Farben der Sehnsucht
erleichtert auf, als Paul und Paris, die bisher miteinander getanzt hatten, nun fröhlich auf sie zukamen und Paul einen Partnerwechsel vorschlug, der ihr jedes weitere Wort ersparte.
»Noah«, sagte Sloan jedoch noch, als er sich abgewandt hatte, um mit Paris zu tanzen.
Der Klang ihrer sanften Stimme und die Tatsache, daß sie ihn beim Namen genannt hatte, kam so überraschend und tönte Noah so süß in den Ohren, daß er wie angewurzelt stehenblieb und sich umdrehte. »Ja?«
»Es wäre nett, wenn du nachher mit Courtney tanzen würdest.«
»Mit Courtney?« wiederholte er überrascht, da er selbst niemals auf den Gedanken gekommen wäre, seine Schwester um einen Tanz zu bitten. Mit amüsiertem Entsetzen dachte er an Courtneys Militärboots, nickte dann aber bereitwillig. »Gut, das werde ich tun.«
Nachdem er seinen Tanz mit Paris beendet hatte, hielt er unverzüglich nach Courtney Ausschau und entdeckte sie schließlich ganz in der Nähe. Er wollte Sloan nicht enttäuschen, war aber der festen Überzeugung, daß Courtney seine Aufforderung sowieso zurückweisen würde. »Miss Maitland, wie wär’s mit einem Tanz?«
Sie starrte ihn fassungslos an. »Mit dir?«
»Nein, mit dem Kellner«, versetzte er trocken, bemerkte dann aber, daß sie sich schon hinunterbeugte und einen ihrer Schuhe aufschnürte. Bevor sie sich auch an den zweiten machte, zögerte sie und warf ihm von unten einen mißtrauischen Blick zu. »Meinst du es wirklich ernst?«
Als ihm bewußt wurde, wie sehr sie sich über seine Aufforderung freute, fühlte er sich plötzlich schuldig, daß er nicht von selbst daran gedacht hatte. »Ja, ich meine es ernst.«
Wenig später mußte er feststellen, daß seine kleine Schwester eine überraschend gute Tänzerin war. »Wo hast du denn so gut tanzen gelernt?«
Sie verdrehte fassungslos die Augen über ein solches Ausmaß an männlicher Ahnungslosigkeit. »Tanzen ist Frauensache. Wir können das alle praktisch von Geburt an. Wirst du versuchen, Sloan ins Bett zu bekommen?«
»Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.«
»Tu mir einen Gefallen und laß sie in Ruhe. Du wirst sie am Ende doch sitzenlassen wie all die anderen Frauen. Dann wird sie verletzt sein, und wir werden sie nicht Wiedersehen.
Sie ist nett. Ich möchte sie wirklich gern als Freundin haben.«
Noah sah überrascht in das ehrlich besorgte Gesicht seiner Schwester. Er fühlte sich plötzlich beschämt und bloßgestellt. Sloan war so großmütig und mitfühlend, daß sie sich sogar auf einer Party, in der sie selbst im Zentrum der Aufmerksamkeit stand, Gedanken um Courtneys Gefühle machte. Und selbst Courtney schien ihm nicht mehr der verzogene Teenager, der ihn mit seinen Launen zur Weißglut bringen konnte. Noah warf einen weiteren, fast zärtlichen Blick auf seine Schwester und sagte dann ruhig: »Sloan ist schon deine Freundin.«
Er verbrachte den Großteil des verbleibenden Abends im Gespräch mit Freunden und Bekannten, immer mit dem heimlichen Wunsch, sie würden sich endlich verabschieden und gehen. Die Zeit bis zum Ende der Party schien sich ewig hinzuziehen, und um Sloan wenigstens in seiner Nähe zu haben, schloß er sie immer wieder in die Plaudereien mit seinen Freunden ein. Sie verschwand jedoch wiederholt, um mit ihrem Vater oder mit einem der männlichen Gäste zu tanzen. Noah selbst tanzte nur noch zweimal mit Courtney.
27
Sloan stand mit Paris und ihrem Vater an der Eingangstür und verabschiedete sich von den letzten Gästen, einem Ehepaar, das zu Carters engsten Freunden zählte. Noah und die anderen Gäste waren längst gegangen; Edith hatte sich schon vor Stunden zurückgezogen, und auch Paul hatte sich vor einer halben Stunde zur Ruhe begeben, während Senator Thurmond Meade und seine Frau mit ihren Gastgebern noch in eine intensive politische Diskussion verstrickt gewesen waren.
»Gute Nacht, Sloan«, sagte Mrs. Meade nun. »Ich freue mich wirklich, Sie kennengelernt zu haben. Ich werde das Rezept für die Salbe, die Sie mir heute für meinen wunden Arm gegeben haben, gleich ausprobieren.«
Dann wandte sie sich an Paris und berührte mit ihrer Wange leicht die ihre, eine Geste, die Sloan inzwischen als den Abschiedskuß der High Society von Palm Beach kannte. »Du ungezogenes Mädchen«, sagte sie in scherzhaftem Ton zu Paris. »Ich kann gar nicht glauben, daß du dein Talent die ganze Zeit für dich behalten hast! Wenn Sloan uns nicht gesagt hätte, daß du eure beiden Kleider selbst entworfen
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