Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
ritt schweigend weiter, und Nico hatte schon geglaubt, seine Bemerkung sei überhört worden, als zehn oder fünfzehn Minuten später – während die untergehende Sonne vor ihnen die letzten Farben des Tages zum Leuchten brachte und die kühler werdende Abendluft schwer vom Duft des Harzes war – der alte Farlander endlich etwas sagte.
»Diese Berge … sind jetzt meine Heimat.«
Sie schlugen ihr Lager auf einer hochgelegenen Lichtung
auf, die von alten Jupebäumen umstanden wurde, deren versilberte Blätter von der sinkenden Sonne rot und golden gefärbt wurden. Nicos Rücken war nach dem langen Ritt steif geworden, und sein Hintern schmerzte. Er beobachtete, wie Asch eines der grünen Blätter hervornahm, die er immer in seinem Beutel mit sich trug, und es sich in den Mund stopfte. Offenbar litt er wieder an Kopfschmerzen. Der alte Mann machte sich daran, Laken auszubreiten und einige andere Vorbereitungen für die Nacht zu treffen, dann rieb er die Maulesel mit Gras ab, während sie Wildbeeren von einem Busch pflückten. Nico schnitt ein wenig harzige Borke von einem in der Nähe stehenden Zikadobaum ab und sammelte dann abgestorbenes Holz, um ein Feuer zu entfachen.
Schließlich ließ sich Asch mit offensichtlicher Erleichterung nieder. Er betrachtete den dunkler werdenden Himmel und trank aus einer hölzernen Kalebasse, während sich Nico um das Feuer kümmerte. Der Junge benutzte einen Flint und ein Stück Stahl, um Funken in die Borke zu schlagen, die er bereits zerrieben hatte; dann blies er sanft dagegen, bis die Flammen hochzüngelten. Das feuchte Holz warf weißen Rauch in die Luft, der in einem starken Kontrast zu den schwarzen Berggipfeln in ihrer Umgebung stand.
»Es ist kalt geworden«, sagte Nico, rieb sich die Hände und hielt sie über die noch schwachen Flammen. Seit seiner Abreise aus Bar-Khos hatte er ein wenig zugenommen, aber er war noch immer so dünn, dass er die Kälte deutlich spürte.
Der alte Mann stieß ein bellendes Lachen aus. »Irgendwann werde ich dir etwas über richtige Kälte erzählen. «
»Meint Ihr damit Eure Vendetta, die Euch bis zum südlichen Eis geführt hat?«
Asch nickte, sagte aber nichts.
Er hatte genauso genickt, als Nico vor ihrer Abreise aus Bar-Khos dem alten Mann eine Frage nach der anderen über die Vendetta des alten Mannes gestellt und nur die allerkürzesten Antworten erhalten hatte. Enttäuscht hatte Nico die Zähne zusammengebissen, und nun tat er es wieder, denn er hätte so gern mehr über diese sagenhaften fernen Länder gehört, die er nur aus Geschichten und Liedern kannte.
»Stimmt es, dass sie sich gegenseitig auffressen?«, versuchte es Nico noch einmal.
»Nein, sie verspeisen nur ihre Feinde. Sie lassen sie nachts im Freien, damit sie einfrieren, und dann rupfen sie ihnen das Fleisch von den Knochen.«
Bei dieser Vorstellung knurrte seltsamerweise Nicos Magen. Der lange Ritt hatte ihn ungeheuer hungrig gemacht. Er warf einen neuen Zweig ins Feuer, dann noch einen.
»Ihr habt mir noch immer nicht verraten, wie Ihr es zurück zur Küste geschafft habt. Ihr habt gesagt, dass Ihr da bereits Eure Hunde verloren hattet.«
Asch stieß die Luft durch seine zusammengepressten Zähne aus. »Ein anderes Mal, Junge«, sagte er. »Jetzt wollen wir einfach nur hier sitzen und die Stille genießen. «
Nico seufzte und lehnte sich auf seinen Hacken zurück. Er sah den alten Mann nicht an.
»Hier«, sagte Asch und hielt ihm die hölzerne Kalebasse entgegen.
Nico beachtete sie zunächst nicht, sondern beobachtete, wie ein leichter Luftzug die Flammen anfachte, so dass sie hoch in die Nacht stiegen. »Ich trinke nicht gern«, verkündete er schließlich.
Asch dachte über diese Aussage nach. »Dein Vater … war er ein Trinker?«
Jetzt war es Nico, der nicht antworten wollte. Er rieb sich wieder die Hände und blies in sie. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, dass Asch ihn beobachtete.
»Und das, was du an deinem Vater gefürchtet hast, fürchtest du nun an dir selbst.«
»Wenn er betrunken war, ist er oft wütend geworden«, gab Nico zu. »Ich will nicht genauso werden.«
»Das verstehe ich. Aber du bist nicht dein Vater, Junge, so wie er nicht du war. Hier, nimm einen Schluck. Alles sollte mit Mäßigung genommen werden, sogar die Mäßigung selbst. Außerdem macht es dich warm.«
Nico seufzte erneut auf, nahm die Kalebasse entgegen und betrachtete sie eine Weile.
»Sei vorsichtig. Es ist ein starkes Gebräu.«
Nico legte das Gefäß an
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