Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
ankommt, mir Angst einzujagen, dann ist es ihm gelungen!
Nico wollte weglaufen, doch seine Füße schienen mit dem Steinboden verwachsen zu sein. Baracha machte einen Schritt auf ihn zu und zerrte dabei das Seil hinter sich her. Noch immer konnte Nico sich nicht bewegen.
Der junge Mann öffnete den Mund – er wusste nicht, ob er um Hilfe rufen oder seine Unschuld beteuern sollte – , als sich ihm eine große Hand auf die Schulter legte. Barachas Finger packten seine Robe. Der Stoff spannte sich um Nicos Kehle. Ohne sichtbare Anstrengung zog der große Alhazii ihn auf den Brunnen zu.
»Lasst mich los!«, rief Nico, als er spürte, wie seine Füße über den Boden geschleift wurden. Er kämpfte und versuchte sich aus dem Griff des Mannes zu befreien. »Nein!«, schrie er wütend, als die dunkle Öffnung
des Brunnens näher kam. Er hob die Hand gegen Barachas Gesicht und tastete wild nach seinen Augen. Der Mann hob einfach das Gesicht aus Nicos Reichweite. Seine Kraft war überwältigend, als er Nicos Kopf in die Brunnenöffnung drückte und versuchte, auch den Rest von ihm hineinzubekommen. Nicos Hände schlugen aus und versuchten, irgendwo an dem glitschigen Rand Halt zu finden, während das unsichtbare Wasser tief und kalt unter ihm durch die Erde toste.
Dann lockerte sich glücklicherweise Barachas Griff, und mit einer hastigen Bewegung befreite sich Nico von ihm. Er taumelte von seinem Peiniger fort und bemerkte den belustigten Blick des Mannes. »Bastard!«, spuckte Nico aus, hastete davon und schob die niederhängenden Hindernisse aus dem Weg, während Barachas Lachen ihm den Rücken geißelte.
Nico blieb erst stehen, als er draußen an der frischen Luft war. Er atmete tief durch, blinzelte ins Sonnenlicht und verfluchte sich, ein solcher Narr zu sein.
Wie er später hörte, war Serèse noch am selben Tag weggeschickt worden.
KAPITEL VIERZEHN
Göttliche Versicherungen
Im fensterlosen Vorzimmer der Arena, die unter dem Namen Schay Madi bekannt war, beobachtete Kirkus, wie seine Mutter Hof hielt, bevor sich die Priester um sie versammelten.
Die zwei Jahre als Heilige Matriarchin des Reiches waren ihr inzwischen anzumerken, trotz der kaiserlichen Milch, für deren morgendlichen Genuss sie so üppig bezahlte. Die Linien auf ihrer Stirn konnten nur von häufigem sorgenvollem Runzeln stammen, obwohl es seine Mutter hier und heute in der Öffentlichkeit vorzog zu lächeln.
Dieses sichtbare Altern war das Erste gewesen, das Kirkus nach seiner Rückkehr von der Staatsreise mit seiner Großmutter bemerkt hatte, als er seine Mutter zum ersten Mal seit vielen Monaten wiedergesehen hatte. Es war auch das Erste gewesen, was er ihr gesagt hatte, doch hatte es bloß ein Lachen auf ihren Lippen und einen sanften Kuss auf seine Stirn zur Folge gehabt.
Abgesehen von den priesterlichen feingliedrigen
Goldkettchen, die ihr von den Ohrläppchen bis zu den Nasenflügeln reichten, und dem reflektierenden Glanz ihres kahlgeschorenen Schädels hätte seine Mutter auch die Madame eines schmutzigen Stadtbordells sein können, in dem es gerade besonders hoch und angenehm herging. Sascheens ausdrucksloses Gesicht war gerötet von der Hitze so vieler zusammengepferchter Leiber und den vielen Gaslichtern in den rußigen Alkoven entlang der Wände. Überdies drang nicht der leiseste Luftzug durch das sonnenerhellte Portal in der Wand hinter ihr, das hinaus in die Herrscherloge führte. Sie stand mit leicht angewinkelter Hüfte da und hatte eine Hand auf ihr Becken gestützt. Unter ihrem hoch erhobenen Kinn drückten die schweren Brüste gegen das weiße Tuch ihrer Robe.
Verführerisch, aber gefährlich – das war der erste Gedanke, der den meisten Männern bei ihrem Anblick kam. Sie war vielleicht das Einzige, was Kirkus über seinen Vater wusste, denn sie deutete den Geschmack an, den er im Hinblick auf seine Gespielinnen gehabt hatte.
Die männlichen und weiblichen Priester im Raum redeten miteinander, diejenigen jedoch, die sich der Heiligen Matriarchin am nächsten befanden, schwiegen. Sie hörten Sascheen ehrerbietig zu, doch wenn sie aufgefordert wurden, etwas zu sagen, taten sie dies mit dem Mangel an Förmlichkeit, der bei den Hohepriestern von Q’os üblich war und der bei Kirkus bei der ersten Gelegenheit, zu der er den Hof des vorigen Führers Patriarch Nihilis aufgesucht hatte, für große Überraschung gesorgt hatte. Kirkus hatte ein größeres Maß an Pomp und
Zeremonie erwartet, so wie es während der offiziellen
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