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Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Titel: Faszinierend wie der Kuss des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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Text! Gleich wird es dunkel.“
    Dann spähte sie wieder am Wandschirm vorbei. Das Amphitheater füllte sich, vermutlich zum ersten Mal seit den alten Zeiten. Auch Giacomo war inzwischen mit seiner Familie angekommen. Unruhig rutschte er auf seinem Sitz umher und schaute sich nervös um. Ronald Frobisher hielt Hof im Kreis seiner Freunde, die sich um ihn versammelt hatten. Aber Lady Riverton glänzte immer noch durch Abwesenheit.
    Langsam schweifte Clios Blick über das Publikum hinweg. Nun entzündeten Dienstboten die Fackeln entlang den Steinstufen. Die Lampen am Bühnenrand, die als Rampenlicht fungierten, flackerten in der sanften Brise und beleuchteten lachende Gesichter, funkelnde Juwelen.
    In der letzten Reihe, halb verborgen im Dunkel, entdeckte sie Edwards helles Haar. Auch er beobachtete die Menge – sicher sehr aufmerksam und angespannt.
    Von seiner Gegenwart getröstet, wandte sie sich wieder zu Marco und Thalia. „Ich glaube, jetzt ist es an der Zeit. Wenn wir die Leute noch länger hinhalten, werden sie ungeduldig.“
    „Und vielleicht bewerfen sie uns mit faulem Obst“, meinte Thalia. „Gewiss würde das die Stimmung stören.“
    Clio glättete den Rock ihres bernsteingelben Musselinkleids, trat hinter dem Wandschirm hervor und ging zum Bühnenrand. Als sie die Hände hob, verstummte das Stimmengewirr. Erwartungsvolles Schweigen füllte das Theater.
    „Guten Abend, verehrtes Publikum“, begann sie. „Vielen Dank für Ihren Besuch. Wie Sie wissen, ist meine Schwester Miss Thalia Chase eine begabte Schauspielerin. Was Sie wahrscheinlich nicht wissen – sie ist auch eine talentierte Bühnenautorin. Bisher konnten wir sie nicht dazu überreden, uns mit ihren Werken zu erfreuen. Aber dieser schöne Ort hat sie inspiriert, und nun möchte sie eine kleine Szene aufführen. Ebenso wie die Stadtbewohner liebt sie Santa Lucia und seine faszinierende Vergangenheit.“
    Lächelnd trat sie noch näher zu den Rampenlichtern.
    „Diese Szene beruht auf Geschichten, die meine Schwester gehört hat – auf wahren Geschichten von Gewalt und Tod, Heldentaten und verborgenen Schätzen. Vor langer Zeit überfiel ein römisches Heer diese griechische Siedlung, zerstörte sie und unterjochte die Einheimischen. Und so wurde eine blühende, idyllische Stadt mit einem Marktplatz, Bädern, Theatern und schönen Villen grausam vernichtet. Aber einigen Menschen gelang die Flucht. Sie hinterließen schöne Kunstwerke, heilige Gegenstände – allerdings nicht ungeschützt …“
    Clio verschwand wieder hinter dem Wandschirm, und Marco nahm seinen Platz auf der Bühne ein. Mit sonorer Stimme erzählte er die Geschichte eines Hirten, der hinter den Mauern eines verfallenen griechischen Bauernhauses eine Vase gefunden und beschlossen hatte, sie zu stehlen.
    Währenddessen beobachtete Clio das Publikum. Rutschte Giacomo noch nervöser auf seiner Bank umher? Wirkte Frobishers Miene schuldbewusst? Und wo steckte Lady Riverton, möglicherweise die Hauptperson bei diesen verbrecherischen Aktivitäten?
    Doch sie fand keine Zeit, um sich deshalb zu sorgen. Die Arme hoch erhoben, pirschte sich Thalia von hinten an Marco heran. Clio griff nach ihrem eigenen Kostüm mit der voluminösen Kapuze.
    Sobald sie sich vermummt hatte, schlüpfte sie aus einer Öffnung in der hinteren Wand des Amphitheaters und eilte den Hang hinauf, zum Haupteingang, der zur alten Agora, dem Marktplatz, führte. Von hier aus konnte sie das Geschehen durch ihr Fernglas verfolgen.
    Voller Enthusiasmus verfluchte Thalia den Schäfer, weil er das Eigentum der Götter gestohlen hatte. Jahrhundertelang war die Vase in ihrem Versteck unberührt geblieben – geschützt von einem fürchterlichen Fluch. Marcos qualvolle Schreie klangen erschreckend realistisch, und Clio fragte sich, ob Thalia ihn schmerzhaft kniff. Die Zuschauer starrten auf die Bühne, von wohligem Gruseln erfasst, oder sie kicherten nervös. Ein zerknülltes Taschentuch in der Hand, spähte Frobisher über seine Schulter nach hinten.
    Zu ihrer eigenen Verblüffung genoss Clio die grausige Szene – so gefesselt, dass sie beinahe verpasste, worauf sie gewartet hatte. Giacomo war aufgesprungen. Als er zur Ruine des Tempels rannte, eilte Clio hinter ihm her. Sicheren Fußes lief sie den holprigen Pfad hinauf, den sie gut genug kannte.
    Auf einem großen Felsbrocken blieb sie stehen und hob die Arme. Unheimlich flatterten ihre weiten Ärmel im Abendwind. „Halt, elender Dieb!“, rief sie mit möglichst

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