Fantasien der Nacht
bereits Gefühle zwischen ihnen, tief gehende, herzergreifende Gefühle, die sie gerade erst zu verstehen begann. Und sie hatte geglaubt, er würde sie lieben. Zumindest hatte er das angedeutet. Er hatte gesagt, dass er Liebe für sie empfand. War das dasselbe?
Sie wälzte sich ruhelos auf die Seite und knuffte ihr Kissen. Von Neuem fiel ihr Blick auf den Cognac, der auf dem Nachttisch stand. Eric hatte darauf bestanden, dass sie ihn mitnahm, da sie erwähnt hatte, wie großartig er schmeckte. Kein Wunder, dachte sie jetzt. Das Zeug war im Jahre 1910 abgefüllt worden. Vermutlich war der Cognac ein Vermögen wert.
Nichtsdestotrotz kippte sie ungeniert ein weiteres randvolles Glas hinunter, in der Hoffnung, es würde ihr beim Einschlafen helfen. Wenn sie nicht bald ein wenig Schlaf fand, würde sie auf der Arbeit vermutlich vor allen Leuten zusammenbrechen, und wie würde Daniel darauf wohl reagieren? Aller Wahrscheinlichkeit nach würde er sie in ein Erholungsheim einweisen lassen.
Als sie nach einer halben Stunde immer noch hellwach dalag, ging sie hinüber ins Badezimmer. Wie sollte sie sich in Bezug auf Eric verhalten? Wüsste er die Wahrheit, würde das Daniel umbringen. Sie liebte den alten Kauz, und sie hasste es, ihm wehzutun. Himmel, ihr spukte heute Nacht einfach zu viel im Kopf herum. Sie öffnete den Medizinschrank und kramte darin herum, bis sie die braune Plastikdose mit dem Apothekenetikett fand.
Sie hatte die verfluchten Schlaftabletten schon ausprobiert. Einzeldosen, doppelte Dosen, einmal sogar eine dreifache. Nichts davon hatte ihr auch nur ein herzhaftes Gähnen entlockt. Sie schraubte den Deckel ab und schüttete vier der winzigen weißen Kapseln in ihre Handfläche. Mit einem zynischen Blick auf ihr Spiegelbild warf sie die Tabletten ein. Wem wollte sie etwas vormachen? Bis Sonnenaufgang würde sie kein Auge zutun.
Mit einem Glas Wasser spülte sie die Kapseln herunter. Sie ging zurück ins Bett, bemerkte, dass sie die unnütze Dose Beruhigungsmittel noch immer in der Hand hielt, und ließ sie achtlos auf den Nachttisch fallen.
„Dafür bringe ich ihn um.“
Daniel? War das Daniels Stimme, die da durch die dichten nebelartigen Schleier ihres Bewusstseins drang? Er klang wütend und angespannt.
„Ich wollte es dir sagen.“ Curtis’ Stimme war lauter, gefasster. „Sie hätte unter ständiger Beobachtung stehen müssen. Wären wir ihr gefolgt, hätten wir den Mistkerl jetzt.“
„Aber nur, wenn dein Betäubungsmittel wirkt. Es wurde noch nie getestet, Curtis. Wir können nicht hundertprozentig sicher sein, dass es ihn wirklich außer Gefecht setzt.“
„Wie, zum Teufel, sollen wir es deiner Meinung nach testen? Sollen wir einen Rundbrief rausschicken, dass wir Freiwillige suchen? Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand, in Ordnung? Alles deutet darauf hin, dass das Mittel wirkt. Uns bleibt nichts anderes übrig, als es auszuprobieren.“
Was auszuprobieren? An wem? Und warum waren die beiden so wütend?
„Er hat sie vergewaltigt, Curtis.“ Daniels Stimme klang schrill bei diesen Worten. „Es hat ihm nicht genügt, ihr Blut zu nehmen, er musste auch noch ihren Körper haben. Der Hurensohn hat sie vergewaltigt … blaue Flecke auf ihr hinterlassen. Mein Gott, kein Wunder, dass sie es nicht ertragen konnte, uns heute Morgen unter die Augen zu treten.“
„Ich hätte nie für möglich gehalten, dass Tammy zu denen gehört, die diesen Ausweg wählen würden. Tabletten und Brandy!“ Curtis’ Stimme drang schroff an ihr Ohr. „Warum, zum Teufel, hat sie nichts gesagt und uns die Sache regeln lassen?“
Vergewaltigt? Tamara erinnerte sich an das Schwein bei der Highwayabfahrt … an seine Hände auf ihr, an seinen widerwärtigen Atem auf ihrem Gesicht. Doch er hatte sie nicht vergewaltigt. Eric war gekommen und … Eric, lieber Himmel, sie waren der Meinung, sie hätte diese blauen Flecke Eric zu verdanken! Sie mühte sich, die Augen zu öffnen. Ihre Lippen bewegten sich, aber kein Laut kam darüber. Sie musste es ihnen sagen!
„Sie wacht auf.“ Sie spürte, wie Daniel näher trat. Sie zwang sich, ihre bleiernen Augenlider zu heben. Alles verschwamm, und der Versuch, klarer zu sehen, verschaffte ihr nichts als Schwindel und bohrende Kopfschmerzen. Sie fühlte seine Hand auf ihrer Stirn, doch es hatte den Anschein, als gehöre ihre Stirn überhaupt nicht zu ihr. Alles wirkte seltsam verzerrt.
„Tamara? Es ist alles in Ordnung, Liebes. Curtis und ich sind jetzt bei
Weitere Kostenlose Bücher