Farben der Liebe
nur zu bekannt war, die heute allerdings überaus anziehend wirkte. Kopfschüttelnd und schmunzelnd gab der Dunkelhaarige nach, überwand die wenigen Meter im Sand mit schnellen Schritten und betrat schließlich den Holzponton.
Je näher er dem Rand des Steges kam, desto mehr konnte er erkennen. Da lag eine große Decke, die ihm vage bekannt vorkam. Wahrscheinlich im selben Einrichtungshaus erstanden. Ein paar Flaschen, deren herben Inhalt er ebenfalls erahnen konnte. Glücklicherweise keine Kerzen, keine Rosenblätter oder irgendeinen anderen krampfhaften pseudo-romantischen Mist, dem Manuel nichts abgewinnen konnte. In dieser Hinsicht fehlte ihm einfach irgendein Gen, das er aber auch nicht vermisste. Dass an ihm kein hoffnungsloser Romantiker verloren gegangen war, bestätigte ihm Tobi bei jeder sich bietenden Gelegenheit, meist mit Kerzen oder einem Glas Rotwein in der Hand. Vollkommen egal, ob er es hören wollte oder nicht. Aber das Flackern der Kerzen beruhigte ihn nun mal genauso wenig, wie ihm der Geschmack des gegorenen Traubensaftes schmeckte. Er hütete sich mittlerweile jedoch tunlichst, Tobis geliebten Pinot Noir so zu bezeichnen, da dies regelmäßig der Auftakt war, zu nicht enden wollende Debatten über Stil, Geschmack und anderen Dingen, von denen er zumindest weniger Ahnung als sein Freund hatte. Nicht selten folgten dem auch laute Worte mit schlagenden Türen, unterstrichen vom nachhängenden alles betäubendem Geruch von Tobis so heiß geliebten Duftkerzen.
Sofort blinzelte er dieses Bild vor seinen Augen weg, er wollte jetzt nicht daran denken. Er konnte jetzt nicht daran denken, deswegen war er nicht hier. Nach einem tiefen Atemzug hatte er sich wieder im Griff, sein Herz wummerte wieder aufgeregt, immerhin fehlte von diesen Stimmungsverderbern jede Spur.
Manuels Blick wanderte wieder zu dem Mann, der immer noch an der gleichen Stelle stand, als wäre er dort festgewachsen. Ein Lächeln legte sich auf dessen Lippen, ließ weiße Zähne hervor blitzen.
„Okay so?“
„Ja, sehr.“
Der Student war eine halbe Armlänge neben seinem Date stehen geblieben und erwiderte das Lächeln. Die warme, tief-dunkle Stimme kribbelte noch immer in seinem Ohr und schickte sich an, kleine Schmetterlinge in seiner Magengegend zu wecken. Er konnte den intensiven Blick auf seiner Haut spüren, ein prickelnder Schauer huschte über seinen Nacken.
Vorsichtig erwiderte Manuel das Lächeln, doch wich er einem direkten Blickkontakt aus. Es machte ihn nervös, hier zu stehen, mitten in der neumondfinsteren Nacht, in der sternenklaren Stille. Seine Finger spielten miteinander, nur um der kribbeligen Energie, die diese warmen, kastanienbraunen Augen in ihm anfachten, ein Ventil zu geben. Immer wieder flog sein Blick zu dem jungen Mann, der viel zu nah und doch nicht ansatzweise nah genug bei ihm stand.
Die kleinen flattrigen Flügelwesen in seinem Bauch wuselten bei jedem kurzen gekreuzten Blick mehr durcheinander, ließen sein Herz wilder klopfen und die Leere in seinem Kopf noch leerer werden. Er war im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos. Ihm fiel nichts, aber auch wirklich gar nichts ein, um diese Stille zu durchbrechen. Dabei war er sonst nicht auf den Mund gefallen, was ihm Tobi bei jeder sich bietenden Gelegenheit und mit nicht immer gleich bleibender Begeisterung bestätigte.
Hastig schüttelte Manuel den Kopf, verscheuchte diesen kleinen Gedanken. Er wollte nicht daran denken, nicht jetzt.
Im Moment zählte nur dieser süße Typ, dessen Nähe ihn vom ersten Augenblick an gefesselt hatte. Diese samtige Haut, die auch ohne Mondlicht in dem sanften Braunton früher Herbstkastanien schimmerte. Diese ruhigen, tiefbraunen Augen, die ihn abwartend beobachteten, aber keine Sekunde losließen. Diese vollen Lippen, die zum Genießen einluden, mit der gleichen Suchtgarantie wie dunkle Schokolade. Süchtig machend nach mehr, mehr, mehr.
Plötzlich wurde ihm eine kleine, braune Kastanie entgegengehalten. Erstaunt zog der Dunkelhaarige eine Augenbraue hoch. Mit großen Augen verfolgte er die Bewegung des Anderen, der nach Manuels Hand angelte und ihm die kleine kühle Baumfrucht in die Hand drückte. Einen Augenblick ließ er seine Finger auf der Hand liegen, strich ganz zart über die Knöchel. Kurz klopfte er auf das kleine Geschenk, das den gleichen sanften dunklen Braunton hatte wie seine Haut.
„Für dich. Eine kleine ... Erinnerung am mich.“
Irritiert blickte der Student auf, doch das Lächeln des anderen
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