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Fantastik AG

Fantastik AG

Titel: Fantastik AG Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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›Er ist ja
ganz süß, aber vielleicht sollte der Junge doch mal
eine Diät machen …‹
    Â»Wer seid ihr?«, fragte er atemlos.
    Â»Wir sind die Töchter des Sees«, sagte die zweite Stimme.
    Â»Wollt ihr nicht aus dem Schilf kommen? Ich kann euch so nicht
sehen.«
    Â»Aber wir können dich sehen«, kicherte die dritte Stimme, »du
gefällst uns.«
    Â»Was wollt ihr von mir?«
    Rascheln. Dann trat eine junge Frau aus dem Schilf. Sie war nackt.
Ihr ebenmäßiger Körper schimmerte weiß im Mondlicht. Der Student schluckte.
    Unmöglich konnte es ein schöneres Wesen geben, dachte er.
    Erneutes Rascheln.
    Eine zweite Frau erschien. Sie war ebenfalls nackt.
    Theodor starrte.
    Es konnte unmöglich ein noch schöneres
Wesen geben, dachte er.
    Wie man sieht, hatte sich sein logisches Denkvermögen bereits in die
Ferien verabschiedet.
    Eine dritte Frau kam aus dem Schilf, auch sie war nackt und
wunderschön.
    Es ist absolut unmöglich, dass … dachte der Student, bevor mehrere
Sicherungen in seinem Gehirn knisternd durchbrannten.
    Â»Was wollt ihr von mir?«, hauchte er.
    Die drei Frauen lächelten.
    Â»Wir wollen mit dir spielen«, sagten sie.
    Und in diesem Moment sah Theodors Verstand noch einmal auf
seine Armbanduhr, ordnete ein paar Dokumente auf seinem Schreibtisch, packte
seinen Aktenkoffer, zog sein Jackett an, schloss die Bürotür ab und sagte:
    Ich mach dann mal Feierabend.
    Die drei Frauen streckten ihre schlanken Arme nach dem
Studenten aus.
    Â»Komm mit uns«, sagten sie.
    Professor Welk erwachte. Das Feuer war bis auf die
glimmende Asche heruntergebrannt.
    Als er sich umsah, bemerkte er, dass Theodor nicht mehr an seinem
Platz lag.
    Â»Herr … Welk?«, fragte er. Niemand antwortete.
    Der Professor setzte seine Brille auf und schnippte mit den Fingern.
Schimmerndes Licht breitete sich aus.
    Bei Untersuchung der näheren Umgebung fand er frische Fußabdrücke im
Schlamm des Ufers.
    Â»So, so«, sagte er und zwirbelte sein Gnomenbärtchen,
»hochinteressant. Mellusinen also.«
    Der Professor blätterte kurz gedanklich in »Magister Orkhausens
Grimoire der 888 brauchbaren Zaubereien« – es erwies sich als überaus
nützlich, dass er dieses Werk als Student einmal auswendig gelernt hatte – und
entschied sich dann für Brofos Verbesserte Tauchkugel .
    Von einer glänzenden, durchsichtigen Sphäre umgeben, schritt er in
den See hinaus und registrierte zufrieden, dass kein Wasser in die Kugel
eindrang. Bald schloss sich die Oberfläche des Sees über seinem Kopf.
    Im magischen Licht wanderte Professor Welk durch dunkelgrün wogende
Wälder von Unterwasserpflanzen.
    Er war nicht sehr überrascht, etwa in der Mitte des Sees, an der
tiefsten Stelle, ein Gebäude in Gestalt eines großen Seeschneckenhauses
vorzufinden.
    Â»Wir möchten, dass du dich bei uns wohlfühlst«, sagte
eine der Frauen und strich Theodor sanft durch die Haare.
    Der Student lächelte glücklich. Oh ja, er fühlte sich wohl. Dies war
der Augenblick, auf den er sein ganzes Leben lang gewartet hatte. Allein
deswegen hatte er Phantastik studiert: wegen der Frauen.
    Das war ein etwas unsinniger Gedanke, denn mit Frauen hatte die
Phantastik, so wie der Student sie betrieben hatte, denkbar wenig zu tun. Für
ihn war sie eine Art akademisches Dickicht gewesen, in dem er sich, bislang
tragisch erfolgreich, vor dem weiblichen Prinzip verborgen hatte.
    Aber wegen der Frauen war gegenwärtig die
allumfassende und einzige Motivation, die Theodor allen seinen Handlungen von
seiner Geburt an zugrunde legte.
    Er war sich natürlich darüber im Klaren, dass dies alles nicht real
sein konnte. Aber es war immerhin real genug . Und es
schien alles so selbstverständlich! Zum Beispiel, dass er unter Wasser atmen
konnte. Warum auch nicht? Und dass drei wunderschöne Frauen in einem
Seeschneckenhaus auf dem Grund eines Sees wohnten und sich mit ihm amüsieren
wollten: Was sprach dagegen?
    Wie gesagt: Alles. Aber anders und richtiger gefragt: Wen
interessierte das?
    Theodor ließ sich mit einem verträumten Lächeln höchster Seligkeit
in die weichen Daunen des Bettes – es war ebenfalls muschelförmig –
zurücksinken.
    Â»Liebster«, säuselte eine Tochter des Sees, »dies ist der Moment.
Dies ist der Moment, an dem all deine Wünsche in Erfüllung gehen sollen

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