Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
größte Bedrohung für unseren Orden?«
Er öffnete und schloss den Mund mehrmals, bevor er seinen Worten eine Stimme verleihen konnte. »Ich … ich weiß nicht. Wir herrschen über den größten Teil der bekannten Welt. Wir sind überall die stärkste Kraft. Ich … sehe keine Bedrohung für unseren Orden.«
Sie schloss kurz die Augen, als ob ihr die Lider zu schwer wären. »Die größte Bedrohung«, psalmodierte sie, »kommt immer von innen . Beständig müssen wir uns gegen unsere eigenen Schwächen schützen. Wir müssen es verhindern, dass wir verweichlicht werden und jene in unseren Orden aufnehmen, die nicht den rechten Glauben haben. Auf diese Weise werden alle Religionen am Ende hohl und bedeutungslos. Sicherlich stimmt Ihr mir zu.«
»Herrin, ich …«
Sie öffnete wieder die Augen, und der Hohepriester verstummte. Seine Hände, die auf dem Tischtuch lagen, zitterten deutlich.
»Ich möchte mich für Eure Gastfreundschaft an diesem Abend bedanken«, sagte sie zu ihm und betupfte sich den Mund mit der Serviette, bevor sie auch diese ablegte.
Die alte Priesterin hob die skelettartige Hand und schnippte einmal. Es klang wie das Brechen eines Knochens. Sofort setzten sich die vier Akolyten, die reglos im Raum gestanden hatten, in Bewegung.
Das Mädchen kreischte auf, als sie über es herfielen.
Ihr Verlobter schwang die Faust und war so verzweifelt
und in Panik, dass er einen der herbeieilenden Akolyten am Kinn traf.
Sofort zog ein anderer Akolyt sein Schwert und wollte zuschlagen. Der Verlobte hob instinktiv den Unterarm, um den Schlag abzufangen, und mit der gedankenlosen Schlichtheit eines Metzgers hieb der Akolyt ihn sauber ab, hob dann erneut seine Waffe und senkte sie in die Schulter des Verwundeten. Die abgetrennte Hand war bereits auf den Boden gefallen. Der Arm schlug daneben auf, rollte herum und blieb neben der nach oben weisenden Handfläche liegen, während der Verlobte schreiend niederstürzte. Blut spritzte in alle Richtungen.
Die Mutter erhob sich und erbrach einen Schauer aus kaum verdauten Krabben auf das bestickte Tischtuch.
Der Vater murmelte unverständliche Worte, taumelte am Tisch entlang auf seine Tochter zu und erhob die Stimme. Aber er rutschte auf der sich rasch vergrößernden Blutlache aus, brachte sich wieder ins Gleichgewicht und griff sich an die Brust. Sein Gesicht war zu einer Maske der Anspannung geworden.
Die Tür am gegenüberliegenden Ende des Zimmers wurde aufgeworfen, und die Wachen des Hauses stolperten mit bereits gezogenen Schwertern herein. Sie betrachteten die Szenerie: Ihr Herr taumelte am anderen Ende des Zimmers, als ob er betrunken wäre, auf dem Boden lag die blutende Masse eines Mannes, der noch immer schrie, die Tochter kämpfte im Griff der Akolyten, und an den schmalen Enden des Tisches saßen die beiden weiß gekleideten Gäste aus Q’os in aller Gelassenheit und nippten an ihrem Wein.
Die Männer wichen langsam aus dem Raum und schlossen die Tür leise hinter sich.
Der Hohepriester ächzte und fiel auf die Knie, während Kira sich über ihn stellte.
»Bitte«, gelang es ihm kaum zu sagen, während er sich weiterhin an die Brust packte. Eine kleine Klinge erschien in Kiras Hand. Mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung fuhr sie ihm damit über die Kehle.
»Ergreift auch die Mutter«, befahl sie, während sie über dem Sterbenden stand.
Die Akolyten packten die Mutter und zerrten sie und ihre kreischende Tochter aus dem Zimmer. Kira hielt inne und schaute hinunter auf Belias. Sie starrte in seine rollenden Augen.
»Seid nicht verbittert«, sagte sie zu ihm, obwohl es zweifelhaft war, dass er sie überhaupt verstand. »Ihr habt uns gut ausgebeutet – solange Ihr Gelegenheit dazu hattet.«
Kira trat über den Hohepriester, anstatt um ihn herum zu gehen, und hinterließ eine Spur aus anmutigen blutigen Fußabdrücken.
Kirkus trank seinen Wein mit einem Schluck aus und stand auf.
In der großen Halle des Hauses warteten die Wachen mit schlecht verhüllter Angst. Egan, der Kanzler des Hohepriesters, stand vor ihnen und hatte die Hände in den Ärmeln seiner weißen Robe verborgen. Sein silbernes Haar bildete einen starken Kontrast zur Röte seines Gesichts. Zuerst glaubte Kirkus, es wäre Zorn, bis er ein interessantes Glimmern in den Augen des Mannes bemerkte,
die nun Mutter und Tochter folgten, während sie hinaus in den Regen geschleift wurden. Kirkus fragte sich, ob es dieser Mann gewesen war, der früher am Tag die Botschaft
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