Fatales Vermächtnis
vor?« Er legte die Hände an die Klinken.
»Lasst die Tür zu, Majestät.«
Perdor wirbelte herum und sah Fiorell vor dem Bild stehen, die Finger am Rahmen. Er sah ebenso verdutzt zum Kamin wie er: Von dort war die flüsternde Stimme gekommen.
»Seit wann können die Ratten in dem Schloss sprechen?«, wisperte Fiorell und ließ das Bild los. Dreck rieselte aus dem Schlot in die Feuerstelle, dann kam eine Frau herabgesprungen. Sie trug ein sehr enges, schwarzes Kostüm, das vom Schnitt her dem eines Artisten nachempfunden war. In der Rechten hielt sie einen Leinensack. »Das nehme ich dir übel, Liebster«, sagte sie zu Fiorell und lächelte. Der Ruß auf ihrem Gesicht konnte nichts daran ändern, dass sie hinreißend aussah.
»Paltena!«, freute sich der Hofnarr und lief zum Kamin. »Liebster?«, entfuhr es Perdor, und er musste schmunzeln. »So ein Schwerenöter!«
Die serusische Spionin hob einen Arm. »Nein! Bleib, wo Ja bist. Die Wachen werden nicht ewig den merkwürdigen Gerau-sehen im Garten nachjagen und merken, dass es meine Frettchen sind. Gebt euch so, als würdet ihr das tun, was ihr immer tut, falls jemand durchs Fenster hereinschaut.«
»Dann müsste er Pralinen essen«, grinste Fiorell. »Und er schlafen.« Der König kniff die Augen zusammen. »So, so. Eine junge Dame hat das Herz meines Oberspions erobert. Dass ich das noch erleben darf.«
»Ich hatte auch so meine Zweifel. Bei dem Leben, das Ihr führt«, gab er neckend zurück. Es war nicht leicht für ihn, sich zurückzuhalten und nicht in den Kamin zu steigen, um Paltena mit einem Kuss zu begrüßen.
»Ihr habt es schön geheim gehalten.« Perdor lachte und klatschte in die Hände. »Doch das kann ich von Spionen wohl erwarten, nicht wahr?«
»Er war schon immer mein Vorbild«, sagte Paltena leise.
»Der Altersunterschied schreckte uns zunächst, aber wir haben beschlossen, mich einfach als ihren Vater auszugeben, und schon ist alles in bester Ordnung. Auf dem Land ist es egal, und in eine Stadt bringt man mich ohnehin nicht.« Fiorell behielt die Veranda im Auge. »Du hast sicherlich eine Nachricht?«
Paltena nickte. »Da wir nicht mehr auf Brieftauben zurückgreifen können, musste ich mich selbst auf den Weg machen. König Fronwar und Fürst Arl von Breitstein lassen Euch ausrichten, Majestät, dass sich ein Heer zur Rettung von Ilfaris formiert. Das Geeinte Heer wird noch bis zum Sommer zusammenfinden und in Serusien stehen, ohne dass es die Angorjaner oder die Nicti mitbekommen.«
Perdor wollte seinen Ohren zunächst nicht trauen. »Das haben sie vor?«
»Es hat bereits begonnen, Majestät. Als die Kunde umlief, dass Nech Fark Nars'anamm nach Ilfaris marschiert, war für die meisten Herrscherinnen und Herrscher entschieden, dem Treiben nicht länger zuzuschauen.« Paltena sah einen Angorjaner auf der
Veranda und zog sich tiefer in den Kaminschatten zurück. »Wir
haben in der Vergangenheit zu oft gezögert.«
»Das ist zu gefährlich für mein Land«, kam es Perdor über die Lippen. »Der Wahnsinnige wird alles in Brand stecken, und die Nicti werden gezwungenermaßen auf seiner Seite eingreifen müssen.«
»Es wird schnell gehen, Majestät. Mein Herr hat einen Plan ersonnen, wie wir die Angorjaner vertreiben, ohne die Waffen gegen die Nicti erheben zu müssen.« Paltena sprach ruhig und versuchte, ihm die Bedenken zu nehmen.
Perdor dagegen hatte eine Sache deutlich herausgehört. »Kann es sein, dass dieser Plan auch ohne meine Zustimmung in die Tat umgesetzt werden soll?«
»Ja, Majestät«, bestätigte sie ihm. »Es gibt den Beschluss, dem Angorjaner nichts durchgehen zu lassen, was sich östlich, westlich und nördlich von Kensustria abspielt. Er hat nichts auf Ulldart verloren, und wenn er Krieg mit seinem Bruder um den Kaiserthron führen möchte, soll er das zu Hause tun. Er von Süden und sein Bruder von Norden. Aber nicht auf Ulldart.«
Perdor kratzte sich im Bart. »Es ist mir nicht recht. Wir sollten nach einer anderen Lösung suchen.«
»Ich fürchte, es gibt keine andere, Majestät. Wir müssen dem Mann zeigen, dass wir uns nicht alles gefallen lassen. Ihm und den Nicti. König Fronwar und Fürst Arl von Breitstein sind davon überzeugt, dass uns die Grünhaare nicht angreifen, wenn wir sie in Ruhe lassen und uns lediglich um die Angorjaner kümmern.«
Fiorell kam seinem Herrn zu Hilfe. Auch er hielt wenig von dem doch sehr abenteuerlichen Vorhaben mit ungewissem Ausgang. »Haben sie wenigstens versucht, mit
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