Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fandorin

Fandorin

Titel: Fandorin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
Vom Netzwerk:
Asasel eins, zwei, drei herausdividiert.«
    »Sagen Sie mal, stehen eigentlich alle Ihre Neuigkeiten in dem Brief an die Moskauer Kripo drin?« fragte Brilling so unvermittelt, wie es seine Gewohnheit war.
    »Natürlich, Chef. Er dürfte baldigst dort eintreffen. Verdächtigen Sie etwa irgendeinen Moskauer Polizeibeamten? Ich habe den Brief extra genau adressiert: An Hochwohlgeboren Staatsrat Brilling zu eigenen Händen resp. im Falle der Abwesenheit an Seine Exzellenz den Oberpolizeipräsidenten
.
So wird kein anderer wagen, ihn aufzumachen. UndSeine Exzellenz wird sich nach der Lektüre sowieso mit Ihnen in Verbindung setzen.«
    »Das war klug«, lobte ihn Brilling. Dann schwieg er, den Blick zur Wand gerichtet, längere Zeit. Seine Miene verdüsterte sich immer mehr.
    Fandorin saß mit angehaltenem Atem dabei. Er wußte, der Chef wog ab, was er gehört hatte, und gleich würde er verkünden, was er zu tun gedachte – seinem Gesicht nach zu urteilen, rang er noch mit sich.
    Jetzt tat Brilling einen Seufzer und lächelte bitter.
    »Gut, Fandorin, ich nehme es auf mich. Es gibt Krankheiten, die sich nur auf chirurgischem Wege heilen lassen. Genau das müssen wir nun tun. Die Sache ist von staatstragender Bedeutung, und in solchen Fällen bin ich befugt, Formalitäten außer acht zu lassen. Wir greifen uns Cunningham. Und zwar sofort, in flagranti, das heißt, mitsamt dem Brief. Glauben Sie, daß die Papiere chiffriert sind?«
    »Ganz gewiß. Die Informationen sind zu brisant. Und der Brief ist mit der normalen Post gegangen – na gut, mit der Eilpost. Trotzdem kann alles mögliche passieren: Er geht verloren, gerät in falsche Hände, was weiß man. Nein, Chef, die gehen auf Nummer Sicher.«
    »Dann erst recht. Cunningham wird also noch am Dechiffrieren und Lesen sein, anschließend wird er alles in seine Kartei übertragen. Ganz bestimmt hat er eine Kartei! Ich fürchte, die Beshezkaja hat einen Begleitbrief geschrieben, in dem sie ihm von Ihren Nachstellungen berichtet, und Cunningham wird klug genug sein, sich auszumalen, daß Sie einen Bericht nach Rußland geschickt haben könnten. Nein, wir dürfen nicht warten, die Sache muß sofort geschehen. Den Begleitbrief hätten wir ja auch gern gelesen. Und dieser Pyshow läßt mir keine Ruhe. Was, wenn er nicht der einzige ist, den sie gekaufthaben? Mit der englischen Botschaft unterhalten wir uns hinterher. Die werden sich bedanken. Sie sagten, daß auch Untertanen von Queen Victoria auf der Liste stehen?«
    »Beinahe ein ganzes Dutzend.« Fandorin nickte und schaute seinem Vorgesetzten verliebt in die Augen. »Cunningham sofort zu stellen wäre natürlich das Beste, aber … Was ist, wenn wir hinfahren und nichts finden? Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn Sie meinetwegen irgendwelche … Also, ich würde selbstverständlich vor jeder Instanz …«
    »Hören Sie bloß auf!« versetzte Brilling gereizt und reckte das Kinn. »Meinen Sie etwa, ich würde mich im Falle eines Fiaskos hinter meinem Lehrjungen verstecken? Ich glaube an Sie, Fandorin. Das muß reichen.«
    »Danke«, sagte Fandorin leise.
    Brilling verbeugte sich sarkastisch.
    »Nichts zu danken. Und jetzt genug der Liebenswürdigkeiten. Zur Sache. Cunninghams Adresse kenne ich, er wohnt auf der Apothekerinsel, im Seitengebäude des Petersburger Asternats. Haben Sie eine Waffe?«
    »Ja, ich habe in London einen Revolver gekauft. Smith&Wesson. Liegt im Gepäck.«
    »Zeigen Sie her.«
    Fandorin beeilte sich, den schweren Revolver, der ihm ebendieser Schwere und Solidität wegen außerordentlich gefiel, aus der Garderobe zu holen.
    »Schund!« warf der Chef hin, als er die Waffe in der Hand wog. »Der mag für die amerikanischen Kuhjungen gut sein, wenn sie im Saloon betrunken aufeinander losballern. Für einen seriösen Agenten taugt er nichts. Den nehme ich Ihnen ab. Ich habe was Besseres für Sie.«
    Er ging aus dem Zimmer und kam nach kurzer Zeit miteiner kleinen, flachen Pistole wieder, die beinahe ganz auf seine Handfläche paßte.
    »Das ist eine belgische Herstal, sieben Schuß. Nagelneu, Sonderanfertigung. Wird am Rücken getragen, in einem kleinen Holster unter dem Jackett. In unserem Handwerk einfach unersetzlich. Sie ist leicht, schießt zwar nicht weit und nicht besonders genau, ist aber dafür ein Selbstlader, was eine schnelle Schußfolge garantiert. Wir müssen ja nicht dem Eichhörnchen das Auge ausschießen, nicht wahr? Und am Leben bleibt in der Regel, wer als erster schießt, und

Weitere Kostenlose Bücher