Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
Vom Netzwerk:
eingeschleust, ja. Aber ich wollte euch nie in Gefahr bringen. Und ich weiß, das habe ich getan, als ich meinen Spiegel und die Karten in eurem Keller versteckt habe.«
    Sie nickte Jade unmerklich zu. Ein Schweißtropfen rann ihr über die Schläfe, und die Hände, die die Gitter umklammerten, waren weiß wie Marmor. Jade verstand und erwiderte das Nicken.
    »Aber warum?«, fragte sie leise. »Warum Lord Minem? Bist du wirklich seine Mörderin?«
    »Mörderin?« Lilinn lachte bitter, ballte die Hand zur Faust und zeigte ihr die drei Schnitte. »Lord Minem hatte eine Chance. Mein Bruder und meine Mutter hatten keine, als er sie seinen Tigern vorgeworfen hat.«
    Jade biss sich auf die Unterlippe. Lilinns Familie. Nie hatte sie von ihnen gesprochen. Die Köchin schluckte und wandte sich ab.
    »Livonius!«, brüllte Moira. »Komm runter oder ich erschieße dich auf der Stelle!«
    Jade beeilte sich, zum Fenster zurückzukommen. Kaum stand sie auf sicherem Boden, packte Moira sie am Kragen und stieß sie gegen die Wand.
    »Verrückt geworden?«, fuhr sie sie an. »Sei froh, dass keiner der Jäger von unten auf dich geschossen hat.«
    Jade rutschte an der Glaswand hinunter, bis sie auf dem Boden saß.
    »Tut mir leid«, murmelte sie nur. Sie hatte keine Kraft mehr zu streiten. Lilinn und Elanor. Und der Krieg, der jetzt begonnen hat. Das war mehr, als sie heute ertragen konnte.
    Moira seufzte und setzte sich auf die Treppe. Sie sah müde aus und sicher machte ihre Wunde ihr zu schaffen. »Und? War es das jetzt wert?«, meinte sie. »Eure Köchin wird sterben, so oder so.«
    »Hast du keinen Funken Mitleid?«, brauste Jade auf.
    »Haben die Rebellen Mitleid?«, konterte Moira. »Frag meinen besten Freund, der schwer verletzt in seinem Quartier liegt und nicht weiß, ob er die nächste Nacht überlebt. Weißt du, wie hart es ist, den einzigen Freund zu verlieren? Oder frag Lord Minem. Ach nein, warte mal, der kann ja ohne Kopf gar nicht antworten.«
    Jade hatte schon eine Erwiderung parat, aber sie biss sich gerade noch rechtzeitig auf die Zunge. »Macht dir das da draußen nichts aus?«, fragte sie stattdessen leise. »Gar nichts? Ich meine, du bist doch …«
    »Hey!«, unterbrach Moira sie scharf. »Glaubst du, es ist einfach für mich, Leute aus meiner Truppe sterben zu sehen? Denkst du, ich finde alles in Ordnung, was ich sehe? Und trotzdem: Euer blondes Gift da draußen mag ein schweres Schicksal gehabt haben, na und? Wir Jäger sind lebende Tributzahlungen an die Lords. Unsere Familien gaben uns fort, als wir kaum laufen konnten, und viele überstehen nicht einmal die Ausbildung, bis sie erwachsen sind. Es gibt grausame Lords, ja, aber einige von ihnen haben mich mehr als einmal vor einem schlimmeren Los bewahrt. Sieh dich um, Jade. Sieh dir die Leute genauer an, und du wirst sehen, dass jeder Einzelne in dieser verdammten Stadt einen Grund zum Töten hätte. Aber nicht jeder greift zum Messer.«
    Jade starrte die Jägerin völlig verdattert an. »Warum dienst du dann den Lords?«, wagte sie zu fragen.
    Moira verzog den Mund zu einem humorlosen Lächeln. »Es geht nicht ums Dienen, Jade. Die Freiheit ist nichts weiter als ein schöner Traum vom einfachen Leben. Glaub mir, Herren und Diener gibt es überall, auch wenn sie sich anders nennen. Und alles, was du bist und hast in dieser Stadt, ist das Ergebnis von Verhandlungen und Kämpfen, jeden Tag, jede Stunde. Manchmal ist es nicht leicht, das Gleichgewicht zu halten. Also: Wie soll ich selbst handeln? Sage ich mir: Lohnt es sich, jeden Tag zu kämpfen, für das Gleichgewicht, für meine Truppe, für einen der weniger grausamen Lords, in dessen Diensten ich stehe – oder einfach nur für mich, weil ich leben kann? Oder fange ich an, für eine wirre Idee blindlings zu morden?«
    Jade sah sie mit großen Augen an. Und sie musste sich eingestehen, dass sie sich wünschte, die Jägerin und sie hätten sich in einer anderen Stadt getroffen und in einer anderen Zeit – dort, wo sie nur zwei Frauen sein könnten, die sich begegneten und zulächelten.
    Moira schien bewusst zu werden, dass sie zu viel gesagt hatte. Sie wich Jades Blick aus, stand auf und wandte sich zur Treppe.
    Jade stand auf und folgte ihr. Sie dachte, Moira würde sicher kein Wort mehr mit ihr reden, aber die Jägerin überraschte sie, als sie sich vor der Tür noch einmal umdrehte und Jade ein spöttisches Lächeln schenkte.
    »Du bist sentimental und verrückt, Livonius, und hitzköpfig dazu. Aber

Weitere Kostenlose Bücher