Fay - Das Vermaechtnis des Blutes
immer bei ihr war. Von nun an beschloss sie keinen Gedanken mehr an das Tier zu verschwenden. Es war schließlich allgemein bekannt, dass Katzen einen sehr eigentümlichen Charakter hatten.
Als Dalila ihren Blick wieder nach vorne richtete, bemerkte sie wie Jo sie mit weitaufgerissenen Augen anstarrte. Sein starrer Blick verunsicherte sie immens.
„Was ist denn? Hat dir noch niemand gesagt, dass man eine Frau nicht einfach so angafft, oder habe ich etwas im Gesicht kleben?“, pflaumte sie ihn aufgebracht an. Sie wollte an ihm vorbeistürmen, doch er griff plötzlich nach ihrem Arm und hielt sie fest.
„Du siehst einfach…“ Mitten im Satz brach er ab und hielt inne.
„…was?“, fragte sie ungeduldig, doch Jo schien diesen Satz nicht beenden zu wollen. Er wirkte hin- und hergerissen, unschlüssig darüber ob er es ihr sagen sollte, oder nicht. Schweren Herzens behielt er es aber dann doch für sich.
„Ach nichts“, winkte er kopfschüttelnd ab und ließ sie wieder los.
„Komm, lass uns ein Stück mit dem Wagen fahren.“ Plötzlich schien der Schönling es eilig zu haben, denn er konnte gar nicht schnell genug Abstand zwischen sie bringen. Er rannte beinahe schon. Als Dalila den Wagen erreichte, hatte er die Sachen bereits auf der Ladefläche verstaut und trommelte abwesend mit den Fingern auf dem Lenkrad. Sobald sie auf dem Beifahrersitz neben ihm platzgenommen hatte, startete er umgehend den Motor.
„Bist du angeschnallt?“, wollte er wissen, konnte ihr dabei jedoch nicht in die Augen sehen. Dalila nickte und warf einen verstohlenen Blick in den Seitenspiegel. Sie verstand nicht weshalb sich Jo ihr gegenüber plötzlich so seltsam benahm. Mit ihrem Make-up war auf jeden Fall alles in bester Ordnung.
„Wo fahren wir hin?“, hakte sie nach, um das peinliche Schweigen zu durchbrechen.
„Lass dich überraschen“, erwiderte er wortkarg und fand während der ganzen Fahrt über seine Stimme nicht wieder. Dalila empfand Jos schweigsame Art als unbehaglich jedoch unterließ sie es einen weiteren Versuch zu starten ein zwangloses Gespräch mit ihm zu führen. Ihm alles aus der Nase ziehen zu müssen, war ihr zu dumm. Demnach schwieg sie ebenfalls.
Jo lenkte den Pick-up auf die Hauptstraße und fuhr durch die Stadt. Endlich konnte sich Dalila bei Tageslicht ein Bild von Fairywicket machen. Es war ein bezauberndes und malerisches Städtchen. Die Anwohner gaben sich größte Mühe aus jeder noch so kleinen Sache etwas Besonderes zu machen. Überall an den Fassaden fanden sich schnörkelige Verzierungen wieder die dem Ort ein gewisses Flair verliehen. Rosensträucher, Springbrunnen und allerlei anderes Klimbim rundeten das Gesamtbild ab. Fairywicket sah aus wie die Vorlage einer Postkarte, die man im Urlaub als Tourist in so machen Ländern erstehen konnte.
Niemand schien in Eile zu sein. Leute auf den Straßen lächelten sich gegenseitig zu und nahmen sich Zeit sich miteinander zu unterhalten.
Die Schaufenster der Geschäfte waren kunstvoll dekoriert und luden regelrecht dazu ein, mehr als nur einen flüchtigen Blick auf die Auslade zu werfen. Dalila war von ihrer neuen Heimat angenehm überrascht und begann sich langsam heimisch zu fühlen.
Die geteerte Straße endete mit den letzten Gebäuden. Sie waren durch die ganze Stadt hindurch gefahren und folgten nun einem holprigen Kiesweg, der noch ein Stück weit am Waldrand entlang verlief, bis auch dieser endete und nahtlos in eine Wiese überging.
Dalila fragte sich wie lange die Fahrt wohl noch andauern würde, als der Wagen endlich an einem schattigen Plätzchen zum Stehen kam. Die Bäume des Waldes ragten hoch in den azurblauen Himmel und verdeckten von ihrem Standpunkt aus, den glühenden Feuerball am Firmament.
Jo stellte den Motor ab und sprang elegant aus der Fahrerkabine heraus. Indessen kämpfte seine Beifahrerin mit dem Gurt. Er klemmte. Dank leichter Gewaltanwendung löste sich dieser dann doch noch mit einem Ruck.
Jo öffnete seiner Beifahrerin die Wagentür und hielt ihr galant seine Hand hin. Verlegen nahm sie seine Hilfe an, rutschte ungeschickt vom Sitz und landete direkt vor seinen Füßen. Nur wenige Zentimeter trennten ihre Körper voneinander.
Jos wechselhafte Launen verwirrten den Teenager. Zuvor war er fast schon vor ihr davongerannt und nun standen sie so dicht beieinander, das Dalila glaubte seinen Herzschlag hören zu können. Im Gegensatz zu ihr schien ihm die Nähe nichts auszumachen, denn er war völlig ruhig.
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