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Fanny Hill

Fanny Hill

Titel: Fanny Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Cleland
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weiß noch heute Pächtersleute auf dem Lande, vierzig Meilen von London. Ihre Unmenschlichkeit gegen mich zugunsten eines Sohnes, dem sie alle ihre Zärtlichkeit schenkten, ließ mich oft den Entschluss fassen, aus dem Hause zu fliehen und in die weite Welt zu gehen.
    Als ich fünfzehn Jahre alt war, zwang mich ein Zufall dazu. Ich hatte eine große Porzellanschale zerbrochen, den Stolz der Familie, und da unbarmherzige Schläge die geringste Strafe war, die meiner wartete, so verließ ich aus Angst das Haus und wanderte auf der Landstrasse geradenwegs nach London. Wie mein Durchbrennen zuhause aufgenommen wurde, weiß ich nicht, denn bis heute habe ich nichts darüber gehört. Mein Vermögen bestand in ein paar Schaumünzen, die ich von meiner Patin hatte, einigen Schillingen, zwei silbernen Schuhschnallen und einem Fingerhut. Das war mein ganzes Vermögen; ich hatte nur die einfachen Alltagkleider, die ich am Leibe trug. Bei jedem Geräusche schrak ich auf, gönnte mir keine Rast und ging so wohl ein Dutzend Meilen, bis ich vor Müdigkeit nicht mehr konnte. Ich setzte mich auf einen Stein und fing bitterlich zu weinen an, mehr aus unklarer Furcht als aus Not, denn die Rückkehr zu meinen unnatürlichen Eltern schien mir ärger als Sterben. Diese Rast stärkte und die Tränen erleichterten mich, und ich ging weiter; da holte mich ein Bauernbursche ein, der gleich mir nach London ging, um da sein Glück zu versuchen; er war seinen Verwandten ebenfalls entlaufen, und kaum älter als siebenzehn Jahre; frisch und hübsch sah er aus mit seinem ungekämmten blonden Haare, dem kleinen Hütchen darauf, dem Lederkoller, den hanfenen Strümpfen, kurz, er war ein prächtiger Junge, wie er so vom Pfluge weggelaufen war. Ich sah ihn springend hinter mir her kommen, über der Schulter ein Bündel am Ende eines Stockes, das sein ganzes Reisegepäck war. Einige Zeit lang gingen wir nebeneinander her ohne ein Wort zu sprechen; dann gab ein Wort das andere, und wir gelobten uns, bis ans Ende unserer Reise beisammen zu bleiben. Seine Absichten kannte ich nicht und die meinen waren, wie ich mit allen Eiden beschwören kann, ganz unschuldiger Art. Als die Nacht hereinbrach, mussten wir uns um ein Obdach in einem Wirtshause umsehen, aber wofür sollten wir uns denn ausgeben, wenn wir gefragt würden? Nach einigem hin und her machte der Bursche einen Vorschlag, der mir der schönste von der Welt erschien: wir sollten uns für Mann und Frau ausgeben! An die Folgen dachte ich nicht weiter. Bald kamen wir an eins der Schlafhäuser für arme Fußgänger. Ein altes verschrumpftes Mütterchen stand davor, das uns, als sie uns vorbeitraben sah, einlud, einzutreten. Vergnügt ein Schutzdach gefunden zu haben, traten wir ins Haus. Mein Reisegefährte hatte alles weitere auf sich genommen: er bestellte was im Hause war, und wir aßen zusammen, ganz wie Mann und Frau, wofür wir auch nach Alter und Figur gelten konnten. Als die Bettzeit kam, hatte keines von uns den Mut, unser Übereinkommen zu brechen, und der junge Bursche war ebenso verwirrt über das unserem verheirateten Stand doch zukommende Zusammenschlafen, wie ich selbst. Währenddem nahm die Wirtin das Licht und leuchtete uns in unser Zimmer, das über einen langen Hof hinweg lag, getrennt vom Hauptgebäude.
    Da wurden wir hingeführt, ohne dass ein Wort gewechselt wurde, in eine schlechte Kammer, mit einem ebenso schlechten Bett, in dem wir die Nacht zusammen verbringen sollten. Ich meinerseits war so unschuldig, dass ich mir so wenig dabei dachte, bei einem jungen Burschen zu schlafen, als mit einem unserer Milchmädchen, und er hatte vielleicht auch keine anderen Vorstellungen als ganz unschuldige — bis eine solch schöne Gelegenheit ihm andere in den Kopf setzte. Bevor eines von uns entkleidet war, löschte er das Licht aus, und die kalte Luft trieb mich, schnell ins Bett zu kommen. So kroch ich also, nachdem ich meine Kleider abgelegt hatte, unter die Bettdecke, wo der junge Bursche sich schon eingerichtet hatte. Die Berührung mit seinem warmen Fleische war mir eher angenehm als beunruhigend. Ich war durch das neue meiner Lage zu sehr verwirrt, als dass ich gleich einschlafen hätte können, aber ich dachte an gar nichts Schlimmes. Doch die Instinkte der Natur sind mächtig und wenig braucht es, sie zu wecken. Der junge Mensch schlang seinen Arm um mich und zog mich leise zu sich hin, wie um es wärmer zu haben. Aber die Hitze, die mich beim Berühren meiner Brust durchströmte,

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