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Fangschuss

Fangschuss

Titel: Fangschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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Kannst du es mir nicht auch am Telefon sagen? Jetzt gleich?«
    »Nein.«
    »Wieso nicht?«
    »Mein Guthaben ist …« Abrupt brach die Verbindung ab.
    Also musste ich wohl oder übel eine halbe Stunde warten. Marie Antoinette miaute kläglich und sah mit einem herzerweichenden Blick zu mir hoch. Sie hinkte kaum noch, und auch der Kater schien sich verzogen zu haben. Ich kraulte sie, obwohl ich wusste, dass ihre derart zur Schau gestellte Zuneigung einzig dem Zweck diente, möglichst bald einen gefüllten Fressnapf vor sich zu haben. Ich öffnete den Kühlschrank und entnahm ihm die restliche Hühnerleber für die Katze und ein paar Eiswürfel für mich. Erwartungsvoll reckte Marie Antoinette den Hals und stürzte sich dann jegliche royale Würde vergessend auf die Innereien. Ich warf die Eiswürfel in ein Glas, erst dann fiel mir ein, dass der Rest des Amruts immer noch auf dem Truhenboden schwappte. Ich fluchte und hob den Deckel meines Schreins hoch. Es roch abscheulich. In dem Moment klingelte erneut mein Handy. Heftiges Keuchen drang an mein Ohr. Erfreut setzte ich mich und wartete auf weitere Anzüglichkeiten. Dann zog jemand geräuschvoll den Rotz hoch.
    »Ach, Babsi, Sie sind’s! Sie dürfen sich freuen. Ich habe eine heiße Spur!«
    Babsi schniefte eine Runde.
    »Morgen früh haben Sie Ihre Mieze wieder.«
    Ich warf Marie Antoinette einen prüfenden Blick zu. Doch deren volle Aufmerksamkeit galt jetzt den Leberstücken. Ich konnte es wohl verantworten, sie am nächsten Tag zurückzubringen. Wahrscheinlich würde mich beim Erhalt des Honorars nochmals kurz mein schlechtes Gewissen quälen, doch ich war nicht in der finanziellen Lage, mich von Sentimentalitäten aufhalten zu lassen.
    »Marie Antoinette und ich sind morgen um neun bei Ihnen.«
    Babsi schluchzte wiehernd auf, und ich beendete das Gespräch, das keins gewesen war. Lange saß ich da und starrte vor mich hin. Meine Gedanken drehten sich ständig um diese Letten-Leiche. Und was ich vorhin im Gespräch mit José ausgeblendet hatte, drängte sich jetzt mit aller Macht in den Vordergrund: Ich hoffte inständig, dass der Tote nicht Philipp war.
    Besorgt sah ich der Sonne zu, die glühend orange hinter den Hochhäusern der Wohnsiedlung Lochergut versank. Die ersten Schatten der Abenddämmerung glitten durch die Dienerstrasse und krochen die Fassaden hoch. Noch immer spürte ich den Schnaps im Kaffee. Ich fühlte mich nicht besonders. Genauer gesagt: Ich war ziemlich hinüber. Da fiel mein Blick auf den kleinen Plastikbeutel mit dem weißen Pulver, den Ness als Anzahlung auf den Tisch geworfen hatte. Spontan beschloss ich, diesem verschwommenen Abend etwas schärfere Konturen zu verleihen.
     
    Nachdem ich das Bad geschrubbt und die Küche auf Hochglanz poliert hatte, stürmte ich aus meinem Appartement und fand mich etwas zu früh in der Bar der Zukunft ein. Bambi war von einer langhaarigen Blondine abgelöst worden, die teilnahmslos am Tresen lehnte und rauchte. Sie blickte desinteressiert auf, als ich eintrat, und brachte mir dann stumm den bestellten Drink. Ich hatte beschlossen, für den Rest des Abends auf Wodka Tonic umzusteigen. Während ich auf Miranda wartete, ließ ich den Blick durch das beinahe leere Lokal schweifen. Mir gefiel das Interieur, es war nüchtern, stilvoll und schwarz. Bequem aussehende Ledersofas und niedrige Salontischchen, vor der Bar vereinzelte Hocker. Auf zweien davon saßen Gäste. Eine etwas ältere Frau in einem ausgebeulten, auberginefarbenen Kostüm drehte mir den Rücken zu und redete halblaut auf einen jungenhaften Mann mit fettigem Haar und abstehenden Ohren ein. Hin und wieder stieß dieser ein meckerndes Lachen aus und blickte sich dabei Beifall heischend um, als befände er sich in einem Saal voller Publikum. Weder ich noch die Bedienung waren beeindruckt. Aus den Illustrierten wusste ich, dass er Schlagersänger war und wie Babsi ein langjähriges Mitglied der sogenannten Schweizer Cervelatprominenz. Die wahrscheinlich nicht gerade zahlreichen Kinder, die zu seinem letzten größeren Hit gezeugt worden waren, bereiteten sich mittlerweile wohl auf die Mittelschule vor.
    Ich wandte mich ab. Warmes Licht beleuchtete den Korridor, der zu den Toiletten führte. Irgendwo weiter hinten fiel eine Tür ins Schloss, das Klappern hoher Absätze erklang, und dann stand plötzlich eine junge Whitney Houston im Durchgang und wischte sich diskret die Nase ab. Ich blinzelte, dann fielen mir ihre männlichen Hände auf.
    »Es

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