Faszinierend wie der Kuss des Herzogs
Walter“, antwortete Averton. „Ganz Santa Lucia schwärmt von der Schönheit dieser Kunstwerke. Guten Tag, Miss Clio. Freut mich, Sie wiederzusehen.“
Mühsam schluckte sie. „Ganz meinerseits, Euer Gnaden. Mein Vater ist jedes Mal überglücklich, wenn neue Besucher in dieser Stadt eintreffen, die er in seiner Villa umherführen kann.“
„Natürlich fühle ich mich sehr geehrt, weil ich das alles sehen darf. Bisher habe ich nicht allzu viel von Enna kennengelernt.“
„Um all diese Kunstschätze zu würdigen, braucht man mindestens ein Jahrzehnt.“ Zu ihrer eigenen Überraschung gelang es ihr, höflich mit Edward zu plaudern. „Nun sind wir schon einige Wochen hier, und wir haben noch immer nicht die Burg besichtigt.“
„Das ist nicht griechisch“, warf ihr Vater verächtlich ein. „Elftes Jahrhundert. Viel zu neu für mich.“
„Aber sehr schön“, erwiderte Clio. „Zumindest hat Rosa das behauptet.“
Und hinzugefügt, es sei ebenso verflucht wie das Bauernhaus … Doch das erwähnte Clio nicht.
„Rosa?“, fragte Averton.
„Unsere Köchin. Seit vielen Generationen lebt ihre Familie in Santa Lucia, und sie kennt sich sehr gut hier aus.“
„Wenn sie meint, die Burg sei sehenswert, hat sie sicher recht.“ Averton musterte Clio. Im Schatten seiner Hutkrempe war seine Miene ausdruckslos. „Vielleicht möchten Sie mich nach dem Lunch dorthin begleiten, Miss Clio? Gehen wir gemeinsam auf Entdeckungsreise. Natürlich sollten Sie auch mitkommen, Sir Walter.“
„O nein, ich nicht. Ich habe zu tun. Aber Clio wollte sich die Burg schon immer anschauen, nicht wahr, Liebes?“
„Nun ja …“, begann sie zögernd.
„Dann ist das geregelt. Und jetzt zeige ich Ihnen die Mosaiken, Averton. Insbesondere die Meerjungfrau im Bad ist außerordentlich gut erhalten.“
Hilflos beobachtete Clio, wie ihr Vater den Herzog davonführte. Also würde sie den Nachmittag mit dem Duke of Averton verbringen müssen. Oder mit Edward?
So oder so, sie musste sich in Acht nehmen. Nur ein einziger unvorsichtiger Schritt in diesem gefährlichen Spiel, und sie würde in einen neuen Abgrund stürzen.
„Wirf ihn bloß nicht von den Zinnen runter, Clio“, wisperte Cory, „das wäre sehr unhöflich.“
Während Edward die farbenfrohen Mosaike betrachtete, dachte er an das halb verfallene Haus in der dunklen Straße und entsann sich, was er an seinem geheimen Beobachtungsposten erfahren hatte. In Santa Lucia war Clios Sicherheit bedroht. Vor allem, wenn sie allein in den Bergen umherwanderte. Gewiss, er konnte sie noch einmal warnen. Aber würde sie auf ihn hören?
Eines Tages würde sie ihn in den Wahnsinn treiben. Wann immer er beschloss, sich von ihr fernzuhalten, von den Komplikationen ihrer lockenden Reize und ihrer Vergangenheit, zog ihn irgendetwas zu ihr zurück.
Zum Beispiel der geplante Ausflug zur Burg … Vielleicht war dies die letzte Gelegenheit, sie zur Vernunft zu bringen.
Und wenn Worte nichts nützten, waren drastischere Maßnahmen erforderlich.
9. KAPITEL
Clio stieg die steilen, in den Felsenhang gehauenen Stufen hinauf. Hinter sich hörte sie die leisen Schritte des Dukes. Wie immer in seiner Nähe waren alle ihre Sinne hellwach und angespannt. In der Vergangenheit hatte er sie oft genug überrumpelt. Das würde ihm nicht noch einmal gelingen.
Vor lauter Nervosität rutschte sie auf losen Kieselsteinen aus, verlor das Gleichgewicht und fiel nach hinten. Starke Arme umfingen sie und verhinderten einen Sturz.
Atemlos lehnte sie an Avertons warmer, muskulöser Brust.
„Passen Sie auf, wohin Sie Ihren Fuß setzen, Clio“, flüsterte er. „In diesen Bergen sind die Wege sehr gefährlich.“
„Für die Unvorsichtigen ist die ganze Welt gefährlich“, erwiderte sie und befreite sich von seinen Armen. Doch er ließ sie nicht so leicht entkommen und ergriff ihre Hand. „Danke, dass Sie mich aufgefangen haben, Sir.“
„O Clio …“ Seine Stimme nahm einen melancholischen Klang an. „Wann immer es nötig ist, werde ich Sie festhalten. Wissen Sie das nicht?“
Ehe sie antworten konnte, schob er sich auf der schmalen Treppe an ihr vorbei, umfasste ihre Hand noch fester und führte sie die restlichen Stufen zur Burg hinauf. Durch einen halb zerbrochenen Torbogen betraten sie die alte Festung. Im Laufe der Jahrhunderte waren die grauen Steinmauern zerbröckelt. Von den ursprünglich zahlreichen Türmen erhob sich nur mehr ein einziger.
Aber Clio fand die Steinhaufen, mit Ranken und
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