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Fandorin

Fandorin

Titel: Fandorin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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nehmen Sie die vielen geschickten Pädagogen her?«
    »Ich bezahle meine Lehrer sehr gut, denn die Pädagogik ist nun einmal die wichtigste aller Wissenschaften«, sagte die Baronesse aus tiefster Überzeugung. »Außerdem äußern viele meiner ehemaligen Schüler den Wunsch, als Erzieher am Asternat zu bleiben. Was nur natürlich ist, denn das Asternat ist wie eine große Familie, die einzige, die sie je hatten.«
    Sie betraten einen großen Pausenraum, von dem aus die Türen zu den Klassenzimmern abgingen.
    »In welches soll ich Sie führen?« überlegte Lady Aster. »Vielleicht ins Physikzimmer. Da gibt gerade mein verehrter Doktor Blank eine Demonstrationsstunde. Er ist Absolvent des Zürcher Asternats und ein genialer Physiker. Ich konnte ihn nach Moskau locken, indem ich ihm ein Labor für Versuche an der Elektrizität eingerichtet habe. Dafür muß er den Kindern allerlei physikalische Kunststückchen vorführen, um das Interesse an dieser Wissenschaft zu wecken.«
    Die Baronesse klopfte an eine der Türen, und sie warfen einen Blick in die Klasse. An die fünfzehn Jungen saßen in den Bänken, Elf- oder Zwölfjährige, in blauen Uniformen mit einem goldenen »A« auf den Kragen. Alle schauten sie mit angehaltenem Atem zu, wie ein mürrisch dreinblickender junger Mann mit wucherndem Bart, speckigem Jackett und nicht ganz frischem Hemd eine Art gläsernes Rad drehte, welches fauchte und blaue Funken sprühte.
    »Ich bin stark beschäftigt, Mylady! Später, später!« rief Doktor Blank auf deutsch und in unwirschem Ton, dann wandte er sich sofort wieder den Kindern zu, denen er in gebrochenem Russisch seine Erklärungen gab: »Gleich, meine Herren, ihr sehen echten kleinen Regenbogen! Name: Blankscher Regenbogen, Raduga Blanka. Meine Ausdenkung, als ich klein war wie ihr.«
    Zwischen diesem seltsamen Rad und dem mit allerlei physikalischem Gerät vollgestellten Tisch spannte sich urplötzlich ein kleiner, erstaunlich heller Regenbogen, und die Jungen riefen begeistert oh und ah.
    »Ein bißchen verrückt ist er, aber ein echtes Genie!« raunte Lady Aster Fandorin zu.
    Im selben Moment erscholl von nebenan ein lauter, kindlicher Schrei.
    »Mein Gott!« Mylady griff sich ans Herz. »Das kam aus dem Turnsaal. Schnell!«
    Sie stürzte auf den Korridor, Fandorin ihr nach. Sie liefen in den Nachbarraum, einen lichten, leer wirkenden Saal, dessen Fußboden fast vollständig mit Ledermatten ausgelegt war und an dessen Wänden sich diverse Gerätschaften zur Körperertüchtigung reihten: Sprossenwände, Ringe, dicke Seile und Trampolins; Rapiere und Fechtmasken lagerten neben Boxhandschuhen und Gewichten. Ein Schwarm Sieben- oder Achtjähriger drängte sich um eine der Matten. Fandorin schob ein paar Kinder beiseite und sah einen Knaben dort liegen, schmerzverkrümmt; ein Mann im Turntrikot, um die Dreißig, mit feuerrotem, lockigem Haar, grünen Augen und einem energischen, mit Sommersprossen übersäten Gesicht, beugte sich über ihn.
    »Na, komm, mein Lieber«, sprach er auf Russisch, mit nur leichtem Akzent. »Zeig her das Beinchen, hab keine Angst. Ich tu dir nicht weh. Sei mal tapfer, bist doch ein Mann …
Fell from the rings, Mylady «
, erklärte er der Baronesse. »
Weak hands. I am afraid, the ankle is broken. Would you please tell Mr. Izyumoff?
«
    Die Lady nickte wortlos und verließ, Fandorin mit sich ziehend, schnell den Saal.
    »Ich hole den Doktor«, sagte sie hastig. »Solche Geschichtenkommen vor – es sind eben Jungen. Das war übrigens Gerald Cunningham, meine rechte Hand. Absolvent des Londoner Asternats. Ein glänzender Pädagoge. Er leitet die gesamte russische Niederlassung. In sechs Monaten hat er Ihre schwere Sprache gelernt, was mir überhaupt nicht gelingen will. Erst vorigen Herbst hat Gerald das Asternat in Petersburg aufgemacht, und nun ist er für ein Weilchen hier und hilft, die Sache in Gang zu bringen. Ohne ihn wäre ich aufgeschmissen.«
    Vor der Tür mit der Aufschrift »
Arzt «
blieb sie stehen.
    »Verzeihen Sie, Sir, wir müssen unser Gespräch erst einmal unterbrechen. Alles übrige ein andermal, ja? Kommen Sie morgen wieder, dann reden wir weiter. Sie hatten doch ein Anliegen, nicht wahr?«
    »Nichts Wichtiges, Mylady« sagte Fandorin und wurde schon wieder rot. »Ich denke, das können wir wirklich … ein andermal. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem edlen Unterfangen.«
    Er verbeugte sich ungeschickt und schritt eilig von dannen. Erast Fandorin schämte sich

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