Fatal - Roman
fühlte eine gewisse Genugtuung dabei. Vielleicht konnte sie so damit anfangen, ihren Scherbenhaufen zusammenzukehren. Sie atmete tief durch. »Und nun zur Küche.«
Um Gottes willen.
Vor dem Geschirrspüler war eine große, getrocknete Blutlache. Die Flüssigkeit war in die Dielen eingedrungen und färbte die Maserung des Parketts dunkelrot. An dieser Stelle war Carol gestorben.
»Widerlich, oder?«, fragte Connie. Ellen nickte. Sie sah Carol vor sich, wie sie die Arme schützend vor Will erhoben hatte, und schob das Bild rasch beiseite.
Am anderen Ende der Küche, vor der Hintertür, war noch eine Blutlache. Sie war zwar kleiner, aber genauso grauenhaft. An dieser Stelle war Moore gestorben. Der Benzingestank hing noch in der Luft. Der Boden war voller getrockneter Benzinspritzer. Ellen legte die Hand
vor die Augen. Nein, sie wollte sich nicht an Wills zugeklebten Mund und seinen vom Benzin verfärbten Schneeanzug erinnern.
»Ich habe dich gewarnt.«
»Du hattest recht.« Ellen biss sich auf die Unterlippe. Sie dachte nach. »Meinst du, man kriegt das Blut aus dem Holz heraus?«
»Nein. Der Geruch bleibt auf jeden Fall.«
»Dann gibt es nur eine Lösung.«
»Einen Teppich darüberlegen?«
»Nein.« Ellen ging zu den Küchenfenstern und öffnete sie - eines nach dem anderen. Kalte Luft wehte herein, eine frische, angenehme Brise. »Ich werde den ganzen verdammten Fußboden herausreißen.«
»Du allein?«, fragte Connie überrascht.
»Klar. Jeder Idiot kann Sachen kaputt machen.« Ellen holte ihren orangefarbenen Plastikwerkzeugkasten aus dem Schrank und stellte ihn auf den Herd. Dass ein Rost im Ofen fehlte, machte nichts. Sie nahm den Hammer aus dem Kasten. »Ich bin zwar kein gelernter Handwerker, aber das Ding hier scheint mir schwer genug zu sein. Wenn ich jetzt damit anfange, bin ich heute Abend fertig.«
»Du willst jetzt sofort …?«
»Warum nicht? Der Boden muss raus. Ich will ihn keine Minute länger in meinem Haus haben.« Sie atmete die frische Luft ein, die durch die offenen Fenster kam, hob den Hammer hoch über den Kopf und setzte zum ersten Schlag an.
Rumms! Der Hammer riss ein kleines Loch in den Boden. Das Holz splitterte.
»So macht man das. Aber mit dieser Methode werde ich erst an Weihnachten fertig sein.«
»Ich habe eine bessere Idee.« Connie verschwand für eine Weile im Keller, und als sie zurückkam, war Ellen nicht wesentlich weiter gekommen mit ihrer Aktion. Connie kehrte mit einer Brechstange zurück.
»Jetzt geht’s erst richtig los! Ich wusste gar nicht, dass ich so etwas habe«, sagte Ellen hocherfreut und streckte die Hand erwartungsvoll nach dem Kampfgerät aus. Aber Connie gab es nicht her.
»Das ist für mich. Du bleibst bei deinem Hammer. Wir beide sind schließlich ein Team. Ich will auch was kaputt machen.«
»Wolltest du nicht zum Footballspiel?«
»Ich habe etwas Besseres vor.« Connie ging in die Knie und zwängte die Brechstange unter eine halb herausstehende Diele. »Mark muss heute ohne mich gewinnen.«
Ellen konnte vor Rührung nichts sagen. Stattdessen schwang sie umso entschlossener ihren Hammer, und so arbeiteten die beiden Frauen in den nächsten Stunden daran, die Spuren des Albtraums, der sie heimgesucht hatte, zu beseitigen.
Ein Hammer, eine Brechstange und ihre gebrochenen Herzen waren ihre einzigen Werkzeuge.
88
Nachdem Connie gegangen war, stapelte Ellen die herausgerissenen Dielen hinter dem Haus auf. Vor dem Eingang warteten immer noch Reporter. Sie ging zurück in die Küche, schloss Tür und Fenster und atmete tief durch. Nach Benzin roch es nicht mehr, aber der Boden sah katastrophal aus. Überall ragten Nägel heraus und zwangen Oreo Figaro, einen Hindernisparcours zu seinem Fressnapf zu absolvieren.
Ellen ging vorsichtig zum Kühlschrank, um weder auf einen Nagel noch auf den Kater zu treten. Sie wollte gerade eine Flasche Mineralwasser herausnehmen, als ihr Blick auf die Schale mit dem Rest des Wackelpuddings fiel.
Das schmeckt gut, Mama.
Sie griff nach der Wasserflasche und schlug die Kühlschranktür zu. Es war 14 Uhr 25. Der Tag war noch lange nicht vorbei. Im Haus war Stille eingekehrt, aber sie fand keine Ruhe. Seltsam, dass Marcelo nicht angerufen hatte. Ihren Vater musste sie auch noch verständigen. Sie ging ins Wohnzimmer und trank im Gehen einen Schluck. Nur ihre Schritte waren zu hören. Sie suchte in ihrer Handtasche nach dem Handy. Es war nicht da. Wahrscheinlich hatte sie es in Marcelos Auto vergessen.
Durch
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