte sich selbst, daß sie Paul Perkinson hier unten im Labortrakt über den Weg gelaufen war. So erübrigten sich weitere, zeitraubende Nachforschungen in der Klinik, und sie würde Darren früher von seinem Patientenstatus erlösen können. Eine Frage hatte sie allerdings noch.
»Hast du von blutleeren Leichen gehört, die in Maitland gefunden wurden?«
»Davon weiß ich nichts.«
»Gut!« Lilith wußte selbst nicht, ob das noch ihre Antwort war oder sich bereits auf den Entschluß bezog, den sie gerade gefaßt hatte. Aber, das zu unterscheiden war auch nicht weiter wichtig. Wichtig war dagegen das Ziehen in ihren Eingeweiden, das sich nach dem vielen Gerede von Blut und angesichts der so verlockend kräftig pulsierenden Halsschlagader des jungen Mannes beim besten Willen nicht mehr mißachten ließ.
Die vampirische Seite in ihr verlangte unerbittlich ihr Recht. Und da sie Paul ohnehin den hypnotischen Befehl würde geben müssen, diese Begegnung zu vergessen, konnte sie die Gelegenheit auch gleich beim Schopfe packen.
Lächelnd rutschte sie von dem Drehstuhl zu ihm hinunter auf den Boden. Ungläubig riß der junge Mann die Augen auf, als er sah, daß das schlichte Kostüm der Schwarzhaarigen auf wundersame Weise einem spitzenbesetzten, dunkelroten Body gewichen war, dessen Dekollete mehr sehen ließ, als es verhüllte.
Dann jedoch, während Lilith sich über ihn beugte, malte sich Entsetzen auf seinen Zügen, als er sah, was aus den Eckzähnen der jungen Frau geworden war .
*
Als Paul um zwei Uhr immer noch nicht wieder in seinem Zimmer war, beschlich Janet ein unangenehmer Verdacht. Etwas mußte schiefgegangen sein! Vier Stunden war er nun schon unterwegs, hatte sich zwischendurch nicht bei ihr gemeldet. Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen.
Janet machte sich auf die Suche. Sie brauchte eine Stunde, bis sie ihn fand. Denn dort, wo sie ihn schließlich entdeckte, hätte sie ihn am allerwenigsten vermutet: Er lag, zusammengerollt wie ein kleines Kind und leise vor sich hin schnarchend, in einem ausrangierten Krankenhausbett, das im Keller abgestellt worden war.
»Paul! Paul, wach auf!« Außer sich rüttelte sie an seinen Schultern und schlug ihm endlich, als das nichts half, rechts und links ins Gesicht.
»Was ist denn los?« Mühsam öffnete Paul die Augen. »He! Was schlägst du mich?«
»Was tust du Trottel hier unten im Bett?« fauchte Janet. »Bist du verrückt geworden?«
»Wieso . Was . Wo bin ich überhaupt?« Paul setzte sich auf und blickte sich ratlos um.
»Im Keller, verdammt! Was tust du hier?«
»Das ... das weiß ich nicht!« Er schien völlig verwirrt. »Wie komme ich hierher?«
»Du weißt es wirklich nicht?«
»Nein!« Das letzte Wort hatte er geschrien. »Alles, an was ich mich erinnere, ist, daß ich die Treppe in den Keller hinunterging. Danach ... Verdammt, ich weiß nicht, was dann passiert ist.«
Entnervt ließ sich Janet neben ihn auf das Bett sinken. »Das gibt es doch nicht!« Ungläubig starrte sie ihn an. »Hat dich jemand niedergeschlagen?«
»Um mich anschließend fürsorglich hier ins Bett zu packen?« spottete er. Vorsichtshalber betastete er seinen Kopf, fand jedoch keine Beule. Es tat ihm auch nichts weh. Nein,
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