Fatales Vermächtnis
»Habt Ihr gesehen, wozu ein dünner Mann fähig ist, Hajduk?«, höhnte er und steckte das Schwert weg. »So schnell kann das Leben zu Ende sein.« Er hob die Linke und richtete sie auf den Mann; gleich darauf setzte er magische Energie frei, um ihn damit zu vernichten. Ein dunkelroter Blitz jagte gegen Fidostoi, doch kurz bevor er in den Körper eindrang, flammte es grün vor dem Mann auf, und der Angriff verpuffte wirkungslos. Aufschreiend ließ er seinen Säbel fallen, als könnte die Waffe etwas dafür.
»Das war verblüffend, wenn auch nicht unerwartet«, kommentierte Vahidin gebannt.
»Ich ... was war das?«, stammelte Fidostoi und tat zwei Schritte rückwärts, bis er gegen einen Stützpfosten lief und aufgehalten wurde.
»Das würde ich auch zu gerne wissen«, sagte Vahidin und zog
die Mütze von den silbernen Haaren. »Ich wusste, dass es Magie auf Ulldart gibt, doch dass ich ausgerechnet an jemanden gerate, der das Talent besitzt, ist... unwahrscheinlich.« Er legte die Hände auf den Rücken, wie es sein Vater immer zu tun gepflegt hatte.
»Wisst Ihr eigentlich, welche Gabe Euch zuteilwurde?«
Fidostoi umrundete den Pfeiler und schob sich auf den Ausgang zu. »Nein. Doch solange es mich vor dem schützt, was du gegen mich schleuderst, Dämon, nehme ich es gerne an!«
»Kein Dämon. Ein Abkömmling des Zweiten Gottes, Hajduk. Mein Vater war Mortva Nesreca, Ihr werdet von ihm gehört haben«, stellte sich Vahidin vor.
Fußschritte näherten sich der Tür, sie wurde aufgerissen, und ein weiterer Hajduk kam ins Haus gestürmt. »Fidostoi, wir müssen sofort nach Dabinsk!« Sein Gesicht zeigte blutige Spuren, wie sie die Krallen der Modrak verursachten, und ein Dolch steckte in seiner Schulter. Er hatte die Verwundung in seinem Schock noch nicht bemerkt.
Er öffnete den Mund, starrte auf die Toten - dann gab es einen Schlag, und eine Klingenspitze fuhr in Bauchhöhe durch seine Kleidung. Als sie zurückgezogen wurde, stürzte der Mann regungslos nieder. In der Tür stand Lukaschuk, einen langen Dolch mit blutiger Klinge in der Hand haltend.
»Damit seid Ihr der Letzte, Hajduk Fidostoi«, merkte Vahidin an. »Was fange ich mit Euch an? Denn Eure Fähigkeit ist bemerkenswert. König Perdor würde viel dafür geben, Euch in die Finger zu bekommen und ausbilden zu lassen. Zu einem ... Magier oder etwas in der Art. Und das wiederum gefiele mir gar nicht.«
»Ich ...«, stotterte Fidostoi und wandte sich um, nahm Anlauf und sprang durch das geschlossene Fenster in die Freiheit.
»Fangt ihn«, befahl Vahidin. »Und von mir aus bringt ihn um.« Lukaschuk nickte und rannte davon; seine Befehle hallten über
die Dorfstraße.
Vahidin konzentrierte sich und nahm Kontakt zu den Modrak
auf. Versammelt euch, meine Diener, rief er sie. Bringt die Leichen der Hajduken und Soldaten zehn Warst weg von hier, danach verfahrt ebenso mit den Kutschen und Pferden. Wie Ihr befehlt, Hoher Herr, erschallte es in seinem Verstand, und gleich darauf hörte Vahidin den leisen Flügelschlag seiner Modrak. Sie warfen Schatten in den tauenden Schnee, bevor sie vor dem Haus landeten und auf den Eingang zu hopsten.
Vahidin machte ihnen Platz, damit sie die Soldaten hin ausschleifen konnten. Richtet den Ort her, als wären sie Opfer eines Überfalls geworden, danach treibt die Pferde davon. Wie Ihr befehlt, Hoher Herr. Sie begannen mit ihrer Arbeit.
Ein klein gewachsener Modrak wandte sich an ihn, die purpurn leuchtenden Augenhöhlen richteten sich auf ihn. Ich möchte den Fetten jagen, Hoher Herr. Lasst ihn mir! Euren Männern wird er ansonsten entkommen!
Vahidin schaute den Modrak an. Der Anblick des kahlen, toten-kopfähnlichen Schädels schreckte die meisten Menschen, doch ihm bereitete es keinerlei Abscheu. Wieso möchtest du das? Um mich zu beweisen!
Mir musst du nichts beweisen. Du bist ein Diener wie alle anderen auch. Nicht Euch, Hoher Herr. Der Modrak sah zu seinen Artgenossen. Auch unter uns gibt es Rangfolgen. Ein Erfolg, der mich in Eurem Ansehen steigen lässt, würde mich gegenüber einem anderen erheben, dessen Zeit eigentlich abgelaufen ist.
Rangkämpfe kann ich mir nicht leisten, erwiderte Vahidin.
Aber unter meiner Führung wären sie effizienter als unter meinem Rivalen, Hoher Herr. Der Modrak stand ungewöhnlich aufrecht. Ihr würdet eine Verbesserung erfahren. Vahidin war neugierig geworden und zeigte zum Ausgang. Es sei dir gewährt. Aber wenn meine Leute ihn vor dir finden und
zurückbringen, werde
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