Faszination Menschenfresser
sogenannte Irrgäste am Kap der Guten Hoffnung, beim Kap Hoorn oder in Tasmanien auf. Seinen Namen verdankt der Seeleopard, dessen Weibchen bis zu 3,8 Meter Länge und ein Spitzengewicht von nahezu 600 Kilogramm erreichen können, nicht nur der leopardenähnlichen Zeichnung seines Fells, sondern auch seinem Raubtiergebiss sowie seiner speziellen Jagdtechnik, mit der er sich unter Wasser an seine Beutetiere heranschleicht.
Ernährungstechnisch gesehen ist der Seeleopard ein fleischfressender Allrounder, der praktisch alles verzehrt, was er erbeuten kann. Magenuntersuchungen haben gezeigt, dass das Beutespektrum dabei von winzigem Krill über Tintenfische und Fische bis hin zu Pinguinen und anderen Robben reichen kann.
Zu gezielten Angriffen von Seeleoparden auf Menschen kam es – schon allein wegen der überaus geringen Chance einer Begegnung – in der Vergangenheit äußerst selten. Die erste gut dokumentierte Attacke eines Seeleoparden auf einen Menschen wurde Anfang des vorigen Jahrhunderts während der berühmten »Imperial Trans-Antarctic Expedition« des britischen Polarforschers Sir Ernest Shackleton verzeichnet. Als die Forscher auf dem Meereis campten, tauchte plötzlich ein rund vier Meter großer und 500 Kilogramm schwerer Seeleopard zwischen zwei Eisschollen auf und attackierte Thomas Orde-Lees, ein Mitglied von Shackletons Expedition, heftig. Orde-Lees konnte nur gerettet werden, weil ein anderes Expeditionsmitglied den Seeleoparden kurzerhand erschoss.
Rund 70 Jahre später, im Jahr1985 , kam dann der schottische Südpolforscher Gareth Woods nur äußerst knapp mit dem Leben davon, als ein scheinbar aus dem Nichts auftauchender Seeleopard versuchte, ihn ins Wasser zu zerren: »Plötzlich explodierte die Eisoberfläche, als der massige Kopf und die Schultern eines ausgewachsenen Seeleoparden, das Maul erwartungsvoll aufgerissen, auftauchten. Es schloss seine kraftvollen Zähne um mein rechtes Bein, und ich fiel rückwärts um, geschockt und hilflos in seinem schraubstockähnlichen Griff. Als ich merkte, dass er versuchte, mich in die Tiefe zu zerren, versuchte ich mich verzweifelt mit meinen Steigeisen im Eis festzuklammern, da ich wusste, wenn ich erst einmal im Wasser wäre, würdealles vorbei sein.« Ein Schicksal, vor dem Wood nur bewahrt werden konnte, weil seine Kameraden geistesgegenwärtig immer wieder mit ihren stahlzackenbewehrten Steigeisen gegen den Kopf des Tieres traten.
Zum ersten und bisher einzigen Todesfall kam es am 22. Juli2003 , als die britische Wissenschaftlerin Kirsty Brown in der Nähe der antarktischen Forschungsstation Rothera beim Schnorcheln von einem Seeleoparden angegriffen und getötet wurde. Auch auf anderen Forschungsstationen wurden Mitarbeiter in der Vergangenheit vereinzelt von Seeleoparden angegriffen. Meist sprangen die Tiere völlig unerwartet aus dem Wasser und versuchten sich an einem Bein zu verbeißen, um daran ihr Opfer ins Wasser zu ziehen. Eine Angriffstaktik, die Seeleoparden übrigens auch gerne anwenden, um arglos auf Eisschollen stehende Pinguine zu erbeuten. Ab und an attackieren die riesigen Robben auch Boote. So mussten mehrere Schlauchboote der amerikanischen Antarktisstation Palmer nach wiederholten Beißattacken von Seeleoparden mit kräftigen Schutzabdeckungen versehen werden, da die Mitarbeiter der Station es irgendwann leid waren, ständig die zerbissenen Luftkammern flicken zu müssen.
Nach Aussage des Meeressäugerexperten Ian Boyd von der St. Andrews University in Schottland könnten sich derartige Zwischenfälle jedoch in Zukunft häufen. Das ist für Boyd eine schlichte Frage der Mathematik. In den nächsten Jahren wird eine deutliche Zunahme an Menschen erwartet, die aus den unterschiedlichsten Gründen die unwirtlichen Gefilde der Antarktis besuchen, was fast zwangsläufig auch zu steigenden Begegnungsraten zwischen Mensch und Seeleopard führen wird. Da scheinen weitere – möglicherweise auch tödliche Attacken – geradezu vorprogrammiert zu sein. In den Forschungsstationen der Antarktis ist man jedenfalls mittlerweile dazu übergegangen, sofort das Wasser zu verlassen, wenn sich ein Seeleopard in der Nähe befindet.
Höchst verdächtig, ebenso ab und an mal einen Menschen zu verschlingen, ist der Goonch, eine Fischart aus der Familie der Teufelswelse, die in den großen Flüssen Indiens bzw. Südostasiens wie Indus, Ganges oder Mekong vorkommt. Die gewaltigen Süßwasserfische, die eine Länge von über zwei Metern und ein
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