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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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Zeit
immer laufen. Komm doch rein. Ich bin Lorraine.“
    Sie gab ihm die Hand und führte ihn ins Wohnzimmer.
Es war hell und gemütlich eingerichtet, allerdings herrschte eine ziemliche
Unordnung. Überall lagen Spielsachen verstreut, und tatsächlich kam nun auch
ein kleiner Junge ins Zimmer. Er hatte ebenfalls rote Haare und war vielleicht
drei oder vier.
    „Hallo!“, sagte Francis.
    „Hallo!“, antwortete der Junge nach einem Zögern.
    „Das ist Miles“, sagte Mrs. Kinnear. „Und das hier
ist Katherine.“ Sie deutete auf ein Bettchen in der Ecke, in dem ein Baby lag.
    Beim Namen seiner Mutter zuckte Francis zusammen.
    Mrs. Kinnear fragte ihn,
ob er etwas trinken wolle, und verschwand in der Küche. Francis blieb zurück
und bemerkte, dass ihn der Junge mit seinem Blick fixierte. Schließlich fing
er an, Grimassen für Miles zu machen. Zu seiner Erleichterung funktionierte es,
und das Kind lachte.
    Kaum war Mrs. Kinnear mit einem Glas Saft zurück,
kam auch schon ihr Mann zur Haustür rein. Er trug einen blauen Jogginganzug und
war völlig verschwitzt. „Tut mir leid, war noch was einkaufen“, sagte er zu
seiner Frau und stellte eine Tüte von Trader Joe's auf eine Ablage. Dann sah er
Francis und erstarrte. „Diese Ähnlichkeit“, sagte er. „Unfassbar.“
     
    Als sie allein waren, setzten sich Andy und Francis
auf das Sofa vor dem Fernseher. Andy Kinnear war ein freundlich aussehender
Matthew-Perry-Typ Ende vierzig, deutlich älter als seine junge Frau. Er wirkte
fit für sein Alter, sein braunes Haar war noch immer dicht, keine Spur von
Grau.
    „Du siehst deiner Mutter wirklich sehr ähnlich“,
sagte er. „Du hast viel, was mich an sie erinnert. Nur dein Kinn ist anders ...
Als mir Greg gestern von dir und deiner Geschichte erzählt hat, habe ich erst
nicht begriffen, wer du bist. Aber bei Dean wusste ich dann, um wen es sich handelt.
Schließlich hat der Name für mich eine spezielle Bedeutung.“ Er seufzte. „Auf
einmal kam alles wieder hoch.“
    Francis deutete auf das Bettchen in der Ecke, in dem
die kleine Katherine lag.
    Andy nickte. „Deine Mutter war die erste große Liebe
meines Lebens. Als ich sie damals bei dem Projekt kennenlernte, war ich sofort
verrückt nach ihr. Und dann hat sie mit mir... Sie hat sich an mich
rangeschmissen, um an diese Akten zu kommen. Das hätte sie nicht tun brauchen,
ich hätte auch so alles für sie getan. Jedenfalls wurde es danach noch
schlimmer. Deine Mutter hatte so viel Feuer, sie konnte einen zum glücklichsten
oder traurigsten Mann dieser Welt machen. In meinem Fall leider beides.“
    Francis dachte an die vierzigjährige Frau, die jetzt
Tausende von Meilen entfernt in einem Klinikbett lag. Am liebsten hätte er
sofort gefragt, ob sein Vater wirklich Doble hieß, doch gleichzeitig hatte er
schreckliche Angst davor, dass Andy ihn dann nur fragend ansehen und den Kopf
schütteln würde.
    Daher erkundigte er sich erst mal, ob Andy wissen
wolle, was seine Mutter jetzt mache. Zu seiner Überraschung sagte Andy nein. „Ich
habe ein bestimmtes Bild von ihr, und das ist eingefroren und Vergangenheit.“
    „Eingefroren“, sagte Francis. „Das ist ja auch schon
das Stichwort.“
    Andy lachte. „Immerhin nimmst du es mit Humor. Es
gibt genügend Geniekinder, die mit ihrem Schicksal nicht fertiggeworden sind.“
    „Na ja, anfangs war's seltsam. Aber wenn ich ehrlich
bin, finde ich es mittlerweile sogar ganz gut, dass ich ein Teil dieses
Projekts bin.“ Er wich Andys überraschtem Blick aus. „Ich kann das nicht mal
meinen Freunden sagen, weil die mich sonst für verrückt halten. Aber seit ich
weiß, dass ich zur Samenbank der Genies gehöre ... bin ich auf einmal jemand.
Ich habe einen genialen Vater, und wie's aussieht, ist mein Leben wichtig für
die Wissenschaft und diesen Kram. Plötzlich hat alles irgendwie einen Sinn.“
    Andy musterte ihn nachdenklich. „Ich gebe dir am besten
erst mal die Unterlagen zu deinem Vater.“ Er verschwand in einem Nebenzimmer
und kam mit einer Akte wieder. „Dr. Ian Doble, oder auch bekannt unter dem
Decknamen Donor James.“
    Ian, dachte
Francis. Sein Vater hieß Ian!
    Er stand kurz auf, setzte sich aber sofort wieder
hin. Unzählige Gedanken stürzten auf ihn ein, er wollte schreien, rennen,
lachen. Stattdessen blieb er ruhig.
    Andy las aus der Akte vor. „Hier der offizielle
Teil, der dir bekannt sein dürfte: Donor
James machte seinen Doktortitel in Harvard, er hat einen IQ von i/o, ist
sportlich und ein

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