Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
Licht und den Geräuschen, die durch einige offene Fenster drangen, deutlich zu erkennen war. Aléas verlagerte sein Gewicht vom einen Fuß auf den anderen und hatte Angst, sich zu setzen, da er möglicherweise nicht mehr ohne Hilfe aufstehen konnte. Er gesellte sich zu Asch an der Brüstung, richtete den Blick kurz auf den Turm und dann lieber auf den Rest der Stadt, deren Umrisse im Nebel nur undeutlich wahrzunehmen waren.
Vielleicht sterbe ich heute , hallte es durch seine Gedanken, als ob diese von seinem Körper losgelöst wären.
Sein Magen schien in Flammen zu stehen.
Er hörte, wie sein Meister hinter ihm das Morgengebet verrichtete. Ohne hinzusehen wusste er, dass Baracha mit vor der Brust gekreuzten Armen auf dem Boden kniete und das Gesicht der schwachen Andeutung einer Sonne entgegengestreckt hatte. Heute würde er in seinem Gebet um Mut und den Segen des wahren Propheten Zabrihm bitten.
Asch kniete sich auf das flache Dach und nahm eine Meditationshaltung ein.
»Komm«, sagte er zu Aléas, »leiste mir ein wenig Gesellschaft. «
Warum nicht, dachte Aléas und kämpfte mit seinem zusätzlichen Gewicht, während er sich neben Asch kniete.
Aléas atmete tief durch und suchte in sich nach Stille. Sie würde nicht leicht zu ihm kommen, denn sein Körper war aufgeregt und angespannt. In Zeiten wie diesen wünschte er, er könnte wie Baracha an die Macht des Gebetes glauben. Stattdessen hielt er sich an seiner eigenen Litanei fest, an seinem eigenen Ruf nach dem Sinn dessen, was er tun würde.
Ich tue dies für meinen Freund , versicherte er sich. Denn er verdient meine Treue, und außerdem bin ich gebürtig aus Mhann und muss Buße tun für die Handlungen meines Volkes. Wenn ich sterbe, habe ich einer gerechten Sache gedient.
Wenn ich sterbe, werde ich …
Schritte ertönten vom hinteren Teil des Daches.
»Deine Armee«, verkündete Baracha und richtete sich auf.
Aléas drehte den Kopf, als ein Mann aus dem Nebel auftauchte und ihnen entgegen kam. Er machte große Augen, als er ihren Aufzug betrachtete.
»Ihr Verrückten wollt das also wirklich durchziehen, was?«
»Du bist spät dran«, antwortete Baracha.
Der Mann pflückte sich den zerbeulten Zylinder vom Kopf. »Entschuldigung«, sagte er und verneigte sich so tief, dass der Hut in seiner Hand beinahe über das Betondach schabte. »Die Anweisungen, die mir dein Mädchen gegeben hat, waren ein bisschen dürftig, aber jetzt bin ich hier und habe das dabei, was ihr braucht.«
Als sie sich alle zu ihm umdrehten, roch Aléas den Gestank des Mannes selbst aus der Entfernung von einigen Fuß. Das ausgedünnte Haar hing ihm in glatten Strähnen vom Kopf, der mit Schuppen bedeckt war, und sein dürrer Körper bog sich unscheinbar unter dem fleckigen Umhang. Als er sich kratzte, sah Aléas, dass die Fingernägel des Mannes mit Schmutz überzogen waren. Als er grinste, glichen seine Zähne braunem Brei.
Der Neuankömmling atmete feucht aus und zog etwas aus der tiefen Tasche seines Mantels. Es war eine Ratte. Die Kreatur wand sich, als er sie am Schwanz gepackt hielt. Das Tier war völlig weiß; die Augen waren rosig.
Aus einer anderen Tasche nahm der Mann ein zusammengefaltetes
Blatt Papier. Er öffnete es mit der einen Hand; darin befand sich eine winzige Menge weißen Pulvers.
Er blies es der Ratte ins Gesicht. Das Wesen zuckte und gab einen Laut von sich, der ein Niesen hätte sein können.
Fasziniert beobachtete Aléas, wie der Besucher die Ratte hin und her schwenkte, während das Tier unablässig kämpfte. Einmal übertrieb er das Schwingen, so dass die Ratte nach oben flog, sich drehte, wieder herunterfiel und unmittelbar in seinem weit aufgerissenen Mund landete. Er drückte die Kiefer zusammen, und der rosafarbene Schwanz hing schlaff zwischen seinen Lippen.
Der Mann sah sie alle nacheinander an und bemerkte das Entsetzen in den Blicken – mit Ausnahme von Asch, der gewusst hatte, was kommen würde.
Der Rattenmann ließ sich auf Hände und Knie herunter. Als sein Kinn beinahe das Dach berührte, zupfte er an dem Schwanz und zog die weiße Ratte aus dem Mund. Er legte sie auf den Beton; sie schien tot zu sein.
Er blies Luft in ihr winziges Gesicht. Die Ratte regte sich, ihre Barthaare zuckten, und sie öffnete die Augen. Dann rollte sie sich auf die Seite und starrte ihn an, als wäre sie hypnotisiert. Der Mann nahm das Wesen in die Hand und erhob sich vorsichtig. Nun näherte er sich nacheinander den einzelnen Rō̄schun. Vor jedem
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