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Fatales Vermächtnis

Fatales Vermächtnis

Titel: Fatales Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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vorsichtigen, tastenden Schritte, die sich wirklich näherten. Dann spürte er ihre Hand an der Schulter, und er packte zu, um ihr Halt zu geben. »Der Bleichen Göttin sei Dank«, sagte er. »Was ist geschehen?«
    »Woran erinnerst du dich?«, fragte sie, und er meinte, Unsicherheit in ihrer Stimme zu bemerken. Lorin strengte sich an, sich die Geschehnisse auf der Galeere ins Gedächtnis zu rufen. »Ich bin nachts wach geworden und an Deck gegangen«, erzählte er halblaut. »Es war aber niemand da, keine Schiffswache und keiner im Krähennest. Ich habe den Kapitän gesucht...« Er schwieg, Schwindel überfiel ihn. »Mir dröhnt der Kopf«, gestand er. »Ich muss ihn mir angeschlagen haben.«
    »Das Schiff ist mit falschen Leuchtfeuern auf ein Riff gelockt worden und gesunken«, sagte Estra neben ihm, und ihr Atem umwehte ihn. »Es ging alles sehr schnell, wir sind über Bord gestürzt. Eine Strömung muss uns in die Grotte getrieben haben ...«
    »Nein«, widersprach er ihr. »Es waren keine Matrosen an Deck. Und...« Lorins Erinnerung zeigte ihm Blut auf den Planken. »Und da war Blut. Viel Blut!«
    »Es gab einen Kampf. Die Strandpiraten sind herübergekommen und wollten uns ausrauben, weil sie dachten, wir hätten das Schiff verlassen«, gab sie ihm eine Erklärung.
    »Tokaro?«, rief Lorin und stand vorsichtig auf. Strandpiraten vor Bardhasdronda - das hatte es noch nie gegeben. »Tokaro, bist du hier?«
    »Wir sind die Einzigen hier. Bis vorhin dachte ich, ich sei allein.« Estra stand ebenfalls auf. »Was tun wir jetzt?« Ihre Stimme verriet aufkommende Todesfurcht. »Wir haben nichts zu essen, nichts zu trinken.«
    Lorin ertastete ihre Schultern. »Wir finden hinaus. Die Bleiche Göttin steht uns bei.« Er bemühte sich, Hoffnung zu verbreiten. »Gehen wir mit Umsicht vor. Hast du schon etwas von unserem Gefängnis erkundet?«
    Sie schniefte. »Wände, rau und feucht. Sie führen senkrecht nach oben, und auf der rechten Seite ist so etwas wie ein Tunnel. Aber ich habe mich nicht hineingewagt.«
    »Wir sind irgendwie hereingekommen, also finden wir auch wieder einen Weg in die Freiheit hinaus. Schauen wir uns ...« Er musste lachen. »Nein, ertasten wir uns den Tunnel. Mit dem Sehen ist es nicht so weit bestellt.«
    Estra musste auch lachen, und er freute sich, dass sie neuen Mut schöpfte. Gemeinsam kletterten sie über Steine und stützten sich gegenseitig; gelegentlich zertraten sie Krebs oder irgendwelche Schalentiere, und von der hohen Decke tropfte Wasser auf sie nieder. Aus weiter Entfernung donnerte es regelmäßig. Zu regelmäßig für ein Gewitter. 34
    Lorin kostete die Tropfen. »Salz«, stellte er fest. »Über uns ist das Meer.«
    »Über uns?« Estra suchte nach seiner Hand und hielt sich daran fest.
    »Vermutlich sind wir nach dem Kentern in eine Strömung
    geraten und wurden unter Wasser in diese Grotte gespült.« Lorin entsann sich, dass es eine alte Legende über eine Grotte in der Nähe von Bardhasdronda gab. »Wie ging sie noch mal?«, murmelte er.
    »Was?«
    »Nicht so wichtig, Estra.« Er zog sie weiter, und sie fanden in den Tunnel, von dem sie ihm berichtet hatte.
    Schweigend tasteten sie sich vorwärts. Mit einem Fuß sicherten sie zuerst den Untergrund, und dann wagten sie den nächsten Schritt.
    Hinter ihnen erklang Rauschen, und plötzlich umspülte kalte Nässe ihre Füße.
    »Wasser!«, kreischte Estra und presste Lorins Finger zusammen. »Die Flut!«
    Lorin hielt es nicht für die Flut, sondern eine Meeresströmung, welche ihre Richtung geändert hatte und die Kammer voll laufen ließ. Er musste die neuerliche Angst niederringen. »Estra, beherrsche dich!«, forderte er sie auf. »Es bringt nichts, du brauchst deinen klaren Verstand. Den einer Inquisitorin.« Sie schluchzte. »Ja. Ja, es tut mir leid.«
    Lorin erkannte sie kaum wieder, ihre Besonnenheit schien von der Dunkelheit verzehrt worden zu sein. Behutsam setzte er den Weg fort.
    Das Wasser stieg und reichte ihnen bald bis an die Knie, während der Tunnel immer niedriger wurde. Boden und Decke bewegten sich aufeinander zu.
    »Wir laufen in ein totes Ende«, jammerte Estra. »Wir sind verloren!« Sie klammerte sich an ihn. »Halt mich fest, Lorin!«
    Er war von ihrer Kraft ebenso überrascht wie von ihrem Verhalten. »Wir kommen lebend aus der Grotte, Estra.« Lorin versuchte, ihre Arme von sich zu lösen, aber sie ließ nicht los. Selbst als er sich anstrengte, vermochte er nicht, die Umklammerung zu sprengen. »Was soll

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