Fantastik AG
früheren
Kunstschmiede für die Fantastik AG und fertigen am
FlieÃband billige Imitate traditionellen Zwergenschmucks an.«
Der Zwerg setzte sich.
»Vielleicht sollte ich jetzt mal schildern, wie wir Kobolde in die
Sache reingezogen worden sind«, sagte die rothaarige Koboldin.
»Bitte, Leutnant Daumenschraube«, sagte Tinorius.
Leutnant Daumenschraube, dachte Theodor abwesend, was für ein
schöner Name.
»Wie den meisten hier bekannt sein dürfte«, begann Leutnant
Daumenschraube, »sind wir Kobolde ein normalerweise eher unorganisiertes Volk.
Wir leben in zahlreichen Stammesverbänden, die untereinander durch ein
kompliziertes und sorgfältig gepflegtes System von Blutfehden und
Erbstreitigkeiten vernetzt sind. Alle paar Jahre treffen sich die
Stammeshäuptlinge zu einer groÃen Beratung, um sich rituell darauf zu einigen,
dass es auch zukünftig keine Einigung geben kann. Bei dieser Zeremonie
verabreichen sie einander Ohrfeigen und werfen sich Schimpfwörter an die Köpfe,
es ist ein RiesenspaÃ, alle betrinken sich ganz ungeheuer und streiten sich
drei Tage und drei Nächte lang. Bei der letzten dieser Zusammenkünfte erschien
ein Bote auf einem schwarzen Pferd und sagte, der Aufsichtsrat schicke ihn, und
er hätte den Häuptlingen ein einmaliges Angebot zu unterbreiten. Die Häuptlinge
entgegneten, sie würden ihm ebenfalls ein einmaliges Angebot machen, er solle
seine Taschen ausleeren, ihnen das Pferd überlassen und sich, zu Fuà â aber
immerhin lebendig â verpissen. Tschuldigung für mein Koboldisch. Der Bote
antwortete, der Aufsichtsrat sei der Meinung, dass das Zeitalter der Kobolde
gekommen sei. Die Stämme sollten sich unter einem obersten Befehlshaber
vereinen. Die Fantastik AG sichere ihnen Macht in bislang nicht gekanntem Ausmaà zu.
Da verstummten die Häuptlinge. Sie berieten miteinander, und dann
unterschrieben sie den Vertrag, den der Bote mitgebracht hatte. Was hätten sie
auch sonst tun sollen? SchlieÃlich waren sie Kobolde. Und wenig später wurde
das gröÃte Koboldheer mobilisiert, das es seit den Zeiten Tchrruks, des GroÃen
Machers, gegeben hat, und Herr Welk hat entweder eine Frage oder noch immer
keinen Wunderspiegel zu Hause.«
Alle Blicke richteten sich auf den Studenten, der jetzt bemerkte,
dass er die Koboldin schon wieder die ganze Zeit angestarrt und dabei den
GroÃteil ihrer Rede verträumt überhört hatte. Sein sonst sandsteinfarbenes
Steintrollgesicht nahm die Tönung dunkelroten Porphyrs an.
»Ãhm«, sagte er, »hm, ja ⦠ich«, eine Frage, dachte er, denk dir
irgendeine Frage aus, sag einfach irgendwas, » â¦wusste gar nicht ⦠dass
Kobolde â¦Â« Ja, was? Was war mit Kobolden? »Dass Kobolde ⦠auch rote Haare
haben«, beendete er den Satz.
Die folgenden gefühlten hundert Jahre Stille hatten sich ihren Platz
in den Top Ten der peinlichsten Momente im Leben Theodor Welks redlich
verdient.
»Ja«, sagte die Koboldin schlieÃlich, »das ist ein wichtiger
Gesprächsbeitrag. Kobolde und rote Haare. Selten, aber es kommt vor. Wir
sollten das bei der weiteren Diskussion unbedingt berücksichtigen.«
Tinorius meldete sich zu Wort, lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit
auf sich und erlöste damit den Studenten aus seiner peinlichen Lage.
»Wenn Sie gestatten, würde ich Ihnen jetzt gerne meine Theorie
vorstellen«, sagte Tinorius. »Ich nenne sie die GroÃe
Apokalyptische Verschwörungstheorie Die Eigentlich Nicht Wahr Sein Darf.«
Er stand auf, ging zu einer Tafel an der Wand und zeichnete etwas,
das Theodor als vereinfachte Karte der Fernen Länder zu erkennen glaubte.
»Das«, erklärte Tinorius, »ist eine vereinfachte Karte der Fernen
Länder. Sternheim liegt ungefähr hier. Und hier«, er zeichnete ein
symbolisches Gebirge in die Mitte der Karte, »ist das Kristallgebirge, und
hier, auf dem höchsten Gipfel, steht die Burg des Lichts, in der Königin Hymnia
residiert.«
Der Student horchte auf.
Königin Hymnia, wusste er aus seinem Studium, war eine geflügelte
Lichtelfe (sowohl Licht- als auch geflügelte Elfen waren ausgesprochen selten,
was entsprechend auf geflügelte Lichtelfen noch mehr zutraf). Sie residierte
mit ihrem Hofstaat in der Burg des Lichts auf dem höchsten Gipfel des
Kristallgebirges und galt in gewisser Weise als das Oberhaupt der
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