FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
nahm die Sache ernst, ebenso der Hauptangeklagte, der neue Justizminister William B. Saxbe. Er hatte sein Amt am 4. Januar 1974 angetreten, nachdem Nixon in einem verzweifelten Versuch, die Tonbandaufzeichnungen des Weißen Hauses unter Verschluss zu halten, die Spitzenbeamten im Justizministerium entlassen hatte.
Die offizielle Erwiderung des FBI auf die Klage erfolgte einen Monat später. Das Bureau teilte Richter Griesa mit, die COINTELPRO-Operationen hätten schlicht dazu gedient, »die Öffentlichkeit vor dem Charakter und den Aktivitäten der Sozialistischen Arbeiterpartei zu warnen«. Die Aktionen des FBI seien völlig legal gewesen, und das Bureau bestritt jegliche Beteiligung an Einbruchdiebstählen und dem Eindringen in Privatwohnungen. Die Akten im New Yorker FBI-Büro belegten das Gegenteil. Das FBI hatte also einen Bundesrichter und seine eigenen Dienstherren im Justizministerium belogen. Es war nicht die Straftat an sich, wie Nixon gesagt hatte, es war die Vertuschung.
»Eine wahrheitsgemäße Antwort«, schrieb Richter Griesa später, »würde die Offenlegung dieser Fakten bedingen. Das FBI hat versucht, diese Offenlegung zu verhindern.«
Die Fakten lagen verschlossen im Bürosafe des verantwortlichen Special Agent in New York, John Malone, der schon seit der Truman-Regierung gegen Kommunisten gerichtete Einbrüche verübt hatte. Malone führte das New Yorker FBI-Büro dreizehn Jahre lang, von 1962 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt im Jahr 1975. Er verkörperte das FBI von gestern und lehnte jeden Wandel strikt ab. Seine Untergebenen nannten ihn einen Betonkopf.
Malones Safe enthielt Unterlagen zu 193 Einbruchdiebstählen bei Zentralen und Büros der Sozialistischen Arbeiterpartei in Manhattan in den 1950er und 1960er Jahren, dazu Beweismittel, die man durch illegale Telefonmitschnitte und das Installieren von Abhörvorrichtungen erhalten hatte, sowie Abschriften von Drohbriefen mit dem Ziel, politische und ethnische Spannungen in der Partei zu schüren und den guten Ruf, die Karriere und das Leben der Parteimitglieder zu zerstören.
»Das FBI bediente sich einer Vielzahl von Taktiken, um diese Einbruchdiebstähle zu verschleiern«, konstatierte Richter Griesa. »Ende 1973 oder Anfang 1974 wies ein FBI-Agent in Washington, der sich mit der Angelegenheit befasste, seinen Kollegen in New York an, das Justizministerium nicht über die Einbruchdiebstähle zu informieren. Bei einem Treffen zwischen dem FBI und dem stellvertretenden Justizminister sprachen die Vertreter des FBI von ›vertraulichen Ermittlungstechniken‹ und wussten, dass diese auch Einbruchdiebstähle einschlossen. Der stellvertretende Justizminister bat um eine Erklärung, was mit diesem Ausdruck gemeint sei. In der Antwort war nicht von Einbruchdiebstählen die Rede.«
Der Richter kam zu dem Ergebnis: »Diese Antworten waren in hohem Maße irreführend.« [531]
Wie das Weiße Haus konnte auch das FBI die Enthüllung seiner Geheimnisse nicht verhindern. Als Präsident Nixon im Sommer 1974 zurücktrat, wurde im Kongress und an den Bundesgerichten die Forderung nach einer Veröffentlichung der FBI-Akten immer lauter. Justizminister Saxbe wies den unter Druck stehenden FBI-Direktor Clarence Kelley an, die FBI-Unterlagen nach Belegen dafür zu durchforsten, dass Hoovers Agenten amerikanisches Recht verletzt hatten.
Mit den schmutzigen Tricks sei es vorbei, versprach der Justizminister. Eine voreilige Ankündigung.
Hochrangige FBI-Agenten verheimlichten wichtige Kapitel der Geschichte ihrer Behörde vor dem Justizministerium, vor dem Kongress und sogar vor FBI-Direktor Kelley. Ein Special Agent habe tausende Seiten Akten verbrannt, um zu verhindern, dass deren Geheimnisse nach außen drangen, sagte Kelleys Berater Homer Boynton. Er bedauerte, dass man in der FBI-Zentrale nicht ebenso verfuhr.
Agenten in New York und Washington setzten alles daran, die Existenz von fünf umfassenden, bisher noch geheimgehaltenen COINTELPRO-Programmen vor dem FBI-Direktor und dem Justizminister zu verbergen. Eines war gegen eine kleine, aber gefährliche Gruppe von Terroristen gerichtet, die für die Unabhängigkeit Puerto Ricos kämpfte.
»Endloses Sirenengeheul«
Die Gruppe war soeben mit entsetzlicher Gewalt aus dem Untergrund aufgetaucht, ein neuer Name auf der Liste terroristischer Gruppierungen. Doch die Jagd des FBI nach deren Führung dauerte bis ins 21. Jahrhundert.
Die Wurzeln der FALN (Fuerzas Armadas de Liberación Nacional oder
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