Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten.
…
Ich atmete tief und bedeckte meinen Ständer mit meiner Jacke. Dann zog ich das kleine Buch aus dem Handgepäck und las dort weiter, wo ich im Warteraum des Flughafens vor einer Stunde aufgehört hatte: ‘ Verdorrt die Myrte, versiegt der Quell, so bin ich tot oder in großer Gefahr.’ – Sie fielen sich in die Arme und küssten sich. Dann bestieg Cannolora sein Pferd und ritt davon über das blühende Land hin, weiter und immer weiter. – An einem Scheideweg rief ihm ein Bauer nach: ‘Schöner junger Herr, reitet nicht dorthin! Dieser Weg führt in den Zauberwald; viele gingen hinein, keiner kam zurück!’ Doch Cannolora schüttelte lachend seine Locken und ritt weiter. – Es dämmerte schon, als Cannolora in ein tiefes Waldesdickicht gelangte. Riesige Stämme mit gewaltigen Ästen, die an Stelle von Blättern mit Stacheln und Dornen bedeckt waren, umschlossen ihn wie ein undurchdringliches Gitter. Plötzlich erblickte er eine gewaltige Schlange, deren schillernde Augen mit bösem Ausdruck auf ihn gerichtet waren. Auf ihrem Haupte trug sie ein großes, gelbes Horn.
Das Flugzeug sackte in einer Turbulenz jählings etwas ab. Ich blickte mit einem flauen Gefühl im Magen durch das staubige Fenster auf die Wolken hinunter. Dann wandte ich mich wieder meinem Buch zu: Er griff zur Armbrust, da war die Schlange verschwunden. – Nun brach ein heftiges Gewitter los. Es stürmte, donnerte und blitzte, der Regen stürzte in Strömen herab. Besorgt spähte Cannolora umher, wo er für sich und sein Pferd etwas Schutz finden könnte. Da erkannte er im Schein der Blitze den Eingang zu einer Felsenhöhle. Es war so dunkel in der Höhle, dass er nicht die Hand vor Augen sehen konnte. Ein Brausen wie von mächtigen Wassern schlug an sein Ohr. Da stieß sein Fuß an einen Haufen Reisig, und als es ihm geglückt war, einige Zweige in Brand zu setzen, flammte bald ein lustiges, wärmendes Feuer auf. Bei seinem Schein sah er sich in der Höhle um und bemerkte nun, woher das Rauschen und Brausen kam. Im Hintergrund stürzte ein mächtiger Wasserstrahl in einen Felsentrichter. Wenig entfernt vom Wasserfall war eine dunkle Felsplatte ins Gestein eingelassen, an der ein eiserner Ring befestigt war. – Plötzlich hörte Cannolora ein feines Wispern: ‘Lass mich herein! Es ist so kalt. Ich möchte –
» Möchten Sie etwas aus unserem Bordshop kaufen? Zigaretten, Parfüm, Spirituosen?«, fragte die Stewardess freundlich. Ich zuckte zusammen.
»Nein, vielen Dank!«, murmelte ich und beugte mich wieder über den von Wanjas Hand geschriebenen Text: ‘Lass mich herein! Es ist so kalt. Ich möchte mich an deinem Feuer wärmen.’ – Als Cannolora zum Höhleneingang schaute, sah er dort ein winziges Schlänglein und sagte gutmütig: ‘Komm doch näher! Ich hindere dich wahrhaftig nicht.’ – ‘Ich fürchte mich vor deiner Armbrust. Will doch lieber draußen bleiben, und sollt ich auch erfrieren.’ – Da lehnte der mitleidige Cannolora die Armbrust gegen die Felswand und sagte lachend: ‘Jetzt kannst du ohne Sorge hereinkommen.’ – Das Schlänglein schlüpfte durch die Spalte. Im Handumdrehen ward es zur riesigen Schlange, die ein gelbes Horn auf dem Haupte trug. Fest wand sich ihr Leib um den armen Cannolora, ihr Schwanz fuhr durch den Eisenring, hob die Felsplatte, und ehe Cannolora recht zur Besinnung kam, war er hinabgeschleudert worden, und die Steinplatte schloss sich über ihm. – In meiner Brust krampfte sich etwas zusammen. Unsinn, das war alles Unsinn! Lieben würde ich ihn, austrinken, in seine süße Paradiespforte kommen …
***
Es war nicht einfach, bis zu Wanjas Dörfchen vorzudringen. Der Anschlussflug von Rom nach Bari verspätete sich. Der Zug von Bari über Conversano nach Castellana versteckte sich auf dem hintersten Bahnsteig und wäre mir um Haaresbreite vor der Nase abgefahren. Das letzte Stück musste ich mit einem klapprigen Linienbus zurücklegen. Überall an den Straßen gab es kleine, schwarz qualmende Grasnarbenbrände, die meinen Seelenzustand widerzuspiegeln schienen. Es war Sommer, heißester, trockenster August. Auf den karstigen, braunen Weiden links und rechts der Landstraße standen bis aufs Skelett abgemagerte Kühe unter einer unbarmherzigen Sonne, ohne irgendetwas zu tun. Was hätten sie auch tun sollen – grasen war unmöglich, denn es gab kein Gras mehr.
Wanja wohnte in einem Dorf am Rande der Zona dei Trulli, nordwestlich von Alberobello. Es lag weit genug weg von diesem
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