Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
drückte er das Tier, worauf es einen Urinstrahl auf ihre Kleidung spritzte. Der Gestank erfüllte Aléas’ Nase.
Der Fremde zog einen Leinwandbeutel aus einer anderen
tiefen Tasche. Er warf die Ratte hinein, zupfte sich mit großer Sorgfalt ein Haar vom Kopf und band den Beutel damit zu. Die Ratte darin regte sich heftig; der Beutel schien sie kaum halten zu können.
»Hier«, sagte er und hielt Asch den zuckenden Beutel entgegen. Asch blinzelte ihn an. Er deutete auf Baracha, und der Mann bot ihn dem Alhazii an.
Baracha wollte ihn noch weniger haben. »Der Junge kann ihn nehmen«, entschied er.
Und so wurde Aléas noch eine weitere Last aufgebürdet: der Sack mit der strampelnden Ratte.
»Er ist ein Rattenkönig«, erklärte der Mann Aléas. » Sie werden zu ihm kommen, wenn er sie ruft.«
»Und wann wird das sein?«
»Jetzt.«
Aléas sah sich um. Er sah nichts – schon gar keine Ratten.
»Vielen Dank«, sagte Asch barsch und gab dem Mann eine Börse mit Geldstücken.
Der Mann verneigte sich abermals, jedoch weniger tief. Er tippte sich an seinen Hut, nachdem er ihn wieder aufgesetzt hatte. »Ich wünsche Euch viel Glück, aber das scheint heutzutage Mangelware zu sein. Wie dem auch sei, es ist eine Schande, dass es an Narren verschwendet wird. Lebt wohl, Asch. Möge Euer Ende glorreich sein.«
Mit diesem letzten Gruß hüpfte er davon.
»Als ich sagte, dass wir eine Armee brauchen«, murmelte Baracha, während sie die Straße überquerten und sich der Brücke näherten, »habe ich das wortwörtlich gemeint. Männer, Soldaten. Mit Waffen. In Rüstungen. Und mit Disziplin. «
Am Rande ihres Blickfeldes sahen sie, wie kleine Gestalten aus dem Nebel hervorkamen und wieder in ihm verschwanden. Die Ratten kamen aus den Löchern.
»Diese hier sind besser«, sagte Asch.
Die Rōschun hielten vor einem gedrungenen Wächterhäuschen an, das ihnen den Weg auf die Brücke versperrte. Ein maskierter Akolyt trat heraus und hatte die Hand auf den Knauf seines Schwertes gelegt. Er sagte etwas, hielt aber sofort inne, als Asch ihm ein Messer in die Lunge rammte.
Asch zog die Klinge wieder heraus; Luft pfiff aus der klaffenden Wunde. Der Mann fiel auf die Seite und keuchte hinter seiner Maske wie ein Fisch auf dem Trockenen.
Baracha trat über ihn hinweg. Der Lärm eines kurzen Handgemenges drang aus dem Wächterhäuschen. Der Alhazii kam mit grimmiger Mine wieder heraus. Sie betraten die Brücke.
Aléas trug noch den Beutel in der Hand, der jetzt ganz schlaff war. Der Rattenkönig strampelte nicht länger. Der Junge warf einen Blick über die Schulter und sah, dass ihnen eine gestaltlose Masse folgte. Der Turm ragte vor ihnen auf, und verborgene Augen beobachteten ihr Nahen. Gucklöcher und Schießscharten waren in die unteren Stockwerke des Turms eingelassen und sprangen
aus ihm vor, so dass Bogenschützen unmittelbar nach unten schießen konnten. Aléas versuchte, sich in seiner Robe und unter seinem hohen Gewicht ganz normal zu bewegen.
Sie hielten am Fuß des Turmes vor dem gewaltigen Eisentor an. Ein kleines Gitter wurde in Hüfthöhe geöffnet und enthüllte nur Schwärze dahinter.
Aléas tat, was ihm aufgetragen war. Er zog den Leinwandbeutel auf, zerriss dabei das Haar, mit dem er zugebunden war, und kippte das Tier durch das Loch.
Fast sofort tauchten seine Rattengefährten aus dem Nebel auf und huschten auf das Tor zu. Die drei Rō̄schun wichen zur Seite und wischten sich die strampelnden Kreaturen von den Beinen. Die Ratten türmten sich vor dem Tor übereinander auf wie treibende Blätter im Wind, bis die obersten in der Lage waren, durch das offene Gitter zu springen.
»Rauch«, verlangte Asch und öffnete die Hand. Aléas tastete unter seiner Robe nach einem der kleinen Säckchen mit Juperinde und Barrissamen und warf es ihm zu.
Drinnen ertönten Schreie. Es wurde Alarm gegeben, eine Glocke schlug heftig.
Der Farlander bückte sich und entzündete die Rute des Säckchens mit einem Streichholz. Er warf den kleinen Beutel zu Boden, wo er Wolken aus weißem Rauch ausstieß, der den natürlichen Schutz des Nebels noch verstärkte. Ein Pfeil ging vor Aléas’ Füßen nieder, und ohne nachzudenken hob er seine Doppel-Armbrust, zielte auf eine Schießscharte etwa zwanzig Fuß über seinem
Kopf und feuerte einen Pfeil ab. Aus einer anderen Schießscharte spuckte ein Gewehr eine Rauchwolke und fliegendes Blei aus, das nur an seinen blutigen Auswirkungen zu erkennen war, als es seinen Weg durch
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