Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
geschrieben hatte.
»Wir benötigen einen neuen Hohepriester, Kanzler Egan«, verkündete Kira.
»Allerdings«, schnurrte der Mann.
»Ich hoffe, Ihr werdet ein hingebungsvollerer Anhänger unseres Glaubens sein, als es Euer Vorgänger je war.«
Egan neigte den Kopf. »Er war schwach, Herrin. Das bin ich nicht.«
Kira taxierte den Mann noch einen Augenblick lang, dann drehte sie sich mit einem schnaubenden Geräusch rasch um und huschte durch die Vordertür.
Kirkus folgte seiner Großmutter pflichtergeben nach draußen.
KAPITEL FÜNF
Im Fluge
Die Kabine stank nach Schimmel, Feuchtigkeit und Erbrochenem. Nichts regte sich in dem Raum, aber die sanfte Bewegung des Luftschiffes war an dem gelegentlichen Knirschen der Holzbohlen, dem Klappern der Laterne an der Decke und dem schwachen Gefühl des Steigens und Fallens in den Tiefen seiner Eingeweide zu spüren. Nico lag mit bleichem Gesicht in seiner Koje. Ihm war schlecht.
Kurz nachdem das Schiff von Bar-Khos abgelegt hatte und in den wolkigen Himmel gestiegen war, hatte Nico auf das tief unter ihm liegende und immer kleiner werdende Land gestarrt und sich mit einem Gefühl der Leichtigkeit im Kopf und Übelkeit im Bauch an der Reling festgehalten. Drei Tage lag er nun schon elend und in ängstlicher Spannung in seiner Koje. Gelegentlich beugte er sich über den Rand und übergab sich in einen hölzernen Eimer, der auf dem Boden stand. Das Sprechen bereitete ihm inzwischen Schmerzen, denn sein Hals war ganz verbrannt von der Galle, die er ausspuckte.
Er aß wenig, nahm nur Wasser oder Suppe zu sich, die er lange genug im Magen behalten konnte. Jeden Augenblick, ob im Schlaf oder in wachem Zustand, war er sich der Tausenden Fuß leerer Luft bewusst, die sich unter ihm erstreckte, und der andauernden Spannung der Seile und Verstrebungen, an denen die Kabine von dem dünnen, gasgefüllten Ballon herabhing. Jeder plötzliche Ruf eines Mitglieds der Mannschaft an Deck, jedes Stampfen von Füßen und jede Drehung des Schiffes schien Nico von bevorstehendem Unheil zu künden. Ein solches Elend hatte er nie zuvor verspürt.
Die meiste Zeit verbrachte er allein. Zwar teilte Asch die enge Kabine mit ihm, aber der alte Farlander schien Nicos andauerndes Gewürge nicht zu schätzen. Er verlor die Geduld, legte irgendwann den kleinen Gedichtband, den er stets las, beiseite und stapfte murmelnd hinaus an Deck. Daher war es der Schiffsjunge Berl, der sich fortan um Nico kümmerte und ihm Speise und Wasser brachte.
»Du musst essen«, beharrte der Junge, als er Nico eine Schüssel mit Brühe entgegenhielt. »Du bist doch nur noch Haut und Knochen.« Aber Nico zog eine Grimasse und schob die Schüssel beiseite.
Berl seufzte über diese Halsstarrigkeit. »Dann wenigstens Wasser«, sagte er. »Du musst etwas Wasser trinken, egal ob du es bei dir behalten kannst oder nicht.«
Nico schüttelte den Kopf.
»Wenn du es nicht tust, muss ich deinen Meister holen. «
Schließlich willigte Nico ein, einen Schluck Wasser zu
trinken, auch wenn er es nur tat, um den Jungen zu besänftigen. Er fragte, wie spät es war.
»Später Nachmittag. Hier drinnen merkst du nichts davon, weil die Fensterläden die ganze Zeit über geschlossen sind. Du brauchst frische Luft. Hier stinkt’s. Kein Wunder, dass dein Meister fast die ganze Zeit an Deck verbringt.«
»Mir gefällt die Aussicht nicht«, sagte Nico zu ihm und dachte an den ersten Morgen im Schiff, als er die Läden aufgestoßen hatte und sofort vor dem Anblick, der sich ihm geboten hatte, zurückgewichen war.
Er ächzte und packte sich an den schmerzenden Bauch. »Ich glaube, mit mir stimmt etwas ganz und gar nicht.«
Berl grinste. »Als ich das erste Mal hier oben war, bin ich eine ganze Woche lang krank gewesen. Das ist normal. Manche bekommen ihre Flügel schneller als andere.«
»Flügel?«
»Ja. Mach dir keine Sorgen. In ein paar Tagen geht es dir wieder prima.«
»Ich fühle mich, als würde ich sterben.«
Der Junge legte die Öffnung des Wasserschlauchs wieder an Nicos Lippen.
Berl schien nicht älter als vierzehn zu sein, aber er strahlte die Zuversicht eines Erwachsenen aus. Während sich Nico den Mund trockenwischte, betrachtete er das schmale Gesicht des Jüngeren. Es befanden sich Narben darauf, vor allem an der Stirn und um die Augen, die selbst so hart wie vernarbte alte Wunden wirkten.
»Früher habe ich unter dem Schild gearbeitet«, erklärte Berl, dem Nicos Aufmerksamkeit nicht entgangen war.
Aha , dachte
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