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Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Unter den Achseln gestopft, völlig abgetragen, dabei könnte sie ins feinste Geschäft gehen und einfach bestellen, was ihr gefällt. In der Bond Street oder so. Zaster? Die schwimmen in Zaster.«
    Er hielt inne und überlegte. »Ich weiß, was Armut ist. Eigentlich gar nicht so schlimm. Wenn man jung und kräftig ist und die Arbeit nicht scheut. Ich hab nie viel Geld gehabt, aber ich hab immer gewusst, was ich wollte. Ich wollte eine Autowerkstatt aufmachen. Hatte ein bisschen was auf der hohen Kante. Ich hab mit Gina darüber gesprochen. Sie hat zugehört. Schien mich zu verstehen. Ich hab nicht viel von ihr gewusst. Diese Mädchen in Uniform sehen alle irgendwie gleich aus. Ich meine, man sieht ihnen nicht an, ob sie Knete haben oder nicht. Ich hab gedacht, sie steht die eine oder andere Stufe über mir, vielleicht, von wegen Bildung und so. Aber das schien keine Rolle zu spielen. Wir haben uns ineinander verliebt. Wir haben geheiratet. Ich hatte meine Ersparnisse, und Gina hatte auch was auf der Seite, hat sie mir gesagt. Wir wollten bei mir zu Hause eine Tankstelle aufmachen, Gina war einverstanden. Zwei verrückte Kinder waren wir, sonst nichts – verrückt nacheinander. Dann hat diese hochnäsige Tante von Gina sich eingemischt. Und Gina wollte hierher nach England, ihre Großmutter besuchen. Nichts dagegen zu sagen. Es war ihr Zuhause, und ich war sowieso neugierig auf England. Ich hatte schon viel davon gehört. Also sind wir rüber. Bloß auf Besuch – hab ich gedacht.«
    Seine Miene verdüsterte sich noch mehr.
    »Aber es ist anders gekommen. Jetzt sitzen wir hier fest. Warum wir nicht hier bleiben, sagen sie, uns hier niederlassen. Jede Menge Arbeit für mich. Arbeit! Ich hab keine Lust, junge Gangster mit Bonbons zu füttern und ihnen bei ihren Kinderspielen zu helfen – wozu soll das alles gut sein? Es könnte so toll sein hier, richtig toll. Wissen denn reiche Leute nicht, was sie mit ihrem Geld anfangen können? Kapieren die nicht, dass die meisten Menschen niemals so einen feudalen Besitz haben werden und dass sie einen haben? Ist es nicht einfach blödsinnig, sein Glück so mit Füßen zu treten? Mir macht es nichts aus zu arbeiten, wenn's sein muss. Aber ich arbeite, wie's mir gefällt und was mir gefällt – und ich arbeite, um voranzukommen. Aber hier hab ich das Gefühl, ich häng in einem Spinnennetz. Und Gina – ich werd einfach nicht schlau aus ihr. Sie ist nicht mehr das Mädchen, das ich drüben in den Staaten geheiratet habe. Verflixt noch mal, ich kann – ich kann nicht mal mehr mit ihr reden. Ach, was soll's!«
    Miss Marple sagte freundlich: »Ich verstehe Ihren Standpunkt durchaus.«
    Wally warf ihr einen raschen Blick zu. »Sie sind bis jetzt die Einzige, bei der ich mich ausgesprochen habe. Sonst halte ich meistens die Klappe. Stumm wie ein Fisch. Ich weiß nicht, was es ist, aber Sie haben was – klar, Sie sind Engländerin, eine typische Engländerin, aber irgendwie erinnern Sie mich an meine Tante Betsy bei mir zu Hause.«
    »Das ist aber nett.«
    »Die hatte wirklich Grips«, fuhr Wally nachdenklich fort. »Sie war so dünn, dass man dachte, man könnte sie einfach so zerbrechen, aber in Wirklichkeit war sie zäh – ja, das kann man sagen, richtig zäh war sie.«
    Er stand auf. »Tut mir Leid, dass ich Ihnen die Ohren vollgequasselt habe«, entschuldigte er sich. Zum ersten Mal sah Miss Marple ihn lächeln. Es war ein sehr anziehendes Lächeln, und der mürrische Junge verwandelte sich auf einen Schlag in einen gut aussehenden, attraktiven jungen Mann. »Ich musste mir das wohl mal von der Seele reden. Ihr Pech, dass ausgerechnet Sie das Opfer waren.«
    »Aber nicht doch, mein Lieber«, sagte Miss Marple. »Ich habe selbst einen Neffen – obwohl, der ist natürlich ein ganzes Stück älter als Sie.«
    Einen Moment lang dachte sie an den intellektuellen, avantgardistischen Schriftsteller Raymond West. Einen größeren Gegensatz zu Walter Hudd hätte man sich nicht vorstellen können.
    »Da kommt schon neue Gesellschaft für Sie«, sagte Walter Hudd. »Die Dame ist mir nicht grün. Da geh ich lieber. Bis dann, Madam. Danke für die Unterhaltung.«
    Er ging davon, und Miss Marple sah Mildred Strete entgegen, die über den Rasen auf sie zukam.
     
     

II
     
    »Ach, hat dieser schreckliche junge Mann deine Nerven strapaziert?«, fragte Mrs Strete ziemlich atemlos, als sie sich auf die Bank sinken ließ. »Was für eine Tragödie!«
    »Eine Tragödie?«
    »Ginas Ehe. Und

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