Fay - Das Vermaechtnis des Blutes
Aber das ist ja nicht weiter schlimm“, versuchte Dalila sie zu beruhigen, denn sie verstand nicht weshalb ihre Großmutter deswegen so aufgebracht war.
„Wo…wo ist die Katze? Kannst…kannst du sie…jetzt sehen?“, hakte Daphne ungläubig nach und sah sich mit minimalistischen Gesten um, so als ob sie die Katze nicht mit einer hektischen Bewegung verscheuchen wollte. Dalila warf nochmals einen flüchtigen Blick unter den Tisch. Dann schüttelte sie den Kopf.
„Nein, seit ich die Küche betreten habe, habe ich sie nicht mehr gesehen. Aber du brauchst dich wegen einer gewöhnlichen Katze nicht so aufzuregen. Zugegeben ist sie dank ihrer enormen Größe nicht ganz so gewöhnlich, aber sie tut ja niemandem etwas. Wir lassen einfach die Tür einen Spalt offen stehen, dann wird sie sich bestimmt wieder aus dem Staub machen“, beschwichtige ihre Enkelin sie.
„Erzähl mir alles, was mit der Katze zu tun hat!“, forderte Daphne sie auf und setzte sich zu ihr an den Tisch. Dalila verstand den ganzen Wirbel um das Tier zwar nicht, doch sie tat ihrer Großmutter gerne den Gefallen. In kurzen Worten fasste sie die wichtigsten Begebenheiten zusammen und Daphne lauschte aufmerksam jedem ihrer Worte. Ihr grübelnder Gesichtsausdruck verriet, dass sie angestrengt über das Tier nachdachte.
„Und wie sieht sie genau aus?“, bohrte sie weiter nach.
„Wie ich schon erwähnt hatte, ist sie so groß wie ein Hund. Sie hat ungefähr die Körperhöhe eines Labradors. Langes, feuerrotes Fell und intensiv olivfarbene Augen“, fuhr Dalila mit der Beschreibung fort. Nach einem kurzen Moment des Schweigens wirkte Daphne nicht mehr so angespannt. Nun, da sie die genauen Details über das Tier wusste, konnte man in ihren Augen Erleichterung und sogar ein wenig Freude erkennen. Dalila war ratlos. Statt ihre Fragen zu beantworten, die bis dahin noch immer offen waren, hüllte sich ihre Großmutter in einen Schleier aus noch mehr Rätseln. Plötzlich läutete es an der Haustür.
„Würdest du bitte aufmachen“, bat Daphne sie, während sie gedankenverloren einige Krümel mit der Hand vom Tisch fegte. Dalila kam ihrer Bitte nach und ging zur Vordertür. Der frühmorgendliche Besucher war Jo. Als sie die Tür öffnete stand er mit dem Rücken ihr zugewandt. Dadurch konnte sie einen Blick auf seine breiten Schultern werfen. Seine Körperhaltung war stolz und strotzte nur so vor Männlichkeit. Unwillkürlich setzte ihr Herzschlag für eine Sekunde aus, um dann in doppelter Geschwindigkeit weiter in ihrer Brust wie wild zu hämmern. Da der Schönling hörte wie ihm die Haustür geöffnet wurde drehte er sich um und setzte ein umwerfendes Lächeln auf, als er die neue Hausbewohnerin erblickte, die mit hochrotem Kopf vor ihm stand. Er betrachtete sie eingehend von oben bis unten. Erst da wurde ihr bewusst, dass die hauchdünne und daher durchsichtige Seide ihres Nachtgewandes, ungewollte Einblicke gewährte. Voller Scham blieb sie wie angewurzelt stehen und hielt nervös die Luft an. Scheinbar kannte Jo weder Manieren noch Berührungsängste. Wie selbstverständlich zog er das schüchterne Mädchen an sich heran und drückte sie fest an sich. Mit aller Macht versuchte Dalila ihren rasenden Puls zu kontrollieren, doch ihr Herzschlag war völlig außer Kontrolle geraten. Sie befürchtete, dass er ihr pochendes Herz an seinem Brustkorb spüren könnte. Und auch sonst hatte sie keinerlei Gewalt mehr über ihre Körperfunktionen. Ihre Kerntemperatur stieg um gefühlte 100 Grad an und auch ihre Knie folgten nicht mehr ihren Befehlen. Nur unter größter Anstrengung konnte sie die Spannung in ihren Beinen gerade noch so halten, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Jo beugte sich zu ihr hinunter und presste seinen Mund an die Stelle an die er ihr Ohr unter ihrer wallenden Mähne vermutete.
„Hübsch siehst du aus, meine kleine süße Dalila“, flüsterte er mit rauer Stimme. Es klang so als ob er es wirklich ernst meinte. Sein Duft vernebelte ihr jedoch endgültig die Sinne, sodass sie über den Wahrheitsgehalt seiner Worte nicht weiter nachdenken konnte. Dennoch brachten sie ihr Herz noch mehr zum Hüpfen. Gerne hätte sie seine Umarmung erwidert, doch dazu fehlte ihr der Mut.
Nach einer halben Ewigkeit ließ er abrupt von ihr ab und ging an ihr vorbei. Dalila sah ihm verdattert nach und rang nach Fassung. Sie fragte sich ob er wusste, dass er sie derart aus dem Konzept bringen konnte. Denn für einen kurzen Moment
Weitere Kostenlose Bücher