Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03
bedeutete, daß die Mannschaft noch früher als sonst das Bett verlassen mußte. Farringtons Gruppe ließ sich in einer Hütte in der Nähe des Bambushangars nieder und ging bald zu Bett. An sich hatte man erwartet, daß Podebrad während der Party seinen Rücktritt und den Abflug der Gruppe bekannt geben würde, aber es war offensichtlich, daß er damit zu warten gedachte, bis man sich an Bord befand.
»Vielleicht glaubt er, man würde ihn lynchen«, sagte Martin.
Frigate konnte als einziger nicht einschlafen – oder zumindest nahm er das an. Es war nicht unmöglich, daß Martin seinen Schlummer nur vortäuschte. Obwohl er während der ganzen Ausbildungszeit keine Angst gezeigt hatte, schien er sich noch immer nicht mit dem Gedanken anfreunden zu können, bald keinen Boden mehr unter den Füßen zu haben.
Frigate wälzte sich hin und her. Er war zu aufgekratzt, um sich wirklich entspannen zu können. Es war ihm schon immer schwergefallen, kurz vor entscheidenden Ereignissen einschlafen zu können, gleichgültig, ob es sich um ein Fußballspiel oder ein Rennen gehandelt hatte. Leider hatte diese Schlaflosigkeit nicht selten dazu geführt, daß er am nächsten Tag unausgeschlafen und nicht hundertprozentig Herr seiner Kräfte gewesen war. Allein die Angst, daß er möglicherweise nicht gut genug für das sei, was ihn erwartete, hatte dafür gesorgt, daß er am nächsten Tag versagte.
Und davon abgesehen waren ihm die Gefahren, auf die sie sich einließen, noch aus den Tagen bekannt, in denen er die Maschinen der US-Luftwaffe und später dann Ballons geflogen hatte. Er wachte aus seinem leichten Schlaf auf, als er das Brüllen von Motoren und das Surren von Propellern hörte.
Frigate rollte sich aus seinem Bett, öffnete die Tür und schaute hinaus. Obwohl das ganze Land unter einer dichten Nebeldecke verborgen war, konnte es nur einen Grund für die Geräuschkulisse geben.
Es kostete ihn eine Minute, die anderen zu wecken. Lediglich mit Kilts und langen, dicken Tüchern bekleidet rannten sie auf den Hangar zu. Mehrere Male stießen sie gegen Hüttenwände oder stolperten. Schließlich, als sie den Hügelrücken erklommen hatten und über das Nebelfeld hinwegsahen, erkannten sie, daß genau das geschah, was sie insgeheim befürchtet hatten.
Im hellen Licht der Sterne erblickten sie eine Gruppe von Männern und Frauen, die in Hochrufe ausgebrochen waren. Sie hatten das Luftschiff an langen Seilen aus dem Hangar gezogen. Und jetzt, im Bewußtsein, daß ihre Arbeit erledigt war, sahen sie zu, wie es langsam aufstieg. Der Wasserballast wurde abgeworfen und durchnäßte sie. Immer schneller stieg das zigarrenförmige Gefährt nun auf, und seine Nase drehte sich dem Fluß entgegen. In der Kabine und unterhalb des langen, dreieckigen Kiels blitzten nun Lichter auf. Durch eines der Fenster konnte man Podebrads Gesicht erkennen.
Heulend und fluchend rannten die fünf Männer auf das Schiff zu. Aber jedem einzelnen von ihnen war klar, daß sie nichts mehr gegen seinen Abflug unternehmen konnten.
Farrington ergriff einen an der Hangarwand stehenden Speer und schleuderte ihn. Er flog nicht weit und hätte beinahe eine Frau getroffen. Schließlich warf Farrington sich auf den Boden und schlug wütend mit den Fäusten auf die Grasdecke ein.
Mix sprang hin und her. Er schrie und schüttelte die Fäuste.
Nur schüttelte den Kopf.
Pogaas stieß Flüche in seiner Sprache aus.
Frigate weinte. Er war schuld daran, daß die anderen neun Monate Zeit vertrödelt hatten. Wäre er nicht auf die Idee mit dem Luftschiff gekommen, hätten sie mit der Razzle Dazzle ihrem Ziel schon 50.000 Kilometer näher sein können.
Und das Allerschlimmste war, daß sie die Razzle Dazzle verkauft hatten. Natürlich nicht für eine Kleinigkeit. Für fünftausend Zigaretten, eine Menge Schnaps und einige persönliche Gefälligkeiten.
Später saßen sie mit finsteren Gesichtern in der Nähe eines Gralsteins und warteten darauf, daß er ausbrach, um ihre Nahrungsbehälter zu füllen. Die Neu-Böhmer um sie herum veranstalteten einen Höllenlärm und verfluchten ihren ehemaligen Chef. Die ehemaligen Mannschaften der Razzle Dazzle und des Luftschiffes hingegen schwiegen. Schließlich sagte Martin Farrington: »Nun, wir können unser Schiff immer noch zurückstehlen.«
»Das wäre nicht ehrlich«, sagte Nur.
»Was meinst du mit >nicht ehrlich Ich habe natürlich nicht daran gedacht, es zu nehmen, ohne dafür etwas dazulassen. Wir könnten den
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