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Farm der Tiere

Farm der Tiere

Titel: Farm der Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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Einzelheiten von Boxers Totenbett zu geben, von der bewundernswerten Pflege, die er erhalten und von der teuren Medizin, die Napoleon ohne Rücksicht auf die Kosten bezahlt hatte, da schwanden ihre letzten Zweifel, und die Trauer, die sie um den Tod ihres Genossen empfanden, wurde durch den Gedanken gelindert, daß er wenigstens glücklich gestorben war.
    Bei der Versammlung am folgenden Sonntag erschien
    Napoleon in eigener Person und hielt eine kurze Rede zu Ehren Boxers. Es war nicht möglich gewesen, sagte er, die Überreste ihres betrauerten Genossen zur Bestattung auf die Farm heimzuholen, doch er hatte angeordnet, daß aus den
    Lorbeerbüschen im Farmhausgarten ein großer Kranz geflochten werden sollte, der dann nach Willingdon geschickt und auf Boxers Grab gelegt werden würde. Und in einigen Tagen gedachten die Schweine ein Gedenkbankett zu Boxers Ehren abzuhalten. Napoleon beendete seine Rede mit dem Hinweis auf die beiden Lieblingsdevisen Boxers: »Ich will und werde noch härter arbeiten« und »Genosse Napoleon hat immer recht« -
    Devisen, sagte er, die jedes Tier gut täte, sich zu eigen zu machen.
    An dem für das Bankett festgesetzten Tag fuhr der Wagen eines Kolonialwarenhändlers aus Willingdon herauf und lieferte beim Farmhaus eine große Holzkiste ab. In dieser Nacht vernahm man lautes Grölen, dem etwas folgte, was wie ein heftiger Streit klang, der gegen elf Uhr mit dem gewaltigen Lärm von berstendem Glas endete. Bis zum Mittag des nächsten Tages rührte sich im Farmhaus nichts, und es ging die Rede, daß sich die Schweine von irgendwoher das Geld beschafft hatten, um sich noch eine Kiste Whisky zu kaufen.
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    KAPITEL X
    Jahre zogen ins Land. Die Jahreszeiten kamen und gingen, die kurzen Tierleben verflossen. Es kam eine Zeit, da erinnerte sich niemand mehr an die alten Tage vor der Rebellion, außer Kleeblatt, Benjamin, Moses, dem Raben und einer Anzahl von Schweinen.
    Muriel war tot; Glockenblume, Jessie und Zwickzwack waren tot. Auch Jones lebte nicht mehr - er war in einer Trinkerheilanstalt in einem anderen Teil des Landes gestorben.
    Schneeball war vergessen. Boxer war vergessen, außer von den wenigen, die ihn gekannt hatten. Kleeblatt war jetzt eine alte, korpulente Stute mit steifen Gelenken und einer Neigung zu Triefaugen. Sie war schon zwei Jahre über die Altersgrenze hinaus, doch tatsächlich in den Ruhestand getreten war noch kein Tier. Das Thema, eine Ecke der Weide für die ausgedienten Tiere zu reservieren, war schon lange fallengelassen worden.
    Napoleon war jetzt ein ausgewachsener Drei- Zentner-Keiler.
    Schwatzwutz war so fett, daß er kaum noch aus den Augen gucken konnte. Nur der alte Benjamin war noch so ziemlich derselbe, bloß ein bißchen grauer um die Schnute und seit Boxers Tod mürrischer und wortkarger denn je.
    Es gab jetzt viel mehr Tiere auf der Farm, obwohl der Zuwachs nicht ganz so groß war, wie man in früheren Jahren erwartet hatte. Viele Tiere waren geboren worden, denen die Rebellion nur eine mündlich überlieferte, trübe Tradition bedeutete, und es waren andere gekauft worden, die vor ihrer Ankunft noch nie mals etwas davon gehört hatten. Die Farm besaß jetzt außer Kleeblatt noch drei Pferde. Es waren prächtige, hochgewachsene Tiere, willige Arbeiter und gute Genossen, aber strohdumm. Keines von ihnen vermochte das Alphabet über den Buchstaben B hinaus zu erlernen. Sie akzeptierten alles, was ihnen über die Rebellion und die Prinzipien des Animalismus erzählt wurde, besonders wenn es von Kleeblatt
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    stammte, vor der sie einen fast kindlichen Respekt empfanden; doch es fragte sich noch, ob sie auch sehr viel davo n begriffen.
    Die Farm war jetzt wohlhabender und besser organisiert: sie war um zwei Felder vergrößert worden, die man Mr. Pilkington abgekauft hatte. Die Windmühle war endlich mit Erfolg fertiggestellt worden, und die Farm verfügte über eine eigene Dreschmaschine, einen Heuaufzug, und überdies waren ihr auch noch weitere Gebäude hinzugefügt worden. Whymper hatte sich einen Dogcart zugelegt. Die Windmühle indes war schließlich doch nicht zur Stromerzeugung genutzt worden. Sie wurde zum Kornmahlen benutzt und warf einen netten Profit ab. Die Tiere arbeiteten hart am Bau einer weiteren Windmühle; nach ihrer Fertigstellung, so hieß es, würden die Dynamos installiert werden. Doch von dem Luxus, von dem Schneeball die Tiere einst zu träumen gelehrt hatte, von den Ställen mit elektrischem Licht und fließend warm

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