Faszination Menschenfresser
der Fruchtbarkeit. Die alten Ägypter glaubten, aus seinem Schweiß sei der mächtige Nil entstanden. Sobek waren zahlreiche Tempel, die übrigens stets mit großräumigen Teichanlagen für die heiligen Tiere ausgestattet waren, geweiht. Krokodile, die in diesen Tempeln das Zeitliche segneten, wurden wie Menschen einbalsamiert und als Mumien begraben. Die größten Krokodilmumien waren über fünf Meter lang! Wurde ein Mensch von einem dieser heiligen Nilkrokodile gefressen, so galt sein Tod als besonders schön und ehrenvoll.
Der griechische Historiker Herodot (etwa 484 bis 425 v. Chr.) berichtet im II . Buch seiner Historien , wie die Bewohner einiger ägyptischer Regionen die Echsen regelrecht vergötterten: »Die um Theben und den Moiris-See wohnen, die haben ganz besonders den Glauben, dass sie heilig sind. An beiden Stellen hegt man je ein ausgewähltes Krokodil, das abgerichtet und zahm ist, und sie tun ihm Gehänge in die Ohren, von Glasfluss und Gold, und Spangen um die Vorderfüße, und geben ihm vorgeschriebene und geweihte Speisen und pflegen es aufs beste, solange es lebt. Ist es gestorben, balsamieren sie es ein und setzen es in heiliger Lade bei.«
Aber nicht nur bei den alten Ägyptern, sondern auch bei vielen Volksstämmen Zentralafrikas wurde und wird noch heute das Nilkrokodil als heilig verehrt. So war zum Beispiel die im Viktoriasee gelegene Insel Damba früher den Krokodilen geweiht und bis vor rund 100 Jahren ein Ort ziemlich blutrünstiger und grausamer Riten. Wie der britische Missionar und Afrikaforscher John Roscoe berichtet, opferte dort nämlich der Volksstamm der Baganda seine Feinde, um die Seelen der heiligen Krokodile zu besänftigen: »Die Opfer wurden zur Insel Damba gebracht, und nachdem man ihnen mit Betäubungsmittel versetztes Bier zu trinken gegeben hatte, wurden sie zum Strand gebracht, wo man ihnen Arme und Beine brach, damit sie nicht mehr von der Stelle, an der sie abgelegt worden waren, entkommen konnten. Sie wurden in einer Reihe liegend zurückgelassen, und dann kamen die Krokodile und trugen sie ins Wasser und erlösten sie dort von ihren Leiden.«
Neben dem Nilkrokodil stufen Wissenschaftler lediglich sieben der 23 heute bekannten Krokodilarten als gefährlich für den Menschen ein, und das auch nur, wenn sie eine Größe von drei Metern überschreiten. Das amerikanische Spitzkrokodil, von Wissenschaftlern als vergleichsweise wenig aggressiv eingeordnet, greift z. B. nur gelegentlich Menschen an. Dennoch sind bereits mehrere Menschen in Lateinamerika dieser Krokodilart zum Opfer gefallen. Gleiches gilt für das in Südostasien lebende Sumpfkrokodil. Beim Mohrenkaiman und Orinokokrokodil, beides Krokodilarten, die in Südamerika zu Hause sind, handelt es sich zwar um verhältnismäßig große Krokodile, denen auch eine gewisse Gefährlichkeit nachgesagt wird. Beide Arten sind jedoch mittlerweile so selten geworden, dass es kaum jemals mehr zu Zusammenstößen mit Menschen kommt. In einer ganz anderen Liga spielt da schon der Mississippi-Alligator. Seit 1948 hat die Florida Fish and Wildlife Conservation Commission ( FWC ) allein im Sunshine State 356 Alligatorenangriffe auf Menschen registriert. 25 dieser Attacken endeten tödlich. In den letzten Jahren hat die Anzahl der tödlichen Angriffe jedoch zugenommen. Während von 1970 bis 2000 lediglich neun Attacken mit tödlichem Ausgang registriert wurden, haben Alligatoren zwischen 2001 und 2010 16 Menschen getötet. Ein Anstieg, der nach Ansicht von Experten gleich zwei Ursachen hat: Zum einen haben sich die, durch die starke Bejagung arg reduzierten Alligatorenbestände, durch die Unterschutzstellung der Art im Jahr 1967 wieder gut erholt, sodass man heute allein in Florida von bis zu zwei Millionen Individuen ausgeht. Gleichzeitig hat aber auch die menschliche Bevölkerung in Florida drastisch zugenommen, sodass es heute schon rein statistisch gesehen zu mehr Zwischenfällen mit Alligatoren kommt als in früheren Zeiten. Zusätzlich wurden die gepanzerten Reptilien durch die Erschließung großer Teile der Sümpfe Floridas, der berühmten Everglades, auch noch gezwungen, ihren Lebensraum mit Menschen zu teilen. Da sind Konflikte natürlich vorprogrammiert.
Apropos gefräßige Alligatoren: Es soll in den 1930er-Jahren gewesen sein, als wohlsituierte New Yorker Floridaurlauber ihren daheimgebliebenen Sprösslingen aus dem Sommerurlaub niedliche kleine Alligatoren mitbrachten, die sie dann später, als die Kinder des
Weitere Kostenlose Bücher