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Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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ganz schlecht getimt. »Nein.«
    »Hast du dich deshalb sterilisieren lassen?«
    »Nein. Hör mal, Judith, was soll das …«
    »Du willst keine Kinder, aber du willst theoretisch schon zeugungsfähig sein, denn vielleicht überlegst du es dir ja irgendwann anders.«
    Sie grinst. Wischt sich eine ihrer drahtigen Locken aus dem Gesicht.
    »Damit bestätigst du jede Statistik. Fast jeder Mann, der sich sterilisieren lässt, hat zuvor schon ein Kind gezeugt, meist sogar mehrere. Die OP ist die Notbremse, könnte man sagen.«
    Notbremse, ja. Ein gutes Wort. Sonja nimmt die Pille nicht. Sie hatten es mit Kondom gemacht. Meistens. Fast immer.
    »Du glaubst also, Röttgen hat ein Kind gezeugt«, sagt er lahm.
    Die Krieger nickt. »Es gibt dieses Kind und es hat eine Mutter. Die müssen wir finden. Dann kommen wir weiter.«
    »Der Täter ist laut DNA-Analyse männlich.«
    »Die Mutter ist trotzdem wichtig.«
    »Und wer ist der Täter?«
    »Jemand, der ihr nahesteht. Oder aber jemand, der sich durch Röttgens Vaterschaft bedroht fühlte.«
    »Du meinst, Röttgen wollte aussteigen, die Kirche diskreditieren? Seine Versetzung in die Telefonseelsorge war nur der erste Schritt, ihn davon abzuhalten?«
    »Ich weiß es nicht.« Die Krieger schielt nach ihrem Tabak, der an gewohnter Stelle neben ihrem Handy liegt. »Die katholische Kirche hat kein Interesse daran, die Fehltritte ihrer Priester zu veröffentlichen. Manchmal zahlen sie diesen heimlichen, ungewollten Kindern wohl Alimente. Manchmal tun das auch die Priester aus eigener Tasche. Doch immer ist die Voraussetzung dafür, dass sich die Frauen zum Schweigen verpflichten.«
    Schweigen. Vertuschen. Ignorieren. Es darf nicht geben, was es nicht geben soll. Er kennt das, er hasst das, er traut jedem Priester durchaus einiges zu – doch Mord?
    »Die wenigen Priester, die sich in der Vergangenheit offen zu ihrer Vaterschaft bekannt hatten, haben alles verloren: Sie wurden aus der Kirche ausgeschlossen, sie verloren also sowohl ihre Glaubensgemeinschaft als auch ihre berufliche Existenz«, sagt die Krieger.
    VaterMutterKind. Es ist heiß hier, stickig. Manni zieht seine Jacke aus und stellt ein Fenster auf Kipp.
    »Was ist mit dieser Botschaft, Mörder?«, fragt er. »Und was ist mit Weiß?«
    Judith Krieger seufzt. »Wir wissen so vieles noch nicht: Wo und wann ließ sich Röttgen sterilisieren? Wo sind sein Adressbuch und sein Handy? Warum hat der Täter vor der Tat bei ihm, aber nicht bei Weiß angerufen? Plant dieser Täter noch weitere Morde? Und, und, und.«
    Sie runzelt die Stirn, wendet sich wieder dem Stadtplan zu, malt weitere Kringel, während sie spricht. »Hier unterhalb des Priesterseminars ist die Telefonseelsorge. Hier, gleich um die Ecke davon, ist Röttgens Wohnung und dort, quasi direkt auf dem Weg zwischen Sankt Pantaleon und dem Priesterseminar, wohnt Ruth Sollner mit ihrer Tochter.«
    »Die Sollner wohnt zwischen den beiden Tatorten, ja. Und?« In Ermangelung irgendeines freien Stuhls oder einer Garderobe wirft Manni seine Jacke auf ein Regal.
    »Hier bei der Kirche Sankt Severin liegt die Dienstwohnung von Hartmut Warnholz.« Die Krieger wechselt den Stift und markiert eine Linie von Warnholz' Wohnung zur Telefonseelsorge. »Sein Fußweg zur Telefonseelsorge führt ihn ohne nennenswerten Umweg an beiden Tatorten und an der Wohnung Ruth Sollners vorbei, und«, sie tippt auf Sankt Pantaleon, »genau hier haben sich Warnholz, Röttgen und der im letzten Sommer verstorbene Priester Braunmüller immer getroffen. Jeden Dienstagabend, um genau zu sein. Sie haben dort zusammen musiziert.«
    Manni starrt sie an. »Woher weißt du das?«
    »Warnholz hat es mir gesagt.«
    »Du hast ihn vernommen?«
    »Nicht wirklich, eher inoffiziell.«
    »Weiß Kühn das?«
    Sie schüttelt den Kopf, unwillig, wie eine Katze, die man falsch berührt. »Nach Braunmüllers Tod haben sich Warnholz und Röttgen dann bei Warnholz getroffen. Warnholz sagt auch, Röttgen habe Sankt Pantaleon geliebt.«
    »Wenn er nach den Abenden bei Warnholz heimging, kann er dort noch vorbeigeschaut haben«, folgert Manni.
    »Ja, jede Woche, aber nicht an dem Abend, an dem Weiß dort ermordet wurde.« Die Krieger legt den Stift beiseite und massiert ihr bandagiertes Handgelenk. »An diesem Dienstag hatten sie nämlich beschlossen, sich nicht zu treffen.«
    »Weil Karneval war.«
    »Ja.«
    »Die Laterne vor Sankt Pantaleon hat nicht funktioniert«, sagt Manni langsam. »Ein Defekt in der Leitung, sagen die

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