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Farben der Sehnsucht

Titel: Farben der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaugth
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Schwester! Sie ist so leblos. Kein Wunder, daß die Leute sie für kühl und hochmütig halten.«
    »Und wofür hältst du sie?«
    »Ich weiß es noch nicht.«
    »Wie findest du deinen Vater?«
    »Ich habe bisher noch einen eher verschwommenen Eindruck von ihm. Jedenfalls kann ich nun einigermaßen nachvollziehen, was meine Mutter in ihm gesehen hat. Sie war damals erst achtzehn, und er hat sehr viel Charme und gute Manieren, und er sieht verdammt gut aus. Ich kann verstehen, daß sie von ihm fasziniert war.«
    »Was denkst du über Maitland?«
    Die Frage überraschte Sloan, da er weder ein Familienmitglied noch von beruflichem Interesse für ihn war. »Gutaussehend«, gab sie widerstrebend zu.
    »Er fand dich ungeheuer attraktiv. Am Anfang konnte er seinen Blick gar nicht von dir losreißen.«
    »Du meinst, vor dem Dinner, bis er schließlich entdeckte, daß ich eine völlige Idiotin bin«, sagte sie bedauernd.
    In einer spontanen Geste ließ Paul ihre Hand los, legte ihr statt dessen den Arm um die Schultern und drückte sie herzlich. »Du warst absolut phantastisch.«
    Sloan stutzte einen Moment über die spontane Ehrlichkeit in seiner Stimme und sah ihn kurz von der Seite an. »Danke«, sagte sie schlicht, und zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, daß er großen Respekt vor ihr empfand und gern mit ihr zusammenarbeitete.
    »Du hast deinen Ausweis und deine Waffe nicht irgendwo liegenlassen, wo sie jemand entdecken könnte?« fragte er nach einer Weile.
    »Nein, ich habe sie in meinem Zimmer gut versteckt.«
    »Wenn du willst, können wir gerne zurückgehen. Du kannst es sicher nicht erwarten, in deinem Buch weiterzulesen.«
    Sloan kehrte um und ging langsam zum Haus zurück. Da Paul in guter Laune zu sein schien, beschloß sie jedoch, ihm noch ein paar Informationen zu entlocken. »Ich würde nur allzugern wissen, wonach genau du in diesem Haus suchst«, begann sie.
    »Wenn ich dir darauf eine exakte Antwort geben könnte«, erwiderte er, »könnte ich mir ohne weiteres einen richterlichen Durchsuchungsbefehl beschaffen und hätte nicht auf deine Hilfe zurückgreifen müssen.«
    In einem etwas leichteren Ton fügte er hinzu: »Was auch geschehen mag, mein Aufenthalt hier wird doch nicht ganz umsonst gewesen sein. Ich habe heute abend am Eßtisch ein paar interessante Dinge aufgeschnappt, als dein Vater und Maitland sich über Wirtschaft unterhielten.«
    »Was denn zum Beispiel?«
    Er lachte kurz. »Zum Beispiel, daß ich mein Geld anders anlegen muß. Ist doch interessant, daß sie so unterschiedliche Meinungen haben? Dein Vater kontrolliert eine Bank, die internationale Filialen hat, und Maitland betätigt Geschäfte in der ganzen Welt. Sie haben im Grunde die gleichen Interessen und eine globale Perspektive. Ich hatte erwartet, daß sie auch mehr oder weniger dieselbe Meinung haben würden.«
    »Das gleiche ist mir auch aufgefallen«, sagte Sloan. »Im Grunde hatte ich den Eindruck, daß sie zwar die gleichen Entwicklungen erwarten, aber unterschiedliche Ansichten darüber haben, wann diese eintreffen und welche Konsequenzen sie mit sich bringen würden. Jedenfalls besteht kein Zweifel, daß sie beide viele Auslandsinvestitionen tätigen.«
    Er lächelte sie vielsagend an. »Das habe ich auch bemerkt.«
    Er begleitete sie zu ihrem Zimmer, doch statt sich im Gang zu verabschieden, folgte er ihr ins Schlafzimmer und schloß die Tür; dann stand er da und wartete.
    »Was machst du denn noch hier?« fragte Sloan, die schon den halben Raum durchquert hatte und gerade ihre Ohrringe herausnahm.
    »Ich gebe dir einen Gutenachtkuß«, scherzte er.
    Als er gegangen war, beschloß Sloan, einen Brief an Sara zu schreiben, solange die Ereignisse des Abends noch so frisch in ihrem Gedächtnis waren. In dem antiken Wandschrank, der gegenüber von ihrem Bett stand, befand sich auch ein Fernseher, und sie schaltete die Nachrichten auf CNN an; dann begann sie mit ihrem Brief.

16
    Normalerweise war die erste Stunde nach Sonnenaufgang für Sloan die Zeit, in der sie am liebsten einen Strandlauf unternahm, aber als sie aufwachte, war es schon fast sieben Uhr. Sie sprang eilig aus dem Bett, band ihr Haar zu einem Pferdeschwanz und zog eine kurze Hose und ein T-Shirt an, das Sara wider Erwarten in ihrem Koffer gelassen hatte.
    Das Haus schien völlig verlassen, als sie leise durch den Gang und die Treppen hinunterging, aber draußen waren zwei Männer schon damit beschäftigt, eine Hecke zu stutzen. Sloan winkte ihnen zu, als sie

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