Faszination Menschenfresser
gelten landläufig als eher harmlose Gesellen. Ein Irrtum, zumindest, wenn man die Statistik betrachtet. So wurden zwischen 1960 und 1980 in Nordamerika über 500 Menschen von Schwarzbären verletzt, deutlich mehr als von den vermeintlich aggressiveren Grizzlys. Eine auf den ersten Blick verblüffende Tatsache, wenn man weiß, dass Schwarzbären bei einer Begegnung mit einem Menschen zwar meist recht ungehalten reagieren, drohend brummen, mit den Vorderfüßen scharren oder den ein oder anderen Scheinangriff ausführen, aber relativ selten Menschen tatsächlich angreifen.
Aber es kam und kommt auch immer wieder zu tödlichen Zwischenfällen, bei denen die Opfer zum Teil von den Bären gefressen werden. Insgesamt wurden im Zeitraum zwischen 1900 und 1980 23 Menschen von Schwarzbären getötet. Verhältnismäßig deutlich mehr Opfer sind in den letzten 30 Jahren zu verzeichnen, nämlich 28, allein 15 davon zwischen 2000 und 2010. Die im Vergleich zum Grizzly höhere Anzahl von Angriffen auf Menschen lässt sich übrigens ganz simpel mit der Tatsache erklären, dass es in Nordamerika deutlich mehr Schwarz- als Braunbären gibt.
Der schlimmste Schwarzbärenzwischenfall aller Zeiten ereignete sich übrigens im Mai 1978 im Algonquin Park in Kanada, als ein Bär kurz hintereinander drei Teenager tötete, die gerade beim Fischen waren.
Großes Aufsehen erregte auch der Fall der 50-jährigen Lehrerin Glenda Ann Bradley, die im Mai 2000 im Great Smoky Mountains National Park von einer Bärenmutter mit Jungtier getötet und teilweise verzehrt worden war. Die zu Hilfe gerufenen Parkranger brauchten insgesamt 19 Pistolenschüsse, um die beiden Schwarzbären zu töten, die in aller Seelenruhe die Leiche der Lehrerin verspeisten.
Der Löwenanteil der Schwarzbärattacken findet in Nationalparks statt, in denen die Bären sich meist seit Langem an Menschen gewöhnt haben, in Mülltonnen oder Zelten nach Nahrung suchen oder die Besucher auch direkt um Futter anbetteln. Diese wiederum verhalten sich den »netten« Bären gegenüber oft sehr leichtsinnig. So sind Fälle bekannt, in denen Touristen den immerhin bis zu 150 Kilogramm schweren Tieren die Tatze schütteln wollten oder sogar ihre Kinder für einen Schnappschuss auf den Rücken eines Bären gesetzt haben. Einmal schmierte ein offensichtlich von allen guten Geistern verlassenes Ehepaar ihrem Kleinkind sogar Marmelade ins Gesicht, in der Hoffnung, ein Foto ergattern zu können, auf dem ein Bär ihrem bemitleidenswerten Sprössling »liebevoll« das Gesicht ableckt. Bei einem solchen Verhalten sind blutige Zwischenfälle natürlich vorprogrammiert.
Die asiatischen Schwarzbären sind etwas größer und auch deutlich gefährlicher als ihre amerikanischen Vettern. Eine Gefährlichkeit, die der englische Großwildjäger und Schriftsteller Reginald George Burton nahezu dramatisch, aber auch sehr anschaulich beschreibt: »Der Asiatische Schwarzbär ist ein wildes Tier, das manchmal ohne jede Provokation angreift, schreckliche Wunden verursacht, da er generell den Kopf und das Gesicht mit seinen Klauen attackiert, während er bei einem bereits niedergestreckten Opfer auch noch die Zähne einsetzt. Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, Menschen zu begegnen, die schrecklich verstümmelt wurden, einigen wurde der Skalp vom Schädel gerissen und auch viele Jäger wurden von diesen Bären getötet.«
Obwohl die Tiere normalerweise recht scheu sind, kommt es besonders in Japan immer wieder zu Angriffen von Schwarzbären, bei denen Menschen schwer verletzt oder gar getötet werden. Die meisten dieser Zwischenfälle ereignen sich im Frühsommer, wenn die Japaner gerne in den Wald gehen, um wilde Bambussprossen zu sammeln. Offensichtlich sind die Schwarzbären nicht geneigt, ihre Lieblingsnahrung mit den menschlichen Nahrungskonkurrenten zu teilen. In Japan wurden zwischen 1979 und 1989 insgesamt neun Menschen von Schwarzbären getötet. Großes Medienaufsehen erregte ein Vorfall aus dem Jahr2009 , als ein asiatischer Schwarzbär in der Nähe der in Zentraljapan gelegenen Stadt Takayama eine Gruppe von Touristen an einer Bushaltestelle angriff und vier von ihnen schwer verletzte.
Aber auch in Indien und Nepal ereignen sich immer wieder gefährliche Zwischenfälle mit asiatischen Schwarzbären. In Indien hat die Zahl der Attacken in den letzten Jahren sogar deutlich zugenommen. Wurden im Bundesstaat Himachal Pradesh zwischen 1988 und 1989 noch zehn Menschen von Schwarzbären angegriffen,
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