Fatales Vermächtnis
Lager steht unter Waffen.«
»Dann warten wir, bis er begonnen hat«, entschied Lodrik. »Sie werden sich auf die Front konzentrieren und nicht auf das Hinterfeld. Sie gehen davon aus, dass ihnen keine Gefahr in ihrem Rücken droht, weil die Horchposten keine Meldung über unser Kommen abgesetzt haben.« Er sah zum Meuchler hinüber, der stumm nickte.
Lodrik ließ die Meuchler Vorbereitungen treffen und eine Karte des Lagers anfertigen. »Die Hohen Schwerter rücken bis in den Wald vor und warten. Ist das Stück sauber?«
»Ja, Herr. Die feindlichen Späher wurden von uns ausgeschaltet.« Der Assassine wendete sein Pferd und ritt zurück, um die
Anweisungen weiterzugeben.
Tokaro sah seinen Vater an. »Du befehligst die Ritter nicht.
Überlasse es mir, was meine Krieger tun oder lassen«, sagte er
ruppig, hob die Hand und befahl den Vormarsch. »Dann hast du eine bessere Eingebung?« Tokaro sah zu Soscha. »Es wäre Euch ein Leichtes, das Zelt zu
erkunden und uns genaue Anweisungen zu geben.«
»Das habe ich bereits getan.« Sie nickte. »Zvatochna hat ihr Geisterheer nach vorn zu den Gräben gesandt. Ich habe Perdor und das Geeinte Heer gewarnt, doch auf eine solche Attacke kann man sich nicht vorbereiten. Nicht als normaler Mensch.« Sie sah Tokaro an. »Wir müssen Zvatochna so rasch wie möglich aus Estra treiben und vernichten.«
»Aber wie, wenn wir Vahidin nicht mehr bei uns haben?« Tokaro schaute zu Lodrik. »Oder gibt es weitere Geheimnisse? Besitzt du eine Waffe, die eine Seele zu vernichten vermag?«
Lodrik verneinte. Er legte eine Hand auf den Unterarm des jungen Ritters. »Sei gewarnt: Es kann sein, dass wir Estra notfalls töten müssen, um...«
»Niemals«, rief Tokaro bestimmt. »Es wird uns etwas einfallen. Es muss! Sonst könnten wir Vahidin gleich das Feld überlassen und einfach abwarten, was er mit ihr anstellt. Aber wir werden sie vor ihm finden und vom Fluch erlösen. Estra soll endlich wieder ihr normales Leben führen dürfen. Dafür werde ich alles tun! 1 Er ließ sein Pferd angaloppieren, Gän folgte ihm. Soscha kniff die Lippen zusammen. »Und dabei umkommen, törichter Held.«
Lodrik sah seinen Sohn davonreiten, und sein Herz schmerzte bei Soschas Worten. Er erwiderte nichts. Leise erklangen Fanfaren und Trommeln. Es bedeutete, dass der Angriff der Nicti begonnen hatte. Damit wurde es auch für sie ernst. Zeit für das Schmieden von Plänen hatten sie keine mehr.
»Sie kommen! Sie kommen!«, schrie der aldoreelische Hauptmann auf dem Aussichtspunkt. Jeder der Hauptleute, die rechts und links von Perdor standen, erteilte seinen eigenen Signalisten Befehle, und die Männer schwenkten die Wimpel, um den Truppenteilen die Anweisungen zu übermitteln.
Perdor stand stocksteif und beobachtete. Eine grünhaarige Flut sprang aus den Gräben, und die Banner, welche sie mit sich trugen, schienen auf smaragdfarbenem Wasser zu schwimmen. Er musste einfach hinschauen.
Die Nicti hetzten über die freie Fläche, gut dreihundert Schritte trennten sie von den ersten Stellungen der Ulldarter; die eigenen Bogenschützen gaben ihnen dabei Deckung und schössen die Pfeile in einem hohen Bogen gegen die Linien der Feinde. Noch während die Geschosse niederstachen und Ziele in den Lücken zwischen den Schilden fanden, ertönte ein dumpfes Rumpeln. Perdor sah, wie plötzlich Rauch weit hinter der Front aufstieg und sich zwei Dutzend Wurfarme von großen Belagerungsmaschinen ruckartig aus der Erde erhoben. Er schwenkte sein Fernrohr in die Richtung, um zu erkennen, was vor sich ging.
»Seht Ihr es auch, Majestät?«, knurrte Tuandor. »Die Nicti haben tiefe Gruben ausgehoben und darin die Vorrichtungen montiert.«
»Damit haben sie uns glauben lassen, dass sie keine schweren Waffen besitzen.« Perdor verfolgte den Flug der brennenden Geschosse - und sie reichten weit. Viel zu weit!
Sie flogen mit einem Schweif aus fettem, schwarzem Rauch über die ersten Reihen der Ulldarter hinweg und rauschten mitten in die vermeintlich sicheren Stellungen der feuerbereiten Bombarden. Sobald sie aufschlugen, zerbarsten sie und verteilten flüssiges Feuer um sich herum. Es spritzte, traf Menschen und Bombarden gleichermaßen; krachend entluden sich die Waffen und schössen ihre Ladungen ungezielt ab. Mal gingen die Kugeln mitten unter den Nicti nieder, mal in den eigenen Stellungen, und mal trafen sie gar nichts.
Die Vorräte des Sprengpulvers zündeten und schufen neue Explosionen, welche die Geschützmeister
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