Faszination Menschenfresser
Territorialverhalten bekannt. Die Raubfsche verteidigen ihr Revier energisch gegen alle Eindringlinge.
Auch Weißspitzen-Hochseehaie können nach Ansicht von Experten dem Menschen sehr gefährlich werden, obwohl bis heute weltweit offiziell lediglich elf Angriffe von Weißspitzen-Hochseehaien registriert wurden. Der berühmte französische Meeresforscher Jacques Cousteau ging sogar so weit, den Weißspitzen-Hochseehai als »gefährlichste aller Haiarten« zu bezeichnen.
Weißspitzen-Hochseehaie waren es wohl auch, die an einem Ereignis beteiligt waren, welches am 30. Juli 1945 stattfand und das später einmal als »die größte Katastrophe in der Geschichte der amerikanischen Marine« in die Geschichte einging: der Untergang der USS Indianapolis . Der amerikanische Kreuzer Indianapolis , der nur wenige Tage zuvor die erste Atombombe Little Boy , die später über Hiroshima abgeworfen werden sollte, auf dem Luftwaffenstützpunkt der Pazifikinsel Tinian abgeliefert hatte, wurde auf dem Weg zur Insel Leyte von einem japanischen Unterseeboot torpediert und sank innerhalb von zwölf Minuten. Durch die Explosion einer Munitionskammer starben schätzungsweise 300 Besatzungsmitglieder, die restlichen rund 900 Mann konnten das Schiff rechtzeitig verlassen. Einige schafften es noch in die Rettungsboote, aber die meisten trieben, nur mit einer Schwimmweste bekleidet, hilflos in den Wellen. Nach Aussagen von Überlebenden kamen die ersten Haie am Morgen des nächsten Tages. Von den im Wasser treibenden Schiffsbrüchigen wurden zuerst nur wenige, dann aber immer mehr Meeresräuber angelockt. Der Matrose Woody Eugene James, der den Untergang der Indianapolis überlebte, beschrieb sehr eindrücklich die blutigen Geschehnisse, die sich im Wasser zutrugen: »Der Tag brach an und die Haie kamen. Man konnte die Kumpels schreien hören, besonders am späten Nachmittag. Es schien so, als wären die Haiangriffe am späten Nachmittag schlimmer gewesen als am restlichen Tag. Dann gingen die Haie dazu über, auch während der Nacht zu fressen. Alles war ruhig und dann hörte man einen Schrei und man wusste: Da ist wieder einer von einem Hai erwischt worden.« Das Martyrium der Schiffbrüchigen dauerte vier lange Tage, bis Rettung eintraf. Es bot sich ein grauenvolles Bild: 579 Schiffsbrüchige trieben tot im Wasser, viele waren von Haien, vermutlich Weißspitzen-Hochseehaien, aber wohl auch von Tigerhaien angenagt worden. Einige der Opfer waren regelrecht in Stücke gebissen worden. Von der gesamten Crew konnten gerade mal 321 Besatzungsmitglieder lebend aus dem Wasser gezogen werden. Nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen wurden die meisten Schiffbrüchigen jedoch nicht von Haien getötet, sondern starben durch Erschöpfung, Dehydrierung oder Sonnenstiche. Die Haie hatten vorwiegend Leichen gefressen.
Die wohl schlimmste Massenattacke von Haien, die je bekannt wurde, ereignete sich am 28. November1942 , als das aus Liverpool stammende Dampfschiff Nova Scotia rund 50 km vor der Ostküste Südafrikas von einem deutschen Unterseeboot torpediert und versenkt wurde. Da das Schiff innerhalb von sieben Minuten sank, konnten lediglich ein einziges Rettungsboot und auch nur wenige Rettungsflöße zu Wasser gelassen werden, die dann natürlich nur ein Bruchteil der rund 900 Überlebenden des Angriffs, darunter übrigens 765 italienische Kriegsgefangene, an Bord nehmen konnten. Die restlichen Schiffbrüchigen klammerten sich verzweifelt an Wrackteile oder trieben, lediglich von ihrer Schwimmweste getragen, im offenen Meer. Aber den Überlebenden stand das Schlimmste noch bevor: Gleich ganze Rudel von Haien, sehr wahrscheinlich Weißspitzen-Hochseehaie, aber wohl auch Tigerhaie, kamen zur Unglücksstelle und attackierten die hilflos im Wasser treibenden Männer. Der italienische Unteroffizier Lorenzo Bucci, einer der glücklichen Schiffsbrüchigen, die einen Platz auf einem Rettungsfloß ergattern konnten, erinnerte sich später sehr genau an das blutige Drama, das sich damals unmittelbar vor ihm im Wasser abspielte. »Manchmal sah man einen Schwimmer plötzlich die Hände in die Luft werfen und hörte ihn entsetzlich schreien. Dann verschwand er. Zurück blieb nur eine Stelle mit rot gefärbtem Wasser.« Als am Tag nach der Versenkung das über Funk zu Hilfe gerufene portugiesische Schiff Alfonso de Albuquerque an der Unglücksstelle eintraf, waren nur noch 192 Schiffbrüchige am Leben. Nach Schätzungen der Portugiesen, die während der
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