Fast geschenkt
werden.«
»Ich verstehe nicht, wie du den ganzen Kram überhaupt hier unterbringen kannst. Schmeißt du denn nie etwas weg?« Sie hebt ein Paar mit Muscheln dekorierte Schuhe hoch. »Ich meine, die hier zum Beispiel. Trägst du die noch jemals?«
»Ahm... nein.« Ich sehe ihren Gesichtsausdruck. »Aber darum geht‘s doch gar nicht. Wenn ich die wegschmeißen würde, wären Muscheln am nächsten Tag wieder total in und ich müsste mir ein neues Paar Muschelschuhe kaufen. Darum behalte ich sie. So, wie eine... Versicherung.«
»Muscheln werden nie wieder in sein.«
»Wieso denn nicht? Das ist wie mit dem Wetter. Man weiß nie, was einen erwartet.«
Suze schüttelt den Kopf und stakst über die vielen Klamottenhaufen in Richtung Tür. »Ich gebe dir jetzt zwei Stunden Zeit, und wenn ich wiederkomme, will ich ein völlig verändertes Zimmer sehen. Verändertes Zimmer - verändertes Leben. Los jetzt!«
Sie verschwindet, und ich setze mich auf mein Bett und lasse niedergeschlagen den Blick durch mein Zimmer schweifen.
Gut, okay, sie hat nicht ganz Unrecht. Ein bisschen Aufräumen könnte nicht schaden. Aber ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich meine, wenn ich damit anfange, Sachen auszusortieren, bloß weil ich sie nie trage, dann nimmt die Aktion kein Ende. Und ich stehe am Schluss ohne etwas da.
Und das ist alles so anstrengend. Es kostet so viel Kraft.
Ich nehme einen Pullover in die Hand, betrachte ihn eine Weile und lege ihn dann wieder hin. Allein der Gedanke daran, dass ich mich entscheiden soll, ob ich ihn behalten möchte oder nicht, strengt mich an.
»Wie läuft‘s?«, ertönt Suzes Stimme vor meiner Tür.
»Prima!«, antworte ich munter. »Wirklich gut!«
Komm schon, ich muss irgendetwas tun. Gut, ich könnte in der Ecke da anfangen und dann die Runde machen. Ich kämpfe mich zu der Ecke vor, in der mein Frisiertisch unter einem Stapel Zeug verschwindet, und versuche mir einen Überblick zu verschaffen. Das da ist der ganze Bürokram, den ich übers Internet bestellt hatte... da ist die Holzschale, die ich vor Ewigkeiten mal gekauft habe, weil sie in der Elle Decoration war (später habe ich genau die gleichen bei Woolworths gesehen)... ein Batikset... Meeressalz-Ganzkörperpeeling... Was ist das denn alles für ein Zeug? Und was ist in dem Karton da, den ich noch nicht einmal aufgemacht habe?
Ich öffne das Paket und finde 50 Meter Truthahnfolie. Truthahnfolie? Wozu habe ich Truthahnfolie gekauft? Hatte ich irgendwann mal vor, Truthahn zu kochen? Völlig verdattert nehme ich den obenauf liegenden Brief zur Hand und lese: »Herzlich Willkommen bei Country Ways. Wir freuen uns, dass Ihre Freundin Mrs. Jane Bloomwood Ihnen unseren Katalog empfohlen hat...«
Ach, stimmt ja! Das ist der Kram, den Mum bestellt hat, um das Werbegeschenk zu bekommen. Eine Kasserolle, Truthahnfolie... ein paar von den Plastiktüten, in die sie die Gartenmöbelpolster gestopft hat... irgendein komisches Teil für...
Moment.
Einen Moment. Ich lasse das komische Teil fallen und nehme wie in Zeitlupe die Plastiktüten zur Hand. Eine Frau mit raffiniert geschnittenen blonden Haaren sieht mich über eine vakuumverpackte Bettdecke stolz an, und in einer Sprechblase steht: »Jetzt habe ich bis zu 75% mehr Platz im Schrank!«
Ich mache ganz leise meine Zimmertür auf und tripple auf Zehenspitzen zum Besenschrank. Als ich am Wohnzimmer vorbeikomme, werfe ich einen Blick hinein und stelle überrascht fest, dass Suze mit Tarquin auf dem Sofa sitzt und sehr ernst mit ihm redet.
»Tarquin!«, sage ich, und die beiden fahren mit schuldbewussten Mienen herum. »Ich habe gar nicht gehört, dass du gekommen bist.«
»Hallo Becky«, sagt er und weicht meinem Blick aus.
»Wir mussten nur eben... etwas besprechen«, sagt Suze und sieht mich peinlich berührt an. »Bist du fertig?«
»Fast«, sage ich. »Jetzt will ich nur noch eben Staub saugen. So als Tüpfelchen auf das I.«
Ich schließe die Tür hinter mir und packe die Plastiktüten aus. Okay. Das sieht ja ganz einfach aus. Plastiktüte voll stopfen, Luft raussaugen. Zehn Pullover pro Tüte, steht da. Aber wer will das schon nachzählen?
Ich stopfe so viele Klamotten in die erste Tüte, wie ich hineinbekommen kann. Mit einiger Mühe ziehe ich den Plastikreißverschluss zu und befestige dann das Staubsaugerrohr am dafür vorgesehenen Loch. Und ich fasse es nicht! Es funktioniert! Es funktioniert! Vor meinen Augen schrumpfen meine Klamotten auf wahnwitzige Weise
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