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Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten.

Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten.

Titel: Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Janus
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Tropfsteinsäulen und gossen vorsichtig das Petroleum auf die rissige Borke. Wir behielten nur so viel zurück, dass wir noch ein wenig Licht hatten für unsere Arbeit. Dann steckten wir Sofias Streichhölzer mit den Zündköpfen in die Rinde. Ich dachte an die Grasnarbenbrände, die ich gesehen hatte.
    »Jetzt!«, sagte ich und nickte Wanja zu. Mit zwei verbliebenen Streichhölzern setzten wir den selbst gebastelten Feuerwerkskörper in Brand. Wirklich schoss eine Flamme zischend über die Baumrinde hin. »Komm ein Stück weg, der Qualm wird fürchterlich werden.«
    Er wurde beißend und fast erstickend. Wir flohen durch die gespenstisch vom Feuerschein erleuchtete Höhle bis zum anderen Ende, tauchten unsere Hände in den unterirdischen Wasserlauf und erfrischten unsere tränenden Augen.
    »Wir trinken auf unsere Rettung!«, sagte Wanja und hob die Hände mit dem klaren Wasser an meine Lippen. Ich machte es bei ihm genauso. Dann küssten wir uns wieder.
    Mir fiel ein, dass ich noch vom Flug nach Rom ein kleines Päckchen Brot in der Hemdtasche trug. Ich gab es Wanja, der fast zwei Tage lang gehungert hatte. Er schob trotz seines quälenden Hungers ein Stückchen davon mit seinen Lippen in meinen Mund.
     
    ***
    Nachdem der Brand erloschen und die Rauchschwaden einigermaßen abgezogen waren, kletterten wir zu der Öffnung hin. Im matten Licht des nachglühenden Holzes erkannten wir, dass der Durchlass groß genug sein würde für uns, wenn nur die Hitze etwas nachgelassen hätte. Wir brachen zwei dünne, spitze Stalaktiten von der Höhlendecke und stießen die glimmenden Holzreste damit von dem übrig gebliebenen Baumstamm. Danach warteten wir noch etwas auf das Erlöschen der letzten Glut – und dann zwängten wir uns durch den Felsenspalt hinaus.
    Tief atmeten wir die nächtliche Waldluft ein, die Luft der Freiheit.
    »Er lauert vielleicht hier draußen auf uns!«, flüsterte Wanja und nahm meine Hand.
    »Den Teufel wird er! Er denkt doch nie und nimmer, dass wir aus der Höhle herauskommen.«
    »Hoffentlich! Wohin gehen wir jetzt?«
    »Zur Polizei natürlich!«
    »Meine Hosen … ich bin halb nackt!«
    »Ach ja! Nimm meine Jeans und gib mir deine. Bei mir ist wenigstens die Unterhose ganz.« Wir tauschten rasch. Wir trugen dieselbe Größe. »Und jetzt komm schnell! Findest du im Dunkeln den Weg nach Putignano?«
    »Ja, aber …«
    »Was ist?«
    »Erik … ich will nicht zur Polizei.«
    »Was? Er wollte uns beide umbringen, Wanja!«
    »Aber ich halte das nicht aus. Die Fragen. Und diese Erniedrigung. Und es gibt auch keine Zeugen. Wir sind Ausländer. Vielleicht glaubt uns niemand.«
    »Aber er ist ein Mörder …«
    »Du weißt ja nicht, wie das war. Ich kann das nicht alles noch mal durchleben. Oder sogar noch mehrmals. Ich halte das nicht aus. Lass uns doch nach Hause fahren, einfach nach Hause. Jetzt gleich. Wir leben beide. Alles andere ist unwichtig. Ich will weg von hier. Nur weg, nur weg!« Ein angstvoller Sperling, den Fängen des Habichts mit Mühe entkommen, suchte Zuflucht in meinen Armen.
    »Entschuldige!«, sagte ich sanft. Und noch sanfter setzte ich hinzu: »Cannolora! – Ich kann das wohl wirklich nicht nachfühlen. Ja, ich glaube auch, dass es dich mehr quälen würde, als die Sache wert ist. Obwohl ich ihn gerne hängen sähe!«
    »Sie würden ihn ja doch nicht verurteilen. Womöglich würden sie die Schuld noch uns anhängen.«
    »Aber Wanja!« Mir fiel plötzlich etwas Wichtiges ein. »Deine Unterlagen! Deine Aufzeichnungen! Deine ganze Arbeit von vier Monaten!«
    »Ich mache etwas anderes. Ich will weg, weg von hier!«
    »Dann hole ich die Sachen morgen früh, und du wartest in Putignano auf mich.«
    »Nein! Ich will hier keine Sekunde mehr alleine sein! Bitte!«
    »Ich muss aber noch einmal in das Dorf. Mein Rucksack mit dem Ticket für den Rückflug und dem größten Teil meines Geldes steht noch dort. Und bei der Gelegenheit kann ich Tonio wenigstens die Zähne einschlagen. Und ich bringe dir die Unterlagen mit. Am helllichten Tage wird er mir doch nichts tun – mitten zwischen seinen kleinen Kindern.«
    »Er soll gar nicht wissen, dass wir uns retten konnten. Soll er ewig mit dem Gedanken leben, dass er zwei Menschen ermordet hat.«
    »Ein guter Gedanke! Trotzdem – ich hole unsere Sachen. Wie sollen wir ohne Geld nach Hause fliegen?«
    »Dann komme ich eben mit. Ich lasse dich nicht alleine dahin. Und wir gehen sofort – damit wir es schnell hinter uns bringen und nach Hause

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