Fatales Vermächtnis
nach Rogogard bereits gehalten habt«, stimmte Puaggi ihm zu.
»Und auch das gefiel mir schon nicht.« Sotinos blickte auf die Branntweinflasche. »Ich vermag mir in meinen schwärzesten Träumen nicht auszumalen, wie
es in Euch aussieht, Kapitän, doch ich ahne, was Euch in die Verzweiflung trieb.« Er sah ihm ergründend in die Augen. »Niemand
verlangt von Euch, Varia zu vergessen....«
»Sagt jetzt nicht aber, Commodore, oder ich vergesse mich und die Tatsache, dass wir Freunde und Kampfgefährten sind«, warnte ihn Torben knurrend.
Sotinos lächelte, den rauen Ton verzeihend. »Das würde ich niemals tun, Kapitän. Ihr habt mich missverstanden.« Er streckte sich und nahm die Branntweinflasche. »Seht Ihr, bevor Ihr in diesem Haus sitzt und Euch die Decke auf den Kopf fällt«, er zog den Korken aus der Flasche, »dachte ich mir, dass es mehr Sinn macht«, er goss den Inhalt auf die Holzdielen, »wenn wir uns an der Jagd nach Zvatochna beteiligen. Sie befindet sich, wie man gehört hat, auf See, irgendwo zwischen Rundopäl und Borasgotan. Das Schiff, das ich von König Perdor geschenkt bekommen habe, läuft durch die Wellen, als bedeute Wasser gar kein Hindernis.« Er stellte die leere Flasche auf den Tisch und warf den Korken daneben. »Würdet Ihr mich begleiten? Diese Gewässer sind mir eher unbekannt, und ich brauche einen erfahrenen Seemann wie Euch. Einen Helden, um ein Monstrum zu vernichten.«
Torben war gerührt. Er hatte längst verstanden, was den jungen Mann wirklich zu ihm getrieben hatte: Besorgnis. Er schlug dem Palestaner auf die Schulter. »Ihr seid aus dem rechten Holz geschnitzt, Commodore. Aber ich werde ablehnen müssen. Nicht wegen mir, ich würde gern in den Tod gehen, wenn ich Zvatochna dafür vernichten kann ...« Er brach ab.
»Sondern wegen mir.« Sotinos erkannte es in den Augen des Freibeuters.
»Ja«, nickte er. »Ihr seid jung, habt eine Frau in Palestan, die auf Euch wartet, und einen Aufstieg vor Euch. Wie könnte ich es verantworten, Euch mit auf eine Mission zu nehmen, die mehr als riskant ist?«
Er lächelte ihn väterlich an. »Was für ein Freund wäre ich Euch dann, Commodore?«
Sotinos lächelte zurück. »Der beste, den es gibt, Kapitän. Denn
andernfalls würdet Ihr mich allein segeln und die Frau jagen lassen, welche Euch Gefährtin und Lebenswillen geraubt hat. Das
wäre viel gefährlicher.« Er nahm seinen Dreispitz und setzte ihn auf den Schopf. »Mein Schiff läuft morgen früh aus, und ich vertraue darauf, dass ich Euch neben mir am Ruder stehen sehe.« Er stand auf und verneigte sich, schritt langsam zur Tür.
Torben schaute ihm hinterher und musste seine neuerliche Rührung durch die eng gewordene Kehle hinab schlucken. Was der junge Mann beabsichtigte, war klar und offensichtlich wie ein Riff bei Ebbe.
»Commodore?«
Puaggi drehte sich zu ihm um. »Ja?«
Torben deutete auf die Branntweinpfütze. »Ihr schuldet Ingor Bartuls Sohn eine halbe Flasche seines besten Gebräus.«
Sotinos machte ein verdutztes Gesicht. »Da hol mich doch der Tiefseekraken! Ich dachte, es sei Eure!«
»Nein. Meine steht da hinten«, er zeigte auf den kleinen Vorratsschrank, »bei den anderen.« Torben musste laut lachen, weil sich der Commodore noch immer nicht von seiner Verwunderung erholt hatte. »Ich schwöre Euch, dass ich sie nicht anrühren werde. Wenn ich meinen Dienst bei Euch antrete, möchte ich einen klaren Kopf haben.«
»Das freut mich!«, rief Sotinos und kam auf den Freund zu, legte ihm die Hände auf die Schultern.
»Ich vermag gar nicht zu sagen, wie sehr!«
»Das müsst Ihr nicht. Ich sehe es Euch an.« Torben reichte ihm die Hand. »Danke, Commodore.«
Sotinos schlug ein. »Ich wusste, dass Ihr annehmen werdet. Um mich macht Euch keine Sorgen, wir überstehen dieses Vergnügen beide lebendig.«
»Dann habt Ihr eine Strategie, wie wir mit der Nekromantin fertig werden?«
Der Palestaner wandte sich zum Gehen und bückte sich, um mit Hut unter dem Türsturz durch zupassen. »Die habe ich in der Tat. Ihr erfahrt sie unterwegs«, zwinkerte er und trat hinaus. Durch das Öffnen war frische Luft in die Hütte geströmt, und
Torben sog sie tief in sich ein: Salz, Meer und frischer Tang,
begleitet von den ergrünenden Wiesen. Dazu drangen die Geräusche der Menschen herein. Ihn hielt nichts mehr in der Behausung, die er mit einem Mal als muffig empfand. Er streifte die Decke ab und warf sich den Mantel um, dann trat er hinaus in den Sonnenschein und
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