Faszination Menschenfresser
Wölfe gibt, fiel die Zahl der Angriffe dort vergleichsweise geringer aus als in Europa oder Asien. So konnte der Wolfsexperte Mark McNay, Biologe der Wild- und Fischereibehörde Alaskas, in den letzten 30 Jahren gerade mal 39 Fälle ermitteln, in denen sich Wölfe gegenüber Menschen aggressiv gezeigt hatten. Bei zwölf dieser Fälle war vermutlich eine Tollwutinfektion im Spiel. In sechs Fällen wurden die attackierten Menschen von Hunden begleitet, sodass vermutlich der Hund der eigentliche Auslöser der Attacke war. In 16 der dokumentierten Fälle wurden Menschen von Wölfen gebissen, die nachweislich nicht mit Tollwut infiziert waren. In nahezu allen diesen Fällen waren die angreifenden Wölfe vorher provoziert worden, die Angriffe hätten daher leicht vermieden werden können. Keine der Bissverletzungen war übrigens lebensbedrohlich.
Eine viel größere Gefahr als von Wölfen geht in Nordamerika übrigens von den sogenannten Wolf-Hund-Hybriden aus, Folgen eines großen Zuchtbooms, der vor rund 20 Jahren in den USA einsetzte. Zuerst wurden dort vor allem Schäferhunde und Huskys mit Wölfen verpaart, später Dutzende andere Hunderassen. Nach Schätzungen gibt es zurzeit in den USA rund 250 000 dieser Wolf-Hund-Mischlinge.
Bis zur Geschlechtsreife haben die Besitzer der Wolfshybriden in der Regel nur wenige Probleme mit ihren Tieren. Aber nach zwei bis drei Jahren bricht dann meist schlagartig das Wolfserbe durch, mit der Folge, dass das Tier unberechenbar wird und die Halter oft vollständig die Kontrolle über ihre exotischen Hausgenossen verlieren. Eine große Zahl an Hybriden wird daher jährlich von ihren völlig überforderten Besitzern einfach in die vermeintliche Freiheit entlassen. Dort können sie sich dann durchaus zu einer nicht nur potenziellen Gefahr für den Menschen entwickeln, da die Tiere in sich eben nicht nur das hundegemäße Fehlen jeglicher Scheu vor dem Menschen, sondern auch den räuberischen Instinkt ihrer wölfischen Vorfahren vereinen. In den USA wurden zwischen 1981 und 1999 13 Menschen von Hybriden getötet, weitere 38 wurden schwer verletzt.
Auch bei uns in Deutschland ist mittlerweile eine gesteigerte Nachfrage nach Wolfshybriden zu verzeichnen. Offensichtlich fasziniert der Gedanke, ein »halbwildes Wolfsblut« im eigenen Haushalt zu haben, nicht nur die üblichen Verdächtigen aus dem Rotlichtmilieu.
Viele Tierparks, aber auch Zoologische Institute, die Wölfe halten, bekommen deshalb in letzter Zeit nahezu täglich Anrufe von Menschen, die ihren Hund von einem Wolf decken lassen wollen, um dann nach rund zwei Monaten ein paar Wolfmix-Welpen ihr Eigen nennen zu können. Ein Wunsch, dem der Gesetzgeber bei uns jedoch glücklicherweise einen ziemlich großen Riegel vorgeschoben hat: Wolfshalter benötigen bei uns in Deutschland nämlich eine behördliche Genehmigung und müssen darüber hinaus noch eine artgerechte Unterbringung sowie ein besonderes Interesse an der Haltung nachweisen. Das ist eine Anordnung, die sich auch auf die Nachkommenschaft erstreckt. Und da heißt es sich in Geduld üben, denn erst, wenn eine Wolf-Hund-Romanze bereits fünf Generationen zurückliegt, geht dann der sogenannte F5-Mischling rein rechtlich nicht mehr als Wolf, sondern als Hund durch.
Problembär Bruno
oder Warum Usain Bolt auf 100 Metern keine Chance gegen einen Grizzly hätte
Wohl selten war die potenzielle Gefahr, die von einem Bären ausgeht, Gegenstand solch erbitterter und unter großer Medienbeachtung geführter Diskussionen wie im Fall des Braunbären Bruno. Bruno war nach mehr als 170 Jahren der erste Braunbär, der in Deutschland in freier Wildbahn auftrat. Der letzte Braunbär war 1835 im bayerischen Ruhpolding erlegt worden. Bruno war 2006 aus der italienischen Provinz Trentino auf unwegsamen Bergpfaden über die Alpen nach Bayern eingewandert und mit Sicherheit der populärste und beliebteste tierische Einwanderer aller Zeiten. Seinen Migrationsdrang musste er jedoch bereits einen Monat nach seiner Einreise nach Deutschland mit dem Leben bezahlen, da er in seiner neuen Heimat »verhaltensauffällig« geworden und deshalb als unkalkulierbare Bedrohung für die bayerische Bevölkerung eingestuft worden war.
Wenn man es genau nimmt, war Bruno eigentlich das Produkt eines EU -Projekts, nämlich des internationalen EU - LIFE -Nature-Co-op-Projekts, das sich die Wiederansiedlung von Braunbären im Alpenraum bzw. die Vernetzung der dort bereits bestehenden Bärenpopulationen
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