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Fangschuss

Fangschuss

Titel: Fangschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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ganz weich und zart.
     
    Nach einer endlosen halben Stunde erreichten wir die Hauptstraße, die hinunter ins Tal führte. Immer wieder hatte ich im Rückspiegel überprüft, ob uns jemand verfolgte, doch es schien, als wären wir momentan in Sicherheit. Philipp guckte schweigend aus dem Fenster, und obwohl mir die Fragen unter den Nägeln brannten, beschloss ich, abzuwarten und in einer entspannteren Umgebung mit ihm zu reden. Viel mehr Sorgen machte mir jetzt der Motor, der bei unserer halsbrecherischen Flucht ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden war. Kurz nach Marmorera hatten wir ein weiteres Problem. Wir waren ein ganzes Stück dem pittoresken See entlanggefahren, auf den man trotz der Baumbestände nahe der Straße einen großartigen Ausblick hatte, als der Motor zu stottern begann, kurz darauf blieb die Karre ganz stehen. Erst jetzt sah ich, dass der Tank leer war. Ich ignorierte Philipps besorgten Blick und fluchte vor mich hin.
    »Wenn du fertig bist, könnten wir den Wagen bis zu dem Restaurant da unten rollen und ganz easy fragen, ob die uns Benzin verdealen. Da steht ein Geländewagen, mit etwas Glück gibt’s auch einen Reservekanister. Außerdem habe ich Hunger und Durst.«
    Mit einem Mal bemerkte ich das konstante Knurren in meinem Magen. Seit gestern hatte ich nichts mehr gegessen und nur das Nötigste getrunken. Die neue Generation schien immerhin praktisch veranlagt. Ich glaubte wieder an den Fortbestand der Menschheit.
    Wir ließen den Käfer die gewundene Straße hinunterrollen, bis wir vor der Einfahrt zum Gasthaus standen. Glücklicherweise herrschte nur wenig Verkehr. Dann schoben wir den Wagen gemeinsam hinter das Haus und ließen ihn zwischen den Müllcontainern stehen, wo man ihn von der Straße aus nicht sehen konnte. Zumindest, wenn man von oben kam.
    Philipp ging ins Lokal hinein und kehrte kurz darauf mit der Bedienung zurück, einer robusten Frau mit gewinnendem Lächeln. Sie öffnete den Kofferraum des Geländewagens und entnahm ihm einen roten Kanister, den sie mir gegen einen vernünftigen Preis überließ. Mit einem neugierigen Blick auf den lädierten Wagen fragte sie uns, ob wir Hilfe benötigten. Ich verneinte, bemerkte aber, dass wir Hunger und Durst hätten. Die Frau nickte und bat uns herein. Der Koch sei am Nachmittag nicht da, aber sie würde uns gern eine Platte mit Bündnerfleisch und Hobelkäse vorbereiten. Mit schweren Schritten stapfte sie die Treppe zum Lokal hinauf und drehte sich auf der obersten Stufe nochmals um.
    »Die Heckscheibe hat wohl etwas abbekommen.«
    Ich starrte auf die Stelle, wo die Scheibe einmal gewesen war.
    »Steinschlag«, sagte ich.
    »Aha.« Sie guckte zweifelnd.
    »Gefährliche Gegend hier oben.«
    »Hab ich gehört.« Sie wischte ihre Hände an der Schürze ab, die sie sich um die breiten Hüften gebunden hatte, lächelte unsicher und verschwand im Restaurant. Ich blickte besorgt die Straße hoch, sie war nur wenig befahren. Früher oder später jedoch würde ein schwarzer Offroader der Marke Mercedes hier herunterbrausen und wir konnten nur hoffen, dass diejenigen, die drinsitzen würden, weder den Käfer entdeckten noch ausgerechnet hier Hunger oder Druck auf der Blase verspürten. Ich drängte Philipp, der bereits damit beschäftigt war, den Tank aufzufüllen, sich zu beeilen.
     
    »Es war eine verdammte Falle.«
    Wir hatten uns an einen Tisch am Fenster gesetzt, von wo aus wir die Straße gut überblicken konnten. In der Zeit, in der wir die kalte Platte mit viel knusprigem Brot verschlungen hatten und ich dazu ein paar Bier hinuntergestürzt hatte, während Philipp sich lieber an Kaffee hielt, waren sieben Offroader vorbeigefahren. Von Ökologie schienen sie hier oben nicht viel zu halten. Bei keinem hatte es sich aber um einen Mercedes gehandelt, wir zuckten dennoch jedes Mal zusammen, wenn wir einen entdeckten. Mein Handy fand endlich wieder ein Netz und vermeldete sechzehn verpasste Anrufe, zwölf davon von meiner Mutter, zwei von Ness, dazu einige SMS, die ich später lesen würde. Der Akku war beinahe leer, ich war gezwungen, selektiv vorzugehen.
    Nachdem Philipp zu Beginn äußerst wortkarg gewesen war, hatte ich für uns beide Kirsch bestellt, nach drei daumennagelgroßen Gläsern wurde er endlich etwas gesprächiger.
    »Der Reihe nach. Ich will alles ganz genau wissen.«
    »Na ja, angefangen hat es mit diesem krassen Deal. Die ganze Szene sprach davon, alle hatten etwas davon gehört, niemand wusste etwas Genaues. Es ging

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