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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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hölzernen Sperrriegel verrammelten, war eine Gruppe von heranstürmenden Jägern und Lords. Die Tür war so dick, dass sie unter den wütenden Tritten kaum erzitterte.
    Jade fuhr herum und sah sich um. Wasser rann von der Wand und breitete sich als spiegelnde Fläche auf dem Boden aus. Die Vorhänge bauschten sich im Sog der kalten Flüssigkeit in der sommerheißen Luft.
    Doch etwas lief hier schief. Das Wasser der Wila floss durch die Räume, aber immer noch tat sich nichts. Jade starrte ratlos auf den Boden, kein Bild, kein Echo, keine Spiegelungen. Nicht einmal Amber war hier, stattdessen sah sie nur eine erschreckend fremde, blasse Jade.
    Die Tür erzitterte heftiger.
    »Wo bist du?«, schrie Jade. Ihre Schulter pochte, und sie fühlte sich plötzlich so schwach und mutlos, dass sie auf die Knie sank. Sie schloss die Augen und horchte. Schüsse klangen gedämpft in den Raum.
    »Sie werden reinkommen«, sagte Nell mit einer Stimme, die vor Entsetzen ganz hoch war. »Los, weiter! Da vorne ist noch eine Tür.«
    »Scht!«, zischte Jade. Wie unter Wasser nahm sie nur ein Rauschen wahr. Und ein Ziehen in ihrer Brust, aber keinen Ruf. Jade verzog das Gesicht, stand auf und taumelte mit geschlossenen Augen zur Seite. Das Ziehen wurde stärker, ein Stechen wie von einer Nadel an ihrer Schläfe, und sie keuchte auf und wandte den Kopf ab. Und dann spürte sie ein sachtes Zerren an ihren Schultern, an ihren Beinen, als würde sie in der Wila schwimmen und eine Strömung hätte sie ergriffen. Jade widerstand verwirrt, doch dann gab sie auf und ließ sich von dem Ruf tragen. Er führte sie aus dem Thronsaal hinaus!
    Sie stolperte und verlor den Kontakt, fand ihn wieder. Sie hörte kaum, wie Nell auch die zweite Tür hinter ihnen verschloss und auf sie einredete. Sie ging mit fest zusammengepressten Lidern, schneller und schneller, und mit einem Mal betrat sie das Zentrum des unsichtbaren Strudels. In der Erwartung, ein Echo zu sehen, öffnete sie die Augen und wurde enttäuscht. Es war ein breiter Flur, sonst nichts. Offenbar wurde er nicht mehr benutzt. An den Seiten stapelten sich verzierte Säulen und Holzpfähle und Reste von Möbeln, die zu Brennholz zerhackt worden waren. Verbogene Schürhaken und Stangen bildeten in einer Ecke einen wirren Haufen. Von dem Prinzen keine Spur.
    Ratlos blickte Jade nach oben. Ein eiskalter Tropfen zerplatzte auf ihrer Stirn. Und noch einer. Sie blinzelte und sah genauer hin. Ein nasser Bogen hing von der Decke! Stoff, der sich vollgesogen hatte. Jetzt sah sie es deutlicher: Die gesamte Decke war mit dunklem Stoff bespannt worden.
    Jade warf einen prüfenden Blick auf die Befestigung der Gardinen, dann stopfte sie den Rocksaum in ihren Gürtel, sodass ihre Beine frei waren, packte den Schleierstoff und drehte ihn so lange, bis sie einen gewundenen seilartigen Wulst in den Händen hatte.
    »Was hast du vor?«, rief Nell.
    »Behalte die Tür im Auge!«, rief Jade, riss die Pistole aus ihrem Gürtel und warf sie der Rebellin zu. Dann begann sie zu klettern. Sie schnappte nach Luft, ihre Schulter schmerzte höllisch, aber sie gab nicht auf und zog sich Hand über Hand nach oben, bis sie dicht unter der Decke hing. Sie schlang die Beine noch fester um ihr provisorisches Seil und fischte mit der Hand nach dem Stoff. Er glitt ihr durch die Finger. Jade fluchte laut. Die Schläge gegen die Tür am Ende des Flurs wurden immer härter, das Holz bebte und ächzte.
    »Jade!«, brüllte Nell. »Was auch immer du vorhast, beeil dich!«
    Jade schluckte, dann rutschte sie ein Stück nach unten und stieß sich mit aller Kraft von der Wand ab. Mit beiden Händen packte sie den Stoff, so fest sie konnte. Sie spürte, wie zwei Fingernägel abbrachen, dann zerrte ihr eigenes Gewicht sie nach unten. Das Seiltuch schwang ohne sie zurück und drehte und entfaltete sich wie eine anmutige Tänzerin. Einen Augenblick zappelte Jade verzweifelt über der Tiefe, während der Stoff sich spannte und ihre Finger abzurutschen drohten. Sie biss mit aller Kraft die Zähne zusammen und gab ihren Beinen noch mehr Schwung – und endlich riss der Stoff mit einem scharfen Ratschen auf. Eiskaltes Wilawasser durchnässte sie, drang in ihre Nase und schmeckte bitter auf ihrer Zunge. Mit der reißenden Stoffbahn in den Händen sauste sie dem Boden so schnell entgegen, dass sie aufschrie. Sie hörte noch Nells entsetztes Keuchen, dann nahm der Aufprall ihr die Luft. Schmerzhaft landete sie, überschlug sich und blieb direkt neben

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