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Fandorin

Fandorin

Titel: Fandorin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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sehr.
     
    »Na, was ist, haben wir die Übeltäterin auf frischer Tat ertappt?« wurde der zerknirschte Fandorin von seinem Vorgesetzten fröhlich empfangen, der über irgendwelchen schwierigen Diagrammen saß. Die Vorhänge im Kabinett waren zugezogen, die Schreibtischlampe brannte, draußen dunkelte es schon. »Lassen Sie mich raten. Von einem Mr. Kokorin haben Mylady noch nie etwas gehört, von Miss Beshezkaja gleich gar nicht, und die Nachricht von dem Selbstmord hat sie außerordentlich betroffen gemacht. Hab ich recht?«
    Fandorin seufzte nur.
    »Ich kenne die Dame von Petersburg her. Ihren Antrag auf pädagogische Betätigung in Rußland hatten wir in der Dritten Abteilung auf dem Tisch. Hat Sie Ihnen von den genialen Schwachköpfen vorgeschwärmt? Egal. Zur Sache. Setzen Sie sich!« Der Chef winkte ihn an den Tisch. »Sie haben eine spannende Nacht vor sich!«
    Fandorin spürte ein angenehmes Kribbeln in der Brust – wie jedesmal, wenn er mit dem Herrn Staatsrat zu tun hatte.
    »Sie nehmen Surow ins Visier. Gesehen haben Sie ihn ja schon, können sich also ein ungefähres Bild von ihm machen. Sich dem Grafen zu nähern ist einfach, man braucht keine Empfehlungen. Er betreibt in seinem Haus eine Art Spielhölle, um Konspiration schert er sich wenig. Es herrscht so ein Husarengardeton, aber natürlich lungert da alles mögliche Gesindel herum. Ein gleiches Haus unterhielt Surow in Petersburg. Nachdem die Polizei ihm dort ihre Aufwartung machte, hat er sich nach Moskau verzogen. Er tut und läßt, was er will, beim Regiment gilt er als beurlaubt, schon das dritte Jahr. Ihre Aufgabe ist folgende: Versuchen Sie in seine Nähe zu kommen, erforschen Sie seine Umgebung. Womöglich taucht plötzlich Ihr weißäugiger Bekannter dort auf? Aber bitte keine Eigenmächtigkeiten, gegen so einen hätte man als einzelner keine Chance. Im übrigen ist es unwahrscheinlich, daß Sie ihn dort treffen. Möglicherweise interessiert sich der Graf für Sie, er ist Ihnen ja bei der Beshezkaja begegnet, und die läßt ihn augenscheinlich nicht kalt. Handeln Sie je nach Situation. Aber lassen Sie sich zu nichts hinreißen! Mit diesem Herrn ist nicht zu spaßen. Er betrügt beim Spiel, ›mauschelt‹, wie man in diesen Kreisen zu sagen pflegt, und wenn ihn einer dabei erwischt, sucht er sein Heil im Skandal. Ein gutes Dutzend Duelle hat er schon auf dem Kerbholz – und das sind nur die, von denen man weiß. Jemandemohne Duell den Schädel einzuschlagen, bringt er genauso fertig. Zur Messe in Nishni Nowgorod 1872 zum Beispiel hat er sich mit dem Kaufmann Swistschow beim Kartenspiel in die Wolle gekriegt und den Rauschebart kurzerhand aus dem Fenster geschmissen. Erster Stock. Der Kaufmann hat sich alle Knochen gebrochen, einen Monat gelegen und nur gewinselt. Und der Graf ist ungeschoren davongekommen. Er hat einflußreiche Verwandte an den nötigen Stellen sitzen. Was ist das?« fragte Brilling auf seine überrumpelnde Art und legte einen Satz Spielkarten auf den Tisch.
    »Spielkarten«, sagte Fandorin und wunderte sich.
    »Spielen Sie?«
    »Überhaupt nicht. Papa war dagegen, daß ich Karten auch nur in die Hand nehme. Er habe genug gespielt – für sich, mich und drei Fandorinsche Generationen im voraus, meinte er immer.«
    »Schade.« Brilling schaute bekümmert drein. »Dann haben Sie beim Grafen eigentlich nichts zu suchen. Aber gut, nehmen Sie einen Zettel und schreiben Sie mit …«
    Nach einer Viertelstunde konnte Fandorin ohne Stocken die Farben benennen und erkennen, welche Karte höher und welche niedriger war, nur die Bilder brachte er noch durcheinander – er vergaß immer, ob die Dame dem Buben über war oder umgekehrt.
    »Sie sind ein hoffnungsloser Fall«, resümierte Brilling. »Aber das ist nicht weiter schlimm. Preference und ähnliche intelligente Spiele werden beim Grafen sowieso nicht gespielt. Dort kann es gar nicht primitiv genug sein, Hauptsache, es geht schnell, und die Einsätze sind hoch. Meine Detektive sagen, er spiele am liebsten Stoß, noch dazu die einfache Variante. Ich erkläre die Regeln. Der, der die Karten ausgibt,heißt Banquier. Der daneben Sitzende ist der Pointeur. Vor beiden liegt ein Satz Karten. Der Pointeur entnimmt seinem Stapel eine Karte – sagen wir, eine Neun. Er legt sie verdeckt vor sich hin, Schwarte nach oben.«
    »Schwarte heißt das Muster auf der Rückseite?« fragte Fandorin.
    »Genau. Jetzt setzt der Pointeur eine Summe – sagen wir, zehn Rubel. Der Banquier fängt an zu

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