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Fangschuss

Fangschuss

Titel: Fangschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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kicherte. Im Hintergrund war eine Männerstimme zu hören, dann lachte jemand laut auf.
    »J-ja, Chef.« Sie kicherte wieder.
    »Miranda?«
    Sie unterdrückte ein Glucksen. »Ich habe den Zettel hier. Lag in dem Buch, das du erwähnt hast. 1984 von George Clooney.«
    »Orwell.«
    »Wenn du meinst. Ist eine Quittung für ein Bahnticket.«
    »Wohin?«
    »Von Zürich nach St. Moritz. Am letzten Freitag.«
    Ich ballte die Hand zur Faust. Also war meine Vermutung richtig gewesen. Philipp war am Freitag mit dem Zug nach St. Moritz gefahren, nachdem er ein paar Sachen zusammengepackt hatte, darunter dreihundert Gramm Koks.
    »Philipp heißt übrigens Stadelmann. Du wolltest doch die ganze Zeit seinen Nachnamen wissen.«
    »Wie hast du das rausgekriegt?«
    »Stand am Briefkasten, der im Treppenhaus hängt.«
    Ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss.
    »Bist du noch dran?«
    »Hm. Wo bist du jetzt?«
    Miranda kicherte wieder. »Immer noch in der Wohnung. Ganz tolle Mitbewohner hat dein Philipp. Die beiden Jungs bauen einen Joint nach dem anderen!«
    »Miranda! Ich brauche dich noch!« Ich sagte ihr, was sie als Nächstes zu tun hatte.
    »Ups! Na dann nehm ich noch rasch ’nen Zug und mach mich auf die Netzstrümpfe!«
    Ich hörte das meckernde Lachen der beiden Jungs, dann beendete Miranda das Gespräch abrupt. Ich war besorgt. Für den Auftrag, den ich ihr gegeben hatte, hätte sie nüchtern und bei klaren Sinnen sein sollen, aber ich konnte es jetzt auch nicht mehr ändern. Andererseits war sie es gewohnt, die unglaublichsten Dinge im Rausch zu vollbringen. Ich zündete mir eine Zigarette an und beobachtete den Eingang der Bank Canis. Von der Seitenstraße aus, in der ich geparkt hatte, konnte ich ihn gerade knapp im Auge behalten. Ich schaltete das Radio ein. Britney Spears schmollte gerade Gimme More und verlangte, dass man ihr mehr geben solle, wovon auch immer. Nach einer Viertelstunde tat sich endlich etwas: Die Tür wurde aufgerissen und Herr Stadelmann eilte aus dem Bankgebäude, gefolgt von Doktor Seeholzer. Sie blieben auf dem Gehsteig stehen und der Bankdirektor sprach eindringlich auf Stadelmann ein. Dieser nickte unablässig, wie eine Puppe, deren Kopf nicht mehr richtig festgenäht ist, dann kehrte der Doktor in die Bank zurück, während sich Stadelmann eilig zu seinem Wagen begab, einem schwarzen Offroader, den er gleich neben der Bank parkiert hatte. Ich startete den Motor, als mein Handy klingelte.
    »Er ist gerade rausgekommen. Läuft jetzt Richtung Bahnhof.«
    »Dranbleiben.«
    »Mann, wie bloß? Du hast ja keine Ahnung, was ich anhabe!«
    »Ich nehme an, die Manolo Blahniks, wie immer.«
    Miranda schnaubte. »Man weiß nie, wen man trifft. Er überquert jetzt übrigens gerade den Fluss und geht auf die Gessnerallee zu.«
    Stadelmann manövrierte den Wagen umständlich aus der Parklücke, bevor er an mir vorbeifuhr.
    »Erinnerst du dich an die Party im Stall 6, an der wir …«
    »Miranda! Konzentrier dich!«
    »Ja, ja«, murrte sie.
    Ich bog in die Hauptstraße ein und folgte dem Offroader, einem Mercedes, in einigem Abstand. Aus dem Hörer vernahm ich eine Zeit lang nur Mirandas abgehacktes Keuchen.
    »Hallenbad. Er sieht sich nicht um. Scheint es ziemlich eilig zu haben.«
    »Gut, einfach dranbleiben.«
    »Ist schon klar, Boss. Ich bin bekifft, nicht bescheuert.« Sie kicherte verhalten.
    »Was tut er?«
    Stadelmann bog links ab und fuhr auf die Börse zu.
    »Steuert auf die Börse zu.«
    »Okay, du kannst abbrechen.«
    »Schon? Jetzt, wo’s gerade anfing, Spaß zu machen!« Ich hörte Miranda nach Luft schnappen und dann einen wenig damenhaften Fluch ausstoßen.
    »Was ist?«
    »Fuck! Von wegen abbrechen!«
    »Was?«
    »Mein Absatz!«
    »Hä?«
    »Mein Absatz ist abgebrochen, verdammte Scheiße! Das waren Manolo …«
    »… Blahniks, ich weiß. Ich flicke ihn, sobald ich zurück bin.«
    »Du?« Sie lachte spöttisch.
    Der Offroader bremste vor der Börse ab und Winkler stieg ein.
    »Er ist in einen schwarzen Kastenwagen eingestiegen.«
    »Ich weiß.«
    »Und ein lächerlicher hellblauer Käfer verfolgt ihn!«
    »Halt die Klappe!« Ich blickte aus dem Fenster. Miranda balancierte auf einem Bein, in der Hand hielt sie den Schuh mit dem abgebrochenen Absatz. Sie trug ein sehr kurzes, sehr glitzerndes Kleid.
    »Perfekte Camouflage, Schätzchen.«
    »Fick dich, Curryfresser!«
    »Ich mag dich auch.« Ich legte auf und bemühte mich, ein paar Autos hinter dem Offroader zu bleiben. Ich war nicht

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